Schopfheim „Aus Campus-Desaster nix gelernt?“

Werner Müller

Gemeinderat: Mehrausgaben für die Aufstockung der Kita Langenau sorgen für Verdruss

Schopfheim -  „Ein Unding“. – „Darf so nicht weitergehen“. – „Bin gefrustet“: Die Stadträte ließen mächtig Dampf ab. Für dicke Luft in der jüngsten Sitzung sorgten wieder einmal Kostensteigerungen – ausnahmsweise nicht beim Campus, sondern bei der Aufstockung der Kita in Langenau.

Die Stadtverwaltung hatte dem Gremium eine Liste mit mehreren Nachforderungen auf den Tisch gelegt. Dabei ging es einmal um den Einbau einer Fotovoltaikanlage für rund 51 000 Euro – wofür die Stadt aber vom Land mehr als das Dreifache, nämlich 174 000 Euro an Fördergeldern kassiert.

So weit, so gut. Das war im Ratsrund denn auch unumstritten, was man für die anderen Punkte allerdings nicht sagen konnte. Da ging es zum einen um zusätzliche Brandschutzauflagen in Höhe von 146 000 Euro. Die Stadt machte dafür die „offenen Planung“ der Kita verantwortlich, die große Räume zur Folge hat, für die wiederum höhere Standards gelten – unter anderem Sicherheitsleuchten, Rauchmelder und eine Aufschaltung der Brandmeldeanlage an die Feuerwehrleitstelle in Lörrach.

Fluchtrutsche

Außerdem empfahl die Verwaltung zusätzlich zur Fluchttreppe den Einbau einer Fluchtrutsche, damit sich die U3-Kinder im Notfall aus dem Obergeschoss schneller in Sicherheit bringen können. Kostenpunkt: 21 000 Euro.

Schließlich stand noch eine Erweiterung des Atelierraums im Erdgeschoss 18 500 Euro) zur Debatte, damit diesen auch die Kleinen aus dem Obergeschoss mitbenutzen können, sowie um eine gleichwertige Innenausstattung für die U3-Gruppen (58 000 Euro)und die Erweiterung der Außenanlagen (6500 Euro). Unterm Strich summierten sich die Zusatzkosten auf netto 145 000 Euro.

Das wurmte die Vertreter fast aller Fraktionen. Peter Ulrich (SPD) kritisierte, dass die Verwaltung all diese Dinge wieder einmal hinterherschiebe beziehungsweise zusätzlich realisieren wolle – Beispiel Fluchtrutsche.

Martina Milarch vom Gebäudemanagement verteidigte die Vorlage. Die Nachbesserungen beim Brandschutz zum Beispiel seien als „Überraschung“ mit der Baugenehmigung ins Rathaus geflattert.

Eine Rutsche als zweiter Fluchtweg für die Kinder sei „keine unnötige Investition“, sondern gebe allen Beteiligten ein „besseres Gefühl“. Im Kindergarten im Oberfeld habe man eine solche auch finanziert. Beigeordneter Eddi Mutter warb ebenfalls für die Rutsche. „Wie wollen Sie kleine Kinder auf einer Wendeltreppe schnell entfluchten?“, fragte er in die Runde. Eine Rutsche gebe „zusätzliche Sicherheit.“

Frust am Ratstisch

Den grassierenden Frust am Ratstisch konnte das allerdings nicht ersticken. „Ich gönne allen alles“, betonte Raitbachs Ortsvorsteher Willi Tholen, sprach mit Blick auf die Kita in Langenau indes von „Sonderwünschen“. In den Kindergärten Eichen und Raitbach beispielsweise herrschten im Vergleich dazu „ganz andere Zustände“. Da müsse man im Notfall die Kinder „durchs Fenster ins Freie reichen, das ist unser Fluchtweg“, ärgerte sich Tholen und bat um „Gleichbehandlung“.

Sein Langenauer Kollege Walter Würger sah es etwas anders. „Eine Rutsche ist ein schneller Fluchtweg“, stellte er fest.

Schützenhilfe bekam er dabei von Feuerwehrkommandant Steffen Hofmann. Eine Rutsche sei für die Kleinen kinderleicht zu nutzen, meinte er.

Das alles konnte Felix Straub (Grüne) indes nicht besänftigen. „Erst raus, dann wieder rein“, ärgerte er sich über das vermeintliche Streichen von Einzelposten, um Kosten zu sparen, nur um all dies nachträglich wieder rückgängig zu machen. „Das ist ein Unding“, schimpfte Straub, „jetzt sind wir wieder die Doofen“. Er schlug vor, beim Atelierraum zu sparen und statt dessen halt die Rutsche einzubauen.

Thomas Gsell (SPD) schloss sich seinem Vorredner an und bemängelte die „unzuverlässigen Vorlagen“ der Verwaltung. Spätestens nach einem halben Jahr müsse sich der Gemeinderat wieder mit „anderen Zahlen“ herumschlagen.

Andreas Kiefer (Unabhängige) stieß ins gleiche Horn. Er prophezeite, dass die Aufstockung am Ende nicht 1,4, sondern zwei Millionen Euro kosten werde.

Gefühl der Ohnmacht

Marianne Merschhemke übte ebenfalls Kritik an der Verwaltungsvorlage. Ursprünglich sei bezüglich der Kita-Aufstockung von 1,1 Millionen Euro die Rede gewesen, klagte sie und zeigte sich „gefrustet“ ob der Kostensteigerung. „Lernen wir aus dem Campus-Desaster denn gar nix?“, fragte sich die Grüne-Stadträtin.

„Sprachlos“ reagierte Kai Horschig auf die „massiven Mehrkosten“. Der Stadtrat der Freien Wähler empfand sogar „Ohnmacht“ und forderte: „So darf das nicht weiter gehen“.

Nachdem die Räte Dampf abgelassen hatten, stimmten sie den Zusatzausgaben für Fotovoltaikanlage, Brandschutzerweiterung, Außenanlagen und Innenausstattung zu. Auch für die Fluchtrutsche gaben sie grünes Licht, strichen dafür allerdings die Vergrößerung des Atelierraums.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading