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Schopfheim „Der Hausarzt wird aussterben“

Werner Müller
Abschied: Magdalene Blessing und Jörg Suckow vom Medi-MVZ in Fahrnau hängen ihren Arztkittel an den Nagel. Foto: Hans-Jürgen Hege

Ruhestand: Magdalene Blessing und Jörg Suckow vom Medi-MVZ in Fahrnau machen Schluss

Schopfheim - Das geht auch ohne Rezept: Magdalene Blessing und Jörg Suckow hängen Stethoskop und weißen Kittel an den Haken – die beiden letzten Mohikaner im Medi-MVZ „Ärzte vor Ort“ in Fahrnau wechseln altershalber in den Ruhestand.

Für beide ist der Abschied zwar beschlossene Sache, ein klitzekleines Hintertürchen lassen sie sich allerdings noch offen. So will Magdalene Blessing zumindest noch bei der „Impferei“ gegen die Corona-Pandemie mithelfen, und Jörg Suckow möchte, wenn es sich denn machen lässt, auch in Zukunft „noch ein bisschen Lücken füllen, wenn Not am Mann ist“. Darüber will er mit dem Medi-Verbund schon bald Gespräche führen.

Und mit „Not am Mann“ ist nach Auffassung der zwei Mediziner fest zu rechnen. „Die Nachfolger-Suche wird ein Problem bleiben“, glaubt Magdalene Blessing. Das gelte auch für die Praxis in der Stabhalter-Flury-Straße, obwohl der Medi-Verbund „intensiv“ auf der Suche nach Ärzten sei, die das MVZ weiterführen. Jörg Suckow rechnet zukünftig ebenfalls mit einem „gravierenden Ärztemangel“.

Das haben beide Hausärzte am eigenen Leib erfahren, als sie vor zwei Jahren für ihre zwei selbstständigen Praxen Nachfolger gesucht – und trotz aller Anstrengungen nicht gefunden haben. „Es war nichts zu machen“, erinnert sich Magdalene Blessing.

Nachfolger nicht in Sicht

Weil die Not so groß war, verfassten sie und ihr Kollege Suckow zusammen mit weiteren niedergelassenen Ärzten einen offenen „Brandbrief“ an Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung, in dem sie den Ärztemangel auf dem Lande anprangerten. Das Schreiben schlug hohe Wellen in der Öffentlichkeit und in den Amtsstuben und führte dazu, dass sich auch die Politik auf lokaler und regionaler Ebene mit dem Problem befasste (wir berichteten).

Das rief am Ende den Medi-Verbund auf den Plan, der landesweit mit angestellten Ärzten schon etliche Medizinische Versorgungszentren (MVZ) aufgebaut hatte – und dieses Modell auch in zwei Standorten in der Markgrafenstadt (in Fahrnau und in der Hebelstraße) etablierte.

„Das war für uns die Rettung“, betonen Magdalene Blessing und Jörg Suckow. Die beiden taten sich mit den Kollegen Georg-Friedrich Schröder und Axel Eisenmann zusammen und hielten seit Januar 2020 für ihre bisherigen und für neue Patienten als angestellte Ärzte die ehemalige Praxis Blessing/Klein in Fahrnau als Medi-MVZ am Leben.

Doch jetzt ist genug. Bis jüngere Nachfolger für die beiden 70-jährigen Hausärzte gefunden sind, kümmern sich die Kollegen vom Medi-MVZ in der Hebelstraße um die medizinische Versorgung der Patienten.

Allzu rosig sehen beide Hausärzte die Zukunft ihres Standes nicht. Das Führen einer selbstständigen Praxis sei aufgrund der überbordenden Regulierungen „nicht sehr attraktiv“, meint Magdalene Blessing. Insofern sei das Modell des Medi-MVZ, das seinen angestellten Ärzten den Bürokratiekram abnimmt, schon von einem gewissen Vorteil. Dessen ungeachtet bleibt Jörg Suckow dabei: „Der Hausarzt wird aussterben“.

Sollte das so sein, gehören auch Karrieren wie ihre eigenen der Vergangenheit an. Magdalene Blessing arbeitete nach dem Medizin-Studium in Freiburg unter anderem in der Inneren Abteilung des Krankenhauses Schopfheim, ehe sie die Praxis von E. Tolozcyki übernahm. Nach zwei Jahren kam Hans-Joachim Klein als Partner dazu. „Da hatte ich Glück“, so Blessing.

35 Jahre lang betreute das Duo durchschnittlich 2500 Patienten pro Quartal, ehe Klein 2019 in den Ruhestand ging und Magdalene Blessings Suche nach Nachfolgern im Sande verlief.

Jörg Suckow sammelte schon direkt nach dem Abitur medizinische Praxis in verschiedenen Kliniken, ehe er nach dem Studium am Krankenhaus Schopfheim in der Chirurgie anfing. Der gebürtige Schopfheimer war mit Klaus-Peter Laaß zunächst in einer Gemeinschaftspraxis aktiv, ehe er von 1999 bis 2019 in der Werderstraße eine eigene Praxis betrieb – und mangels Nachfolger Anfang 2020 mit seinen Patienten ins Medi-MVZ wechselte.

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