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Schliengen Plädoyer für mehr Respekt

Zoë Schäuble

Corona: Lieler Künstler veröffentlicht Gedicht und Gemälde zur Pandemie

Mit den Auswirkungen der Pandemie haben sich die Mitglieder des Vereins Bildende Kunst Lörrach künstlerisch auseinandergesetzt. Das Ergebnis war in einer Kunstausstellung im Dreiländermuseum zu sehen. Auch der Lieler Maler Thomas Steyer war beteiligt. Ihn hat das Thema nicht nur zu einem Gemälde, sondern auch zu einem Gedicht inspiriert.

Von Zoë Schäuble

Schliengen-Liel. „Respekt“ hat Steyer sein Gemälde getauft, das er in der Ausstellung „Was zählt?!“ zeigte. Thematisch behandelte die Ausstellung die Pandemie und insbesondere, wie die hiesigen Künstler sich davon betroffen fühlen.

Eine erschütterte Welt

Dominiert wird Steyers Gemälde von einem roten Fleck, um ihn herum sind pastellfarbene, gedeckte Farbtöne angeordnet. „Wie in Kandinskys ,Roter Fleck II’ soll auch hier der rote Fleck für die Autonomie von Formen und Farben stehen“, erklärt der Künstler und ergänzt: „Mit anderen Worten: Vor dem Fleck haben die anderen Formen und Farben Respekt.“ Das ist es, was Steyer mit der Pandemie verbindet und auch in seinem Gedicht mit dem Titel „Was zählt“ zum Ausdruck bringen will. Es geht um Isolation der Menschen, das Abhandenkommen zwischenmenschlicher Beziehungen und eine erschütterte Welt.

Erstmals auf deutsch

Vor dem Malprozess hat er sich mit dem Thema schriftlich auseinander gesetzt. Das Gedicht, das Steyers erstes in deutscher Sprache ist, stellt auch die Frage, ob man einfach so weitermachen kann, obwohl die Pandemie alles auf den Kopf stellt.

Annähern statt entfremden

Zentral hallt auch hier der Titel des Gemäldes wider. Steyer erklärt: „Auch im Gedicht geht es um Respekt. Während der Pandemie haben wir vermutlich alle, wenn nicht persönlich, dann über unsere Familien oder Freunde zu spüren bekommen, wie man das Geschehen in der Welt mit ganz anderen Augen sehen kann.“ Viele, so nimmt der Künstler das aktuelle Geschehen wahr, hätten verzweifelt miteinander diskutiert und hätten, anstatt Annäherung zu finden, sich immer mehr voneinander entfremdet. Was wirklich zähle und was er auch mit dem Gedicht und Gemälde zum Ausdruck bringen wolle, sei die Bereitschaft, den Respekt voreinander zu bewahren, betont der Künstler. „Nur so können wir unterschiedlicher Auffassung sein und dennoch Seite an Seite in unserer demokratischen Gesellschaft leben.“

Wie er zum Schreiben kam

Eigentlich ist Steyer Maler. Seine Bilder verkauft er über verschiedene Internet-Galerien. Zum Dichten kam der Wahl-Lieler, weil er sich immer wieder an den „oft spröden Texten“, die die Gemälde beschreiben, und die als Erläuterungen oder Aussagen für die Kunstsammler bedeutend seien, gestört hat. Vor rund einem Jahr hat er deshalb begonnen, seine Gemälde mit selbstverfassten lyrischen Versen zu illustrieren. Steyer: „Die Texte machen die Kunstwerke visuell zugänglicher und zugleich sinnlich erfahrbar.“ In seiner Lyrik gehe es aber nicht um eine detaillierte Beschreibung der Gemälde.

Normalerweise dichtet Steyer, der teilweise in London studierte und viele Jahre in England und Australien lebte, auf englisch. Auch deshalb, weil seine Arbeiten auf dem internationalen Markt verkauft werden und ihm die englische Sprache geläufiger sei.

In der Klinik ausgestellt

Zur Zeit hängen das Bild sowie das Gedicht im Foyer der Helios-Klinik in Müllheim als Teil einer gemeinsamen Ausstellung mit Sonia Itten.

Schliengen-Liel. Das Gedicht „Was zählt“ von Thomas Steyer:

Das Leben ist schön, aber auch schwer,

für manche zu kurz, für andere nicht fair.

Wenn es anders kommt als man denkt,

da ist der eine schon mal gekränkt.

Der andre sieht es mit Begeisterung,

so hat das Leben für ihn noch Schwung.

Aber wenn ein Virus die ganze Welt befällt

und alles zerschellt – das geht ins Geld.

Dann ist auch unser Wohlstand schon bedroht,

und die Lebensqualität gerät in Not.

Regierungen versuchen uns zu schützen,

auch mit Finanzspritzen zu unterstützen,

aber die Spritzen in den Oberarm

sehen Leugner mit größtem Alarm.

Nun dachte man, die Welt hat sich vereint

und kämpft gegen den gemeinsamen Feind,

doch gibt es Leute mit denen kann man nicht reden,

sie können alles stets anders belegen.

Sie meinen, auf die da oben kann man nicht zählen,

deren Plan sei, ihnen die Freiheiten zu stehlen.

Dieses Misstrauen könnte uns leicht zerspalten,

dann wäre ein Bürgerkrieg kaum aufzuhalten.

Wie könnten Leugner ihre Angst verlieren,

damit sie endlich neues Vertrauen riskieren?

Wir sollten gute Beispiele setzen,

uns kümmern um den Ersten und den Letzten.

So entsteht ein guter Gemeinschaftssinn

für alle Ausgegrenzten ein Gewinn.

Ein respektvoller Umgang miteinander, der oft fehlt,

ist was zählt, so sehr zählt, zählt und zählt und zählt.

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