Doch was steht denn nun in den historischen Dokumenten? Was ist der Inhalt des „Schönauer Urkundenschatzes“? „Es geht um alle möglichen Themen“, sagt Christine Stiegeler, und ganz viele Aspekte seien hochspannend und aufschlussreich. So lässt sich etwa mit einer Urkunde aus dem Jahr 1391 Licht auf die damaligen Rechtsverhältnisse im Grundstücksbereich werfen. Ein niedergeschriebenes Darlehensgeschäft belegt, dass die Schönauer ihre Grundstücke belasten konnten, ohne das zu dieser Zeit in der Region übermächtig erscheinende Kloster St. Blasien miteinzubeziehen.
Interessante Erkenntnisse finden sich auch in Bezug auf die Leibeigenschaft. „Es zeigte sich etwa, dass in Schönau im 13. Jahrhundert immer wieder Leibeigene des Klosters aus dem Umland aufgenommen wurden, was dem Abt gar nicht passte“, berichtet Christine Stiegeler.
Bemerkenswert sind ebenfalls Erkenntnisse im Hinblick auf die Stellung von Frauen. Wer davon ausgeht, dass Frauen im Mittelalter prinzipiell recht- und vermögenlos waren, liegt offenbar falsch. Denn eine der Urkunden belegt, dass eine gewisse Vreni Tunauer nach ihrem Tod ein beträchtliches Vermögen, aber kein Testament hinterlassen hat. Die Folge waren Erbstreitigkeiten. „Es waren solche unerwarteten Ergebnisse unserer Arbeit, die uns schließlich bewogen, das Ganze zu einem Buch zusammenzufassen“, erläutert Stiegeler.
Und ganz nebenbei hat der Arbeitskreis „Alte Schönauer Urkunden“ bei seiner akribischen Arbeit auch der Nachbarstadt Todtnau einen Dienst erwiesen, denn in dem Buch findet sich auch die erstmalige Veröffentlichung der Ersterwähnungsurkunde von Todtnau in deutscher Übersetzung. In diesem aus dem Jahr 1025 stammenden Dokument gibt König Konrad II. (990-1039, ab 1027 römisch-deutscher Kaiser) Lehen in Todtnau an das Kloster Murbach ab. Daraus folgende Erkenntnis: Todtnau wurde bereits 1025 urkundlich ersterwähnt und damit fast 100 Jahre früher als Schönau. Ganz davon abgesehen, „dass es sehr bemerkenswert ist, dass sich damals ein König mit Todtnau beschäftigte“, wie Christine Stiegeler schmunzelnd bemerkt.
Wichtiges Hilfsmittel für regionale Forschung
Überhaupt betont die Leiterin des Urkundenteams, dass die gewonnenen Erkenntnisse über Schönau hinausgehen und verweist etwa auf die im Hotzenwald zu verortende Hauensteiner Einung. Von Seiten historisch interessierter Zeitgenossen und der Historiker-Fachwelt gab es jedenfalls schon viel Lob für die außergewöhnliche Schönauer Fleißarbeit. So spricht beispielsweise Kreisarchivar Oliver Uthe von einem „wichtigen Hilfsmittel für die Regionalgeschichtsforschung“.
„Schönau im Mittelalter – Ein Buch mit vielen Siegeln“; herausgegeben vom Förderverein Klösterle Schönau; mit Beiträgen von Hermann Asal, Rolf Berger, Ingo Braun, Joachim Dix, Bernd Götz, Renate Götz, Emil Hamm, Isabella Herling, Armin Krämer, Dietmar Maldacker, Dirk Pfeffer, Xaver Schwäbl, Werner Seger, Christine Stiegeler, Christoph Tröndle und Doris Zimmermann.
Das Buch kostet 15 Euro und ist bei folgenden Stellen erhältlich: Autohaus Ganzmann Schönau, Schreibwaren Müller Schönau, Tankstelle Karle Schönau, Getränkevertrieb Stib-Gritsch Schönau, Tourismusbüros Schönau, Wieden und Zell, Schreibwaren Splash Todtnau. Kontakt und weitere Infos: Christine Stiegeler, Tel. 07673/888435, E-Mail: christine.stiegeler@107inet. de.