„Samstagslokal“ in Schönau Kochen für die besondere Begegnung

Verena Wehrle
Die Familie Neitzke hat sechs Kinder, davon zwei eigene. Die anderen sind Pflegekinder aus Deutschland und der Ukraine. Gemeinsam bedienen sie beim Schönauer Samstagslokal und freuen sich auf die Begegnnung mit den Gästen. Foto:  

Um weitaus mehr als nur ein leckeres Abendessen geht es beim neuen „Schönauer Samstagslokal“ im Kirchbühl. Die Betreiberfamilie Neitzke hat ukrainische Flüchtlinge aufgenommen und lädt an den Abenden zum Dialog ein.

An einem Samstag im Monat stellt beim neuen Schönauer Samstagslokal unter dem Motto „In der Welt zuhause – im Kirchbühl daheim“, die Familie Neitzke, die seit Oktober 2022 das Hotel Kirchbühl betreibt, ihren Einsatz für Jugendliche vor.

Kristian Neitzke und seine Frau Oksana – beide Namen hat man schon oft gelesen, wenn es um Unterstützung und Spenden für die Ukraine oder um andere humanitäre Hilfen ging.

„Etwas, was hier reinpasst“

Bei dem neuen Projekt ist nun auch der evangelische Pfarrer Armin Graf, Theologischer Leiter des Diakonissen-Mutterhauses von St. Chrischona (Basel) mit von der Partie. Gemeinsam seien die beiden Freunde Neitzke und Graf in Frankreich bei einem Glas Wein gesessen und hätten sich gesagt: „Wir wollen etwas anderes machen, etwas, was hier reinpasst“, erzählt Graf. Er hat bereits den Langenauer Sonntagstreff initiiert, den es seit Frühling 2023 gibt.

„Wir wollten auch in Schönau etwas beginnen, wo Begegnung stattfinden kann und Vorurteile gegenüber geflüchteten Menschen abgebaut werden können“, erzählt Graf.

Die Familie Neitzke

Aktuell gehören sechs Kinder aus Deutschland und der Ukraine zur Familie Neitzke, davon zwei eigene. Die anderen sind Pflegekinder, manche nur vorübergehend, manche dauerhaft. Für die Kinder in der Bereitschaftspflege bedeutet das eine spontane Aufnahme. „Das Jugendamt ruft an und dann kann es sein, dass der Jugendliche innerhalb von zwei Stunden vor unserer Tür steht“, erzählt Vater Neitzke. Für die Bereitschaftspflege gebe es viel zu wenig Stellen im Landkreis, vor allem für Jugendliche über 13 Jahren, erzählt Neitzke sichtlich gerührt. „Ob wir jemanden aufnehmen oder ob ein Jugendlicher dauerhaft bei uns bleibt, entscheidet immer die gesamte Familie demokratisch.“

2023 lebten auf das Jahr verteilt 13 Jugendliche in der Familie – aus den unterschiedlichsten Ländern. Oksana Neitzke stammt selbst aus der Ukraine, der gebürtige Niederländer Kristian Neitzke, hat zehn Jahre in der Ukraine gelebt.

Das Konzept dahinter

Für das Samstagslokal gebe es ein klares Konzept. Alle beginnen gemeinsam mit dem Essen um 19 Uhr – es gibt immer klassische deutsche Küche, weil diese in Schönau derzeit rar ist. Bedient werden die Gäste von den Jugendlichen der Familie. Und es gehe eben nicht nur ums Essen, sondern auch um Impulse, erklärt Graf. Zwischen Vorspeise und Hauptgang soll ein Schönauer erzählen, was ihm an seiner Heimatstadt am Herzen liegt. Nach dem Hauptgang sagt die Familie Neitzke oder jemand aus dem Freundeskreis, was ihm wichtig ist. Möglich sind auch musikalische Einlagen. Etwa so wie beim ersten Samstagslokal im Februar, am Jahrestag des russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Die ukrainische Pflegetochter hat zwei Lieder mit der Gitarre vorgetragen, eins auf Ukrainisch und die „Schwarzwaldmarie“. Der Abend sei schnell ausgebucht, die Rückmeldungen seien durchweg positiv gewesen, so Neitzke.

Eine weitere Besonderheit: „Spenden Sie, was Ihnen der Abend wert ist“, steht auf dem Flyer. „Da geht es eben nicht nur um den Wareneinsatz“, ergänzt Graf.

Die Köche im Ehrenamt

Für das Projekt mussten aber auch eine Handvoll Köche gefunden werden, die bereit waren, ein oder zwei Mal im Jahr unentgeltlich zu kochen. Am 27. April steht Stefan Schütt aus Steinenstadt in der Kirchbühl-Küche. Der gelernte Koch ist heute zwar nicht mehr in diesem Beruf tätig, kocht aber gerne zu verschiedenen Anlässen. „Ich mache hier mit, weil es mir Spaß macht und weil es ein sinnvolles Projekt ist“, sagt er. Auch die Köchin für Mai steht schon fest: Regina Steinebrunner. Sie kocht im SOS-Kinderdorf in Sulzburg und wohnt in Heitersheim. Beide haben sie schon gemeinsam auf verschiedenen Zeltlagern Kochlöffel geschwungen. Und beide gehören sie zum großen Netzwerk von Armin Graf, der sie durch seine Zeit als Pfarrer in Neuenburg kennt.

Das große Ziel

„Der Wunsch wäre, dass das Konzept vom Mitmachen lebt und sich bald auch Menschen aus Schönau und Umgebung darin einbringen“, sagt Graf.

Und auch wenn Neitzke weiß, dass von den einstigen 18 Lokalen in Schönau-Stadt nur noch eine Handvoll – und darunter keine deutschen – übrig ist, sei die Gastronomie für ihn aktuell nicht die oberste Priorität. Es sei eben mit einem hohen Risiko verbunden, wenn man einen Koch einstellen müsse. Und mit den sechs Kindern und den gut gebuchten fünf Gästezimmern, sei die Familie ohnehin schon gut ausgelastet. Im Hinterkopf schwebe die Idee einer dauerhaften Gastronomie im historischen Kirchbühl aber weiterhin. Und wer weiß, was die Zukunft bringt?

Das Samstagslokal

Der nächste Termin:
Samstag, 23. März, ab 19 Uhr, Einlass ab 18.30 Uhr

Das Menü:
Vorspeise: Frühlingssalate mit Bärlauchbutter und Scharwaie, Hauptgang: Hähnchenbrust an Morchelrahm, dazu hausgemachte Spätzle und kleine Gemüsevariatonen

Die Reservierung:
bis Dienstag, 19. März, per E-Mail an lokal@kirchbuehl.de oder unter Tel. 0179/6128080. Nur so lange Plätze vorhanden.

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