Schopfheim „Bürger haben das Gewürge satt“

Markgräfler Tagblatt

Hauptstraßensperrung: Gemeinderat wandelt umstrittenen Beschluss in einen Prüfungsantrag um

Machtprobe fällt flach: Beim Streit um die Sperrung der Hauptstraße an Markttagen fand der Gemeinderat am Montag nach kontroverser Debatte doch noch einen salomonischen Ausweg.

Von Werner Müller

Schopfheim . Das Gremium verzichtete auf eine erneute Kampfabstimmung und vermied damit zugleich, dass der Bürgermeister zum zweiten Mal Widerspruch gegen einen Mehrheitsbeschluss pro Sperrung einlegt.

Statt dessen entschieden die Räte mit überwältigender Mehrheit, den ursprünglichen SPD-Antrag auf Sperrung an Markttagen in einen „Prüfungsauftrag“ an die Untere Verkehrsbehörde – das städtische Ordnungsamt – umzuwandeln. Über dessen Ergebnis sei der Gemeinderat in Form eines „rechtsmittelfähigen Bescheides“ zu informieren, gegen den das Gremium gegebenenfalls Widerspruch beim Regierungspräsidium einlegen könne.

Den entsprechenden Beschlussvorschlag hatte SPD-Fraktionschef Artur Cremans aus dem Stegreif formuliert. Bis auf drei Stadträte von Unabhängigen und Grünen stimmten alle am Ratstisch zu. Auch ein Jurist, der eigentlich eines anderen Themas wegen am Ratstisch Platz genommen hatte, schlug vor, den ursprünglichen Gemeinderatsbeschluss in einen Prüfungsauftrag an die Verkehrsbehörde umzuwandeln.

Der Bürgermeister hatte eingangs betont, der Gemeinderat sei nicht zuständig für eine solch verkehrsrechtliche Anordnung. Diese sei vielmehr Sache der Verkehrsbehörden. Im Übrigen hätten sich alle Fachleute gegen die Sperrung ausgesprochen, ebenso Gewerbeverein, Marktbeschicker, Einzelhandelsverband und IHK. Nitz: „Es gibt niemand, der dafür ist“.

Er habe deshalb aus formalrechtlichen Gründen Widerspruch eingelegt und auch, weil eine Sperrung „schädlich“ sei für die Stadt. Er rief die Räte auf, ihre Mehrheitsentscheidung zu revidieren und statt dessen die vom AK Innenstadt empfohlenen Beschlüsse (provisorische Umgestaltung der Hauptstraße zwischen Adler-Kreisel und Feldbergstraße, Einbahnregelung in der Hebelstraße) umzusetzen, um so eine Verkehrsberuhigung in der Innenstadt zu erreichen.

Der Bürgermeister erinnerte auch an die Empfehlung von Einzelhandelsgutachter Donato Acocella, in einem weiteren Schritt den Marktplatz autofrei zu gestalten, um Ziel- und Suchverkehr dorthin zu vermeiden. „Das wäre eine runde Sache“, so Nitz.

Die temporäre Sperrung der Hauptstraße und die Attraktivitätssteigerung des Marktes gehörten für die SPD „untrennbar zusammen“, betonte Peter Ulrich. Viele Bürger befürworteten den Vorstoß der Genossen. Ulrich bezeichnete die erneute Vorlage des Themas als „überflüssig“. Der Mehrheitsbeschluss des Gemeinderates sei vielmehr unverändert gültig, stelle er doch ein „Begehren“ an die Untere Verkehrsbehörde dar. Diese solle den Antrag prüfen und einen Bescheid vorlegen.

Mark Leimgruber (CDU) teilte zwar den Grundgedanken des SPD-Antrags, den Verkehr in der Innenstadt zu reduzieren. Dabei solle man aber dem Rat der Fachleute folgen und an dem vom AK Innenstadt empfohlenen Fahrplan festhalten, statt eine „Hauruck-Aktion“ zu inszenieren.

Jürgen Fremd (Grüne) mochte von den Expertenaussagen nichts mehr hörten. „Die sagen seit 15 Jahren immer dasselbe“, getan habe sich in der Innenstadt aber nichts. Dabei hätten die Bürger „das Gewürge“ am Samstagvormittag längst satt, so Fremd.

Ins selbe Horn stieß auch Andreas Blum (Unabhängige): „Einer großen Mehrheit der Bürger stinkt dieser Verkehr an Markttagen“. Der Gemeinderat habe sehr wohl das Recht, eine Sperrung zu beantragen. Die Verkehrsbehörde müsse das dann halt prüfen, so Blum.

Kai Horschig (Freie Wähler) sprach sich zwar auch für weniger Verkehr in der Innenstadt aus. Dabei solle man aber auch die Fachleute hören, erst recht, wenn alle die gleichen Bedenken gegen eine Sperrung äußerten.

Ernes Barnet (Grüne) konnte die Aufregung nicht verstehen. „Die SPD-Forderung ist ein Minimum“, sagte er. Die Stadt gebe verkehrstechnisch seit Jahren ein „trauriges Bild“ ab. Von einer temporären Sperrung an Markttagen gehe doch die Welt nicht unter.

Thomas Gsell (SPD) missfiel das Vorgehen der Stadtverwaltung. Falls der ursprüngliche Beschluss des Gemeinderates tatsächlich rechtswidrig gewesen sei, hätte sie dies in der vorausgegangenen Sitzung schon vor der Abstimmung klar zum Ausdruck bringen müssen. „Das wäre eine saubere Sache gewesen“, so Gsell.

Artur Cremans ergänzte, der Gemeinderat habe seinerzeit eine „Willensbekundung“ zum Ausdruck gebracht und dem Bürgermeister beauftragt, den Antrag durch die zuständigen Behörden überprüfen zu lassen.

„Der Weg war formal nicht ganz okay“, räumte Christof Nitz schließlich ein und schlug vor, aus dem Beschluss zur Sperrung einen Prüfungsauftrag an die Verkehrsbehörde zu formulieren.

Während Andreas Blum und Jürgen Fremd davon nichts wissen wollten, stimmte Peter Ulrich dem Vorschlag zu: „Damit ist der SPD-Antrag präzisiert“.

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