Schopfheim „Den Karren aus dem Dreck ziehen“

Werner Müller

Haushalt: Gemeinderat diskutiert Haushalt 2021 / Spareffekt minimal / Thomas Spohn: „Extremsituation“

Schopfheim - Lange Gesichter nach langem Feilschen: Als der Gemeinderat am Montagabend nach mehrstündiger Beratung einen Strich unter den Entwurf für den Haushalt 2021 zog, kehrte reihum große Ernüchterung ein. „Der große Wurf ist uns nicht gelungen“, resümierte ein selbstkritischer Bürgermeister – und setzte alle Hoffnung auf einen neuen Spar-Anlauf gleich zu Beginn des kommenden Jahres.

„Wir können heute nicht noch einmal jeden Stein umdrehen, das hätten wir vorher machen müssen“, betonte Dirk Harscher unter Verweis auf ausführliche Vorberatungen im Finanzausschuss.

Auf dieses Gremium setzt das Stadtoberhaupt denn auch für die Zukunft. Es soll nach seinen Worten gleich zu Beginn des neuen Jahres „noch einmal die Köpfe zusammenstecken, um den Karren ein Stück weit aus dem Dreck zu ziehen“.

Bis 2024 rund 30 Millionen Euro Schulden

Da steckt er nämlich ziemlich tief drin, wie die Präsentation von Kämmerer Thomas Spohn deutlich machte. So kann die Stadt im kommenden Jahr ihre laufenden Ausgaben bei weitem nicht decken – aufgrund sinkender Steuereinnahmen klafft im Ergebnishaushalt ein Loch von mehr als vier Millionen Euro (wir berichteten). Statt eines Gewinns, mit dem sie – wie sonst üblich – Maßnahmen im Investitionshaushalt mitfinanzieren kann, bleibt unterm Strich ein Minus von mehr als zwei Millionen Euro übrig.

Das verschärft die Situation im ohnehin schon angespannten Finanzhaushalt. Um Maßnahmen wie Campus, Schul- und Kindergartensanierungen, Hochwasserschutz und Ausbau der Wiesentalbahn für insgesamt 15,8 Millionen bezahlen zu können, muss die Stadt knapp zwölf Millionen Euro Kredite aufnehmen.

Der Kämmerer sprach denn auch von einer „Extremsituation“ für 2021 – zu 65 Prozent finanziere die Stadt ihre Investitionen mit Krediten, weitere 18 Prozent stammten aus dem Verkauf von Sachvermögen (Grundstücke, Gebäude).

Doch auch die Folgejahre sind nicht viel rosiger. So rechnet Spohn für 2022 ebenfalls mit einem Kreditbedarf von knapp zwölf Millionen Euro, 2023 mit einer Million Euro und 2024 voraussichtlich mit einer Nullrunde – summa summarum sind das 24,4 Millionen Euro. Damit dürfte sich die Gesamtverschuldung der Stadt Ende 2024 auf fast 31 Millionen Euro belaufen – das entspricht einer pro-Kopf-Verschuldung von dann 1572 Euro (zum Vergleich der Stand von Ende 2020: 214 Euro).

Der Kämmerer machte bei der Analyse mehrere Problemzonen ausfindig: ein „dauerhaft defizitärer“ Ergebnishaushalt, ein hohes Investitionsvolumen und geringe Eigenmittel provozieren saftige Kreditaufnahmen. Das Landratsamt verlange deshalb als Voraussetzung für die Genehmigung des Haushalts 2021 „klare Ansatzpunkte“, wie die Stadt in den Folgejahren ihre Liquidität ohne weitere Schulden zu verbessern gedenke. Dazu, so Spohn, bedürfe es spürbarer Veränderungen, um Steuererhöhungen „ins Unermessliche zu vermeiden“.

Der Bürgermeister sprach von „ernüchternden Zahlen“ und sah die Stadt auf einem „schweren Weg“. Ohne echte Sparmaßnahmen sei dieser nicht gangbar.

Das seien „altbekannte Formulierungen“, ärgerte sich Ernes Barnet und fügte hinzu: „Wir hinken unseren eigenen Vorsätzen hinterher“. Der Fraktionssprecher der Grünen vermisste konzeptionelles Arbeiten“.

Allerdings verliefen auch seine Versuche, den Ergebnishaushalt auf Einsparmöglichkeiten abzuklopfen, mehr oder weniger ergebnislos im Sande. Wie überhaupt der Spar-Effekt der Haushaltsdebatte rein zahlenmäßig sehr überschaubar blieb.

So lösten sich konkrete Vorschläge wie die, die Sanierung der Stadthallenlüftung für rund 800 000 Euro zu verschieben oder an den 3,7 Millionen Euro für die Außenanlagen beim Campus etwas abzuzwacken, mehr oder weniger in Luft auf (siehe dazu gesonderten Artikel).

Ein Sparvorschlag geht durch

Ein Vorschlag kam durch: Peter Ulrich (SPD) machte sich dafür stark, die geplante Verbindung zwischen städtischem Wuhr und Gewerbekanal Fahrnau für insgesamt 370 000 Euro zu streichen. „Irgendwo müssen wir ja mal einen Punkt machen“, meinte er – und konnte damit die Mehrheit der Räte überzeugen.

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