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Schliengen Niemand darf ohne lebensrettende Handgriffe bleiben

Weiler Zeitung
Erste-Hilfe-Ausbilder Philipp Reiter vom DRK-Ortsverein Schliengen Foto: zVg Foto: Weiler Zeitung

Erste Hilfe: Woche der Wiederbelebung / Philipp Reiter vom Roten Kreuz zur Reanimation in Corona-Zeiten

Von Alexander Anlicker

Schliengen/Müllheim. Alljährlich im September rufen der „Berufsverband Deutscher Anästhesisten“ (BDA) und die „Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin“ (DGAI) zur „Woche der Wiederbelebung“ auf. Nicht einmal jeder zweite Ersthelfer hierzulande führt bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Stillstand die Herzdruckmassage aus, obwohl sie sehr leicht anzuwenden ist. Im Vergleich zum Beispiel zu skandinavischen Ländern schneidet Deutschland hier sehr schlecht ab. Wir sprachen mit Philipp Reiter, der beim Kreisverband Müllheim des Deutschen Roten Kreuzes hauptamtlich in der Breitenausbildung tätig ist und sich in seiner Freizeit in der Bereitschaftsleitung des DRK-Ortsvereins Schliengen engagiert, darüber, dass auch in Corona-Zeiten niemand ohne die lebensrettenden Handgriffe bleiben darf.

Frage: Mediziner rufen dazu auf, in Corona-Zeiten die Erste Hilfe bei Herzstillständen nicht zu vernachlässigen. Wie hoch ist das Risiko für den Helfer?

Grundsätzlich ist eine Reanimation immer wichtig, da sie Leben retten kann, egal ob bei Kindern oder Erwachsenen. Die Wiederbelebung wird in Erste-Hilfe-Kursen immer komplett unterrichtet, früher wie heute. Gerade bei der Beatmung werden alle Teilnehmer darauf hingewiesen, dass immer ein Infektionsrisiko bestehen kann, durch den direkten Mund Kontakt. Abgesehen vom Coronavirus, können auch andere Bakterien und Viren übertragen werden, zum Beispiel Herpes.

Jetzt zu Corona-Zeiten ist die Sorge größer, da man nie wissen kann, ob die Person vor sich den Virus hat oder nicht. Hier gilt der Eigenschutz. Gerade bei Familie oder Freunden ist die Angst oder Sorge geringer als bei fremden Menschen, daher muss letztlich jeder selbst entscheiden, ob er die Wiederbelebung mit oder ohne Atemspende durchführt.

Frage: Das Coronavirus wird über Aerosole übertrgen. Wie kann ich mich als Helfer vor Aerosol-Bildung bei der Wiederbelebung schützen?

Um sich selbst bei der Reanimation mit Infektionen nicht zu gefährden, empfiehlt sich zum einen, bei jedem Patientenkontakt selbst einen Mundschutz zu tragen und Handschuhe anzuziehen. Zum anderen auch bei der Atemkontrolle auf das „Hören“ zu verzichten und nur die Atembewegungen am Bauch zu beobachten und zu fühlen, durch das leichte auflegen der Hand.

Die aktuellen Leitlinien empfehlen, das Gesicht des Patienten mit einem Tuch abzudecken.

Frage: Fast jeder hat im Erste Hilfe-Kurs für den Führerschein die Wiederbelebung inklusive Mund-zu-Mund- Beatmung gelernt, warum kann man jetzt auf die Atemspende verzichten?

Das Wichtigste, das man bei einer Wiederbelebung erreichen möchte, ist, dass die Herztätigkeit und somit der Blutkreislauf durch das Drücken auf den Brustkorb manuell hergestellt wird, um das Gehirn mit Sauerstoff zu versorgen. Durch das Drücken auf den Brustkorb erzeugt man auch immer eine minimale Tätigkeit der Lunge. Diese würde auf Dauer nicht ausreichen, aber in der Regel sollten der Rettungsdienst oder auch die „Helfer vor Ort“ in wenigen Minuten vor Ort sein, um die Beatmung mit geeignetem Material zu übernehmen.

Frage: Warum ist es so wichtig, so schnell wie möglich mit der Wiederbelebung zu beginnen?

Jede Minute, in der nicht reanimiert wird, sinkt die Überlebenschance um bis zu zehn Prozent. Somit hat der Rettungsdienst nur eine hohe Erfolgschance, wenn die Wiederbelebung schnell eingeleitet wird. Klar ist die Überlebenschance mit einer schnellen Zufuhr von Sauerstoff durch die Beatmung höher, aber der Eigenschutz für den Helfer selbst steht immer an oberster Stelle. Somit ist es besser, die Kreislauftätigkeit aufrechterhalten, als nichts zu unternehmen.

ist seit fünf Jahren hauptamtlich beim DRK-Kreisverband Müllheim in der Breitenausbildung angestellt. Seine Hauptaufgabe ist die Durchführung von Erste-Hilfe-Kursen für betriebliche Ersthelfer, aber auch für Führerscheinanwärter. Darüber hinaus bietet er Kurse für Bildungs- und Betreuungseinrichtungen an und hat sich zum Sanitätsausbilder und HVO-Ausbilder (Helfer vor Ort) weitergebildet. Außerdem kümmert er sich um die regelmäßigen Fortbildungen für die Erste-Hilfe-Ausbilder. Ehrenamtlich ist er seit anderthalb Jahren in der Bereitschaftsleitung des DRK Ortsvereins Schliengen tätig und will dort junge Menschen für den Dienst am Nächsten begeistern.

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