Schopfheim Abschied von der Backstube

Gudrun Gehr
Rückblick auf 30 Jahre Bäckereileben in der Altstadt: Helmuth Bender verabschiedet sich von seiner Kundschaft und geht zum Monatsende in den Ruhestand.                                                                  Foto: Gudrun Gehr

Traditionshandwerk: Bei der Bäckerei Bender geht nach 30 Jahren der Ofen aus / Nachfolger gesucht

Schopfheim - Ein Zettel am Schaufenster der heimeligen Bäckerei Bender in der Altstadt verheißt für die qualitätsbewusste Kundschaft Unerfreuliches: Die Bäckerei schließt zum Monatsende, das nicht barrierefreie Haus wird verkauft.

.Inhaber und Bäckermeister Helmuth Bender hat das Rentenalter erreicht, er wird im Dezember 67 Jahre alt. Ein Nachfolger  wird gesucht. Dass hier die handgemachten leckeren Produkte weggehen wie die sprichwörtlichen  „warmen Semmeln“,  beweisen die ratzekahl leer verkauften Auslagen um die frühe Mittagszeit. 

Im kleinen Verkaufsraum der Bäckerei  ist Sohn Daniel, 38 Jahre alt,  anzutreffen. Er führte auch die Filiale der Bäckerei in Lörrach, die im Jahr  2010 verkauft wurde. Daniel Bender berichtet: „Seit 45 Jahren können meine Eltern nun das erste Mal Weihnachten feiern, ohne dass sie zuvor die ganze Nacht gearbeitet haben.“

Daniel Bender selbst ist von Beruf Betriebswirt, auch der andere Bruder Dirk hat beruflich andere Wege beschritten. Daniel Bender spricht einen der Gründe an, weshalb die Suche nach einem Nachfolger schwierig ist. „Täglich hat mein Vater hier zwölf bis 14 Stunden zu arbeiten, die Arbeitszeiten, die mitten in der Nacht beginnen, sind auch nicht jedermanns Sache. Jeder Bäckereifachmann verdient in der Schweiz das Doppelte.“ 

Bäckermeister Helmuth Bender erzählt: „Die Bäckerei mit dem Haus haben wir vor 30 Jahren von der damaligen Bäckerfamilie Müller übernommen. Das Haus stammt aus dem 18. Jahrhundert, seit rund 100 Jahren ist hier eine Bäckerei angesiedelt.“ Seine Suche nach einem Nachfolger, der zwingend den Meistertitel tragen muss, verlief bislang ergebnislos.

„Brot braucht man immer“

Bender ist gebürtiger Wehrer und hat in Säckingen den Bäckerberuf erlernt. In den 1960er Nachkriegsjahren habe es geheißen: „Brot braucht man immer.“

Den Bäckermeistertitel erwarb er 1977, die Pläne zur Selbstständigkeit wurden idealerweise von seiner  Ehefrau Gabriele als gelernter Metzgereifachverkäuferin unterstützt. 

Nach dem Erwerb des Hauses und des Geschäfts in der Torstraße  im Jahr 1990 stellte sich schnell der Erfolg des fleißigen Ehepaars ein: Filialen mit Cafés in Lörrach, im Bärental am Feldberg, Fahrnau, Langenau und Hausen konnten eingerichtet werden.

Auch die Berufsausbildung wurde in der Schopfheimer Bäckerei immer großgeschrieben.

In all den Jahrzehnten wurden etwa 30  junge Bäcker und Fachverkäuferinnen von Helmuth Bender ausgebildet, manche auch mit Familienanschluss. 

Helmuth und Gabriele Bender sind beide Zeitzeugen der Änderung des Konsumverhaltens der Kundschaft. Helmuth Bender erinnert sich noch an die Jahre früher.

Lange Warteschlangen am Samstagmorgen

„Vor 30 Jahren wusste kaum jemand, was ein Brunch ist.“ Mittlerweile macht sein Geschäft rund 40 Prozent des Gesamtumsatzes am Samstag und innerhalb der drei Stunden am Sonntagmorgen.

Er sagt: „Hier sind auch die Warteschlangen der Kunden am längsten. Für viele Familien gibt es nichts Schöneres, als am Morgen gemeinsam ausgiebig mit frischen Backwaren zu frühstücken.“ 

Seinen Abschied vom Beruf erlebt Bender mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Bisher ging der Wecker jeweils um 23.30 Uhr runter, und ich stand ab Mitternacht in der Backstube.“ Viel körperlich schwere Arbeit wartete. Nach dem Brezelteig folgte die Zubereitung von Brot und Brötchen mit Zutaten aus regionalem Anbau.  Ab 11 Uhr war die Arbeit in der Backstube beendet. „Nach der Arbeit ging ich früher noch auf den Wackel - das ist aber schon lange her“. 

Am Schwierigsten erwies sich - im Gegensatz zu den Discountern - die Abwägung des täglichen Mengenbedarfs. Als Handwerksbetrieb, wo die Teige von Hand zubereitet werden,  war es nicht möglich, nötigenfalls noch einige Backbleche  „nachzuschieben“. Ein „schwarzer Tag“ war für die Backstube vor einigen Jahren ein Tag mit starkem Glatteis, als kaum ein Kunde einkaufte und man gezwungen war, Waren im Wert von 1500 Euro für Hasen, Schafe und Schweine herzuschenken. 

Helmuth Benders größter Wunsch wäre, einen fähigen Nachfolger zu finden. Sein Haus mit Backstube liegt in idealer Lage direkt neben dem Wochenmarkt, viele Kunden des Marktes mit den regionalen Erzeugnissen  erwerben die handwerklich gefertigten Backwaren quasi im Vorbeigehen. 

Helmuth Bender kann sich nach jahrzehntelanger Aktivität nicht aufs Altenteil setzen: Er sieht sich derzeit nach einer gemeinnützigen Aushilfstätigkeit um.

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