Rümmingen Mit unbändigem schöpferischen Elan

Weiler Zeitung
Hermann Scherers Selbstbildnis in Öl entstand kurz vor seinem Tod im Jahr 1926. Es wurde vor etlichen Jahren von einer Galerie aus Davos an der Basler Art präsentiert. Anlässlich des 125. Geburtstags zeigt das Dreiländermuseum Lörrach im Hebelsaal eine Scherer-Gedenkausstellung.                                                           Foto: Walter Bronner Foto: Weiler Zeitung

Künstlerporträt: Hermann Scherer in der Schweiz ein wichtiger Expressionist

Rümmingen (bn). Wer nach berühmten Künstlern im Kandertal fragt, wird vermutlich spontan den Namen Hermann Scherer zu hören bekommen. In Rümmingen, wo er am 8. Februar 1893 zur Welt kam und seine Jugendjahre verbrachte, wurde sein künstlerischer Rang freilich lange nicht wahrgenommen.

Dass er in der 1967 erschienenen Rümminger Dorfchronik unerwähnt blieb, lag wohl daran, dass er seiner Heimatgemeinde früh den Rücken kehrte und quasi ein „Schweizer“ Künstler wurde. Im Dritten Reich hätte seine Kunst wohl auch als „entartet“ gegolten, wie seine in Wittlingen verheiratete Schwester einmal äußerte. Gleichwohl hing in ihrer guten Stube ein prachtvolles Ölgemälde des Bruders, das ein farbenfrohes abstrahiertes Alpenpanorama zeigte.

Anlässlich seines 125. Geburtstags widmet jetzt das Dreiländermuseum in Lörrach Scherer eine Gedenkausstellung. Der Rümminger Bauernbub, der mit sieben Jahren seine Mutter verlor, fiel schon als Schüler durch sein zeichnerisches Talent auf. Es heißt auch, dass er damals schon mit Vorliebe in Geschichtsbüchern schmökerte und trotz schwächlicher Konstitution als unternehmungslustiger Anführer der Dorfjugend galt.

1906 heiratete der Vater wieder und im Jahr darauf kam Sohn Hermann aus der Schule. Die bäuerliche Arbeit sagte ihm wenig zu, und so kam er in Lörrach bei Steinmetzmeister Schwab in die Lehre, wo er sich rasch durch handwerkliches Geschick auszeichnete. Daheim übernahm sein jüngerer Bruder den Hof.

Nach der Lehre arbeitete Hermann Scherer beim Basler Bildhauer Carl Gutknecht, dann folgten die Wanderjahre, die ihn nach Köln und Koblenz führten. Während des Ersten Weltkriegs hielt er sich wieder in Basel auf, und eine biografische Notiz bemerkt, die Kriegsjahre hätten ihn seiner deutschen Heimat stark entfremdet.

Seine Bekanntschaft mit jungen Basler Künstlern beflügelte auch ihn zu ersten plastischen Arbeiten und als Assistent des prominenten Bildhauers Carl Burckhardt arbeitete er dann an den Brunnenfiguren „Wiese“ und „Rhein“ vor dem Badischen Bahnhof. 1920 durfte er mit anderen jungen Kollegen erstmals eigene Plastiken und Zeichnungen in der Basler Kunsthalle ausstellen. In einem alten Gewerbebau konnte er sich ein eigenes Atelier einrichten.

Schon 1921 stellte Scherer wieder in der Kunsthalle aus; bei Wettbewerben um öffentliche Kunstaufträge ging der gebürtige Rümminger aber leer aus. Noch im gleichen Jahr zerstörte er einen Teil seiner eigenen Plastiken zum Zeichen seiner Ablehnung der klassizistischen Kunstauffassung.

Sein Freund Georg Schmidt, später Direktor des Kunstmuseums Basel, schildert diese Wende so: „…und sogleich nehmen seine Werke den Ton an, den sie alle bis zum letzten tragen: den des schonungslos direkten Bekennens seiner inneren Erlebnisse, Sehnsüchte und Spannungen“.

1922 bereiste Scherer erstmals seit dem Krieg wieder Deutschland, wo er sich in Berlin, Göttingen und Jena aufhielt. Großen Erfolg verzeichnete er um die Weihnachtszeit in Basel, wo der Kunstverein ein Selbstbildnis für 1000 Franken erwarb.

Im Sommer 1923 lernte er Ernst Ludwig Kirchner kennen, mit dem ihn jahrelange Freundschaft verband. Mit den Künstlerkollegen Albert Müller und Paul Camenisch begründete er die Künstlervereinigung „Rot-Blau“. Es war dies Scherers fruchtbarste Schaffenszeit. Wie ein Besessener modellierte, malte und zeichnete er. Daneben entstanden serienweise Holzschnitte.

Doch im Spätsommer 1926 erkrankt der Künstler schwer. Eine Streptokokken-Infektion zehrt seine Kräfte rasch auf, bereitet ihm quälende Schmerzen und entstellt seinen Körper. Scherer starb am 13. Mai 1927 erst 34-jährig, drei Tage später wurde er auf dem Kannenfeldfriedhof bestattet. Wo sich die Grabstätte befand, weiß niemand mehr, denn der einstige Friedhof ist seit 1951 ein Stadtpark.

Weitere Informationen: Die Gedenkausstellung in Lörrach wird am Freitag, 23. Februar, um 18 Uhr im Hebelsaal des Dreiländermuseums eröffnet. Die Laudatio hält Kunsthistoriker Martin Schwander, der 1988 auch ein Standardwerk über Scherers Holzskulpturen herausgab.

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