Schopfheim „Abenteuer vor der Tür“

Markgräfler Tagblatt

250 Jahre THG: Björn Kern, Markus Manfred Jung und Hendrik Rekers bei der Lesung mit Zwischentönen

Sie haben beide eine Beziehung zum Theodor-Heuss-Gymnasium und sie kennen sich seit Schulzeiten: Markus Manfred Jung, der 33 Jahre Lehrer am THG war, und Björn Kern, der hier sein Abitur machte und den Scheffelpreis bekam.

Von Jürgen Scharf

Jetzt trafen sie sich wieder anlässlich des Jubiläumsschuljahres „250 Jahre Lateinschule Schopfheim – 50 Jahre THG“ zu einer Doppellesung mit musikalischen Zwischentönen.

Die Mensa war gut besucht, als die beiden Autoren mit THG-Wurzeln aus ihren Werken lasen. Björn Kern, 1978 geboren und in Schopfheim aufgewachsen, lebt in Brandenburg im Oderbruch, wo er seine Erfahrungen in den jüngsten beiden Büchern verarbeitet hat. Nach Schopfheim brachte er seine siebenjährige Tochter Selma und auch sein Buch über das süße Nichtstun mit. Daraus las er aber nicht, sondern aus dem jüngsten Werk „Im Freien – Abenteuer vor der Tür“, das im März letzten Jahres erschienen ist.

Darin geht es um die existenzielle Erfahrung der Natur vor der eigenen Haustür. Der Autor streift nachts mal durch den Wald, springt winters in den See oder macht andere archaische Erfahrungen und Beobachtungen in Feld und Flur. Eine davon, das siebte Kapitel „Grenzgänger“, las er.

Es ist eine Begegnung mit der Staatsmacht im Niemandsland, und er weiß schon, dass die Beamten ihn aufgabeln und ausfragen. Auf dem einsamen Feldweg fragen sie ihn nach dem Ausweis und ob er Drogen konsumiert habe. „Natürlich nicht, sage ich.“ Und die Beamten lassen ihn gehen. Zuvor beschreibt er, wie er durchs Fernglas Rehe beobachtet und sich plötzlich selber von den Tieren beobachtet fühlt.

Für den Autor ist der Oderbruch mit seiner Weite und Einsamkeit eine starke Inspirationsquelle geworden. An diesem Kapitel konnte man hören, wie das Buch, eine Verbindung von Reflexion und Erzählung, die Natur und das Draußensein feiert.

Björn Kerns Text war mit dem Thema „Draußen vor der Tür“ verbunden, das im Mittelpunkt dieses Abends stand, der sich um die Natur, die Gesellschaft und unser Leben drehen sollte.

Markus Manfred Jung, der zwar nicht der Lehrer von Björn Kern war, aber die literarischen Fähigkeiten des Gymnasiasten erkannte, ihm Tipps gegeben, ihn beraten und die ersten Romane lektoriert hat, verband mit dem Thema drei Aspekte.

Der eine galt dem Nachkriegsdrama von Wolfgang Borchert, das er einmal mit seiner zehnten Klasse durchgenommen, in die heutige Zeit übertragen und sogar im Tonstudio des SWR aufgenommen hat.

Der zweite betraf seine Kindheitserinnerungen als Schüler am Hebelgymnasium Lörrach, wo er öfter „vor die Tür“ geflogen sei. Seine Erfahrungen mit „schwarzer Pädagogik“, Schlägen, Bestrafungen und Züchtigungen in der Schule hat Jung in dem neuen autobiografischen Text „Das Böse“ literarisch verarbeitet.

Nicht nur von Lehrern und vom Vikar, auch zu Hause sei er vom Vater „versohlt“ worden. Einen so rabiaten Text über Gewalterfahrung, eine so schwere Kost, ist das Publikum von Jung bisher nicht gewohnt. Das waren wohl andere Zeiten als in der heutigen Schulzeit, „wenn die Gewalt draußen bleibt.“

Jung las auch noch einen Tagebuch-Text über seine Wanderung durch die Schweiz nach Norditalien, die er nach seiner Pensionierung unternommen hat. Diese essayistischen Beiträge sollen in einem Buch mit dem Arbeitstitel „Aufbruch“ demnächst erscheinen.

Deutsch- und Biologielehrer Thilo Kuschel Lauber, der begrüßt und die Gemeinschaftslesung moderiert hat, fragte die Autoren, welche Gedanken und Erinnerungen ihnen vor der Tür des THG durch den Kopf gegangen sind, und war gespannt darauf, wie sich die Autoren mit ihren Texten in diesem Spannungsfeld bewegen.

Für die Zwischentöne sorgte Hendrik Rekers, der im letzten Jahr am THG Abitur gemacht hat, mit drei Stücken von Hindemith, Schumann und Brahms am Blüthner-Flügel, die das Thema „Draußen sein“ musikalisch aufgegriffen haben.

Alle drei bekamen als Dankeschön eine THG-Tasse mit Schul-Logo, die „für drinnen und draußen“ geeignet ist.

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