Schopfheim Die Macht von Sturm und Donner

Ines Bode
Musikalischer Höhepunkt: Das binationale Projektorchester begeisterte mit dem Stück „Bryanna“ aus der Notenschmiede des Dirigenten Hardy Mertens. Foto: Ines Bode

Waldorfschule: Binationales Konzert riss die Zuhörer von den Sitzen.

Schopfheim - Einhundertfünfundzwanzig Musizierende und fünf Dirigenten boten in der Waldorfschule einen Auftritt mit Ausnahmecharakter. Am Ende des Konzerts riss es das Fachpublikum glatt von den Sitzen - herbeigejubelt wurde gar die Zugabe einer Zugabe mit orientalischem Pfiff.

Sichtlich angetan legte Dirigent Gordon Hein ein rhythmisches Klatschen drauf, dem sich die Zuschauer anschlossen, indes sein Kollege Hardy Mertens zuvor an dieser Stelle vergnügt in den Raum rief: „Leute, wir haben nichts mehr.“ Das hatte freilich mit dem Projekt zu tun. An nur einem Wochenende ging die Gesamtprobe vonstatten.

Involviert war die Dirigentin Sandrine Bitoni aus Hesingue, und ihre Musiker einten sich musikalisch mit jenen aus Saint-Louis um Jean-Claude André sowie den „Lure“-Bläsern um Ulrich Winzer.

Bereichert wurde die 85-köpfige Schar von Hardy Mertens, der den Höhepunkt des Auftritts verantwortete. Er schuf die sinfonische Dichtung „Bryanna“, keltische Königstochter aus dem Land der drei Belchen. Das Stück schildert tonal das Gerangel mit dem Feind der wild-stolzen Reiterin Bryanna. Hörbar wurde ihr unerschrockener Kampfgeist im Sattel, mehr noch, die Kampfeswut.

Bei der Verteidigung des Reichs war das Zischen der Pfeile ebenso vernehmbar wie das Rächen des Vaters anhand hitziger durchdringender Akkorde.

Eine ausdrucksstarke wie deutliche Tonsprache skizzierte weiter „Pilatus“, dirigiert von Jean-Claude André. Dieser verkörperte jedweden Spannungsmoment, und davon barg die Dramaturgie einige. Passend zum Motto „Travers les montagne“ (Durch den Berg) erzählten die Musiker mittels dunkel grundierten Klanggeländers, dass sich Pilatus den Drachen eines Gebirges stellt.

Aufhorchen ließ eingangs die geräuschartige Akustik, der sich eine dröhnende Klangschlacht anschloss, inklusive Donnergrollens, Sturmgetöse sowie zackiger Effekte.

Hohe orchestrale Transparenz zeigten weitere Beiträge: die kraftvoll-majestätische „Alpina Fanfare“ und die Signatur des „Mount Everest“ - vom zarten Sonnenaufgang bis zur monströsen Wildheit der Naturmacht. Ihre ganze Energie und Passion haben die Bühnenakteure laut Winzer ins Projekt gesteckt, ein Lob, das sich mit enormer Konzentration bestätigte, die zu Bestleistung führte.

Vom Gipfel der Welt ging’s zum Titan Europas, dem Mont Blanc. Erneut belebten mitreißende Passagen und treibende Rhythmen die Handlung. Sogar wütenden Schneesturm und rieselnden Steinschlag hatte der Notenschöpfer eingebaut. Mit viel Biss ging auch der Komponist des flapsig klingenden „Waschweibs“ ans Werk.

Die konzertante Sage der falschen Magd, die letztlich ihre Schuld abzuwaschen versucht. Ihre Scheinheiligkeit, sprich hämisches Lachen, spiegelten die Akkorde grandios wider.

Gleiches galt für düster-gruselige Szenen, wiederum gespickt mit der sensiblen Kunst des Geräuschemachens.

Apropos: Dirigent Gordon Hein machte seinem Ruf alle Ehre, verblüffte erneut mit einer Leistung, die mit Substanz-Tiefe überraschte. Sein handverlesenes Ensemble „Südbaden Winds“, 40 Zöglinge der Verbandsjugend, zog voll mit. Das galt auch für „Movements“. Der harmlose Titel barg reinste Männerphantasien: plastisch vertont wurden Abläufe in Werkstätten der Autoindustrie – und die Pkw-Hymne mündete in erneuten Beifallsausbruch.

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