Schliengen „Der Wolfgang macht Musik“

Silke Hartenstein.
Martin Sütterlin in seiner Werkstatt in Mauchen Foto: Silke Hartenstein

Jeder weiß, wie ein Martinshorn klingt: Feuerwehr-, Rettungsdienstwagen und Polizeiautos signalisieren damit, dass sie im Einsatz sind. Was kaum Jemand weiß: Pneumatisch, also mit Luftdruck betriebene Martinshörner können verstimmt sein. Dann sorgt Wolfgang Sütterlin aus Mauchen dafür, dass die Signale wieder so klingen, wie sie klingen sollen.

Dann sorgt Wolfgang Sütterlin aus Mauchen dafür, dass die Signale wieder so klingen, wie sie klingen sollen. Seit 2008 stimmt der heute 60-jährige Martinshörner. Seines Wissens nach gebe es nur noch einen weiteren Stimmer in Deutschland, sagt er beim Besuch der „Oberbadischen“ in seiner Werkstatt für „Verkauf und Reparatur von pneumatischen Signalgeräten“ in Mauchen. Im Hauptberuf ist Sütterlin im Glasfaserbau der Telekom beschäftigt. Und bei einem beruflichen Termin bei SWR-Mitarbeiterin Laura Könsler spielte der Zufall mit. „Da fuhr gerade die Feuerwehr vorbei mit Tätü Tata“, erinnert sich Sütterlin. Als er davon erzählte, dass er nebenberuflich solche Martinshörner stimme, horchte Könsler auf. Im November 2023 folgte im SWR-Fernsehen ihr Kurzbeitrag über den Martinshornstimmer aus Mauchen.

Beitrag im Fernsehen

Der Beitrag, sagt Sütterlin, habe ihm mehr Aufträge gebracht. Bekannt sei er über Internet, Social Media und Mundpropaganda – auf seiner Werkbank liegt gerade ein Martinshorn vom Rettungsdienst Lörrach. „Mir macht das einfach Spaß“, sagt er zu seinem Hobby, mit dem er auch ein Zeichen setzen möchte gegen die Wegwerfgesellschaft. Sütterlin, ein ruhig und bedacht wirkender Mann, gehört seit langem der Feuerwehr an. Über sich sagt er, er sei kein Musiker, habe aber ein feines Gehör.

Unüberhörbar seit 1932

Im Jahr 2001 ersteigerte er aus Neugier Martinshörner und einen Kompressor im Internet. Ihm fiel auf, dass das Tonsignal „komisch“ klang und er nahm Kontakt auf zum Namensgeber der „Martin-Hörner“, der Firma Max B. Martin in Philippsburg, Hersteller von Sondersignalanlagen mit dem Slogan „unüberhörbar seit 1932“. Dort kam er bei einer Werksführung auch in den Stimmungsraum.

In Deutschland sind die Hörner gestimmt auf AA und DD, in der Schweiz dagegen auf Cis und Gis. „In dem Tremolo des Martinshorns sind Ober – und Untertöne drin, und das muss halt passen“, sagt Sütterlin. Bei der Polizei würden die Signalhörner elektrisch betrieben, erzählt er, Rettungsdienste dagegen hätten häufig eine Kombination aus pneumatisch und elektronisch erzeugtem, etwas leiserem Sondersignal für die Nachtstunden. Zur Verstimmung eines pneumatisch betriebenen Signalhorns könne es infolge der Witterung kommen oder auch, wenn sich Salz oder Kalk ins Gehäuse setzen und die Membrane verkleben würden. Im Durchschnitt, so Sütterlin, brauche er für das Stimmen drei Stunden. Zuerst werde das Horn zerlegt, gereinigt und vorgestimmt. Danach müsse es 24 Stunden ruhen, damit sich die Membrane entspannen kann. Es folge Stimmen, Kontrollieren, Nachstimmen, Zusammenbauen, Polieren und Verpacken.

Werkstatt ist schallisoliert

Und wie verträgt sich das Stimmen eines 128 Dezibel lauten Signalhorns mit dem ruhigen Ortsteil Mauchen? Sütterlin hat seine Werkstatt ringsum mit Schaumstoff verkleidet, drinnen steht zudem ein mit Schallschutz ausgekleideter Kasten. Wo Licht hereinfallen muss, fällt es durch Panzerglas. Seine Ehefrau, lächelt Sütterlin, warne er vor, wenn es mal für eine halbe Stunde lauter werde im Zimmer über der Werkstatt. Außerhalb des Hauses sei seine Arbeit nur hörbar, wenn es draußen ganz still sei: „Dann sagen die Nachbarn: Ah, de Wolfgang macht wieder Musik“.

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