^ Schopfheim: Der Armut konstruktiv begegnen - Schopfheim - Verlagshaus Jaumann

Schopfheim Der Armut konstruktiv begegnen

Jennifer Ningel
Das DOTAMmobil im Einsatz in Wieslet. Foto: Manuel Hunn

Interview: Rund 1000 Kunden hat die Schopfheimer Tafel. Sie werden auf verschiedene Weise von 64 Helfern unterstützt.

Viel hat sich im vergangenen Jahr bei der Schopfheimer Tafel getan. Sonja Steiger vom Diakonischen Werk, dem Träger der Tafel, zieht Bilanz und erklärt, was sich verändert hat.

Wie bilanzieren Sie das vergangene Jahr?

Wie alle anderen Tafeln im Land stand auch die Tafel in Schopfheim 2023 vor großen Herausforderungen. Mit rund 1000 Tafelkunden haben wir eine stetig hohe Kundenzahl, wöchentlich hatten wir durchschnittlich mehr als 260 Einkäufe. Einen Tafelausweis, der zum Einkauf berechtigt, erhalten nur Menschen, die finanzielle Mittel an oder unter der Armutsgrenze haben. Die hohe Kundenzahl ist also ein Indikator dafür, dass auch bei uns in Schopfheim und Umgebung Armut und gesellschaftliche Teilhabe relevante Themen sind, denen wir konstruktiv begegnen müssen.

Wie spielen die Helfer hier mit hinein?

Unsere vielen ehrenamtlichen Helfe sammeln unermüdlich jede Woche Tafelware, bereiten diese auf und sichern die Verkaufszeiten in Schopfheim und mit dem DOTAmobil im ganzen Wiesental. Das ist ein beeindruckendes gesellschaftliches Engagement direkt vor Ort. Wir haben im vergangenen Jahr viele neue Ehrenamtliche dazugewonnen, insgesamt sind aktuell 64 Helferinnen und Helfer aktiv.

Neben dem Ehrenamt konnten wir in 2023 auch das Hauptamt verstärken. Kris Volker ist in der Tafelkoordination im Einsatz und mit Stefan Schmidt haben wir nun auch einen Sozialarbeiter direkt in der Tafel, der bei Bedarf psychosoziale Beratung leisten und an weiterführende Hilfen vermitteln kann.

Was bedeutet das genau?

Mit Übernahme der Tafelträgerschaft war es uns als Diakonie immer ein Anliegen, armutsbetroffene Menschen nicht nur mit Nahrungsmitteln zu versorgen, sondern über sozialarbeiterische Unterstützung auch gesamthaft zur Stabilisierung persönlicher Lebenslagen beizutragen. Hier sind wir einen guten Schritt weitergekommen und auch das DOTAmobil soll nicht nur versorgend, sondern auch hilfevermittelnd im Einsatz sein.

Was fand sonst noch statt?

Neben dem „Alltagsgeschäft“ in der Tafel gab es 2023 auch wieder viele besondere Aktionen, wie zum Beispiel unseren Tafelstand gemeinsam mit dem Förderverein beim Lichterfest im November oder ein von der Firma Stockburger und dem Restaurant Glöggler gemeinsam organisiertes Weihnachtsessen für unsere Tafelkundschaft. Das Weihnachtsessen war sehr gut besucht und eine schöne Gelegenheit für die Menschen, sich auch einmal in fröhlichem und feierlichem Rahmen zu begegnen und nicht immer nur in der langen Warteschlange vor der Tafel.

Die Bilanz des vergangenen Jahres fällt also, trotz aller Herausforderungen, positiv aus. Vor allem begeistert der Blick auf die vielen Privatpersonen, Schulen, Kitas, Kirchengemeinden, Firmen, Verein und Kommunen, die über Sach-, Geld- oder Zeitspenden Hilfe leisten. Wir sind sehr dankbar.

Die Tafel unterstützt mehr als 1000 Menschen. Sind es im vergangenen Jahr mehr geworden? Welche Entwicklung erwarten Sie?

2022 hatten wir einen immensen Zuwachs an Tafelkundschaft, begründet durch die Menschen aus der Ukraine, die vor dem russischen Angriffskrieg geflüchtet sind. Unsere Kundenzahlen haben sich dann 2023 recht stabil rund um die 1000er Marke bewegt. Wir stellen wöchentlich neue Tafelausweise aus, in manchen Wochen kommen bis zu 15 Haushalte dazu. Andererseits werden regelmäßig Einkaufsberechtigungen aufgehoben, weil Leute in andere Regionen im Landkreis ziehen oder zum Beispiel zurück in die Ukraine gehen. Diese Schwankungen gleichen sich bisher weitgehend aus.

Aufgrund der weltweiten Krisen und Kriege, die zu weiteren Fluchtbewegungen führen werden, rechnen wir 2024 jedoch tendenziell mit einer Zunahme. Auch die Auswirkung steigender Energiekosten und die hohen Lebenshaltungskosten werden Menschen mit geringen Einkünften in Not bringen, sodass wir auch dieses Jahr hohe Kundenzahlen erwarten.

Die Tafel unterstützt Menschen von Todtnau bis Wehr. Gibt es Schwerpunkte?

Die Mehrzahl der Kunden kommt aus Schopfheim und direkter Umgebung. Im Kleinen Wiesental versorgen wir aktuell rund 40 und im Oberen Wiesental 75 Menschen, die meisten kommen hier aus Todtnau.

Haben Sie ausreichend Spenden oder gibt es Engpässe?

2023 waren die Warenspenden der Supermärkte und privater Spender gut, aber leicht rückläufig. Wir haben regelmäßig Engpässe und am Ende der Woche ist das Lager meistens leer. Vor allem um Erntedank oder zur Weihnachtszeit ist die Spendenbereitschaft erfreulich hoch. Wichtig ist aber natürlich auch, dass die Tafel im restlichen Jahr nicht in Vergessenheit gerät.

Welche Dinge des alltäglichen Lebens sind besonders gefragt? Worüber freuen sich die Leute?

Es braucht vor allem haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Reis, Mehl, Konservenbüchsen unterschiedlichen Inhalts und Molkerei- und Tiefkühlprodukte. Auch Hygienemittel sind immer wieder gefragt, aber nur knapp vorhanden. Über Schokolade und andere Süßigkeiten freut sich unsere Kundschaft auch sehr, etwa ein Drittel sind Kinder.

Was wünschen Sie sich für das kommende Jahr?

Grundsätzlich natürlich mehr Frieden und weniger Krisen und Missstände in der Welt, sodass Menschen nicht aus ihrem Zuhause fliehen und sich auf einen gefährlichen Weg mit unsicherer Zukunft machen müssen. Da dieser Wunsch wahrscheinlich nicht in Erfüllung gehen wird, ist es umso wichtiger, dass wir hier im Kleinen vor Ort zusammenhalten, Not erkennen und dort unterstützen, wo es notwendig ist. Mensch bleibt dabei Mensch, egal ob er eine Zuwanderungsgeschichte hat oder hier bei uns geboren ist, egal welches Alter, Geschlecht oder welche Religionszugehörigkeit er hat.

Die Bevölkerung in Schopfheim und Umgebung ist ausgesprochen hilfsbereit und auch das macht die Lebensqualität in der Region aus. Wir hoffen und wünschen uns, dass diese Herzlichkeit stärker ist als das zunehmend raue politische Klima und dass die Tafel, wie auch andere soziale Einrichtungen, weiterhin mit großem Engagement unterstützt werden.

Weitere Infos

DOTAmobil:
dienstags Todtnau, Parkplatz Netto-Markt, von 11.30 bis 12.50 Uhr/Schönau beim ZG-Raiffeisenmarkt von 13.15 bis 14.15 Uhr. Donnerstags Maulburg hinter dem Rathaus von 10.30 bis 11 Uhr, Hausen hinter dem Rathaus von 11.30 bis 12 Uhr, Zell vor dem Rathaus von 12.15 bis 12.45 Uhr, Tegernau vor dem Rathaus von 13.15 bis 13.45 Uhr und Wieslet hinter der Sporthalle von 14 bis 14.30 Uhr. Ein Antrag auf Einkaufsberechtigung kann direkt beim DOTAmobil gestellt werden.

Kontakt
Tafel Schopfheim, Hauptstraße 11, Tel. 07622/ 684 78 77, E-Mail: tafel.schopfheim@diakonie.ekiba.de oder Internet: www.diakonie-loerrach.de und www.tafel-schopfheim.de

Spendenkonten
Sparkasse Wiesental: IBAN DE90 6835 1557 0003 0393 85, BIC SOLADES1SFH Volksbank Dreiländereck eG: IBAN DE07 6839 0000 0006 6657 05, BIC VOLODE66

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