Schopfheim Ein Theologe im Widerstand

Jürgen Scharf
Referent Martin Mybes (links) und Organist Douglas Bruce gestalteten den ersten Abend einer Trilogie über Dietrich Bonhoeffer. Foto: Jürgen Scharf

Eine Vortragsreihe widmet sich dem Leben und Wirken des Theologen im Widerstand Dietrich Bonhoeffer. Am ersten Abend ging es im Bonhoeffer-Haus um seine Kindheit und Jugend.

Wer war dieser Mann, den die Nationalsozialisten so fürchteten, dass sie ihn inhaftierten und einen Monat vor Kriegsende hingerichtet haben? Dietrich Bonhoeffer, nach dem das Haus für ältere Menschen in Schopfheim benannt ist, war ein Mann der Bekennenden Kirche, ein junger engagierter Theologe, der in seinen Thesen zum Führerbegriff und zur Gleichschaltungspolitik in Opposition zum NS-Regime ging und Kontakte zum politischen Widerstand hatte.

Sein berühmtestes Gedicht „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, das er 1945 im Konzentrationslager kurz vor seiner Ermordung schrieb, stand an zentraler Stelle am ersten Abend der Vortragsreihe in drei Teilen von Martin Mybes. In dieser Trilogie, die am Montag im Saal des Dietrich Bonhoeffer-Hauses des Evangelischen Sozialwerks begann, erinnert der geschäftsführende Vorstand dieser Einrichtung an Bonhoeffers Lebensstationen. Mybes löst damit ein Versprechen ein, das er bei der Einweihung des Hauses gegeben hat.

Verpflichtung und Auftrag

Der Name des Hauses sei Verpflichtung und Auftrag zugleich, so Mybes. Er sei kein Bonhoeffer-Experte, auch kein Theologe, aber von Bonhoeffers Worten und Gedanken berührt und überzeugt. Diese würden Inspiration und Orientierung in schwierigen Situationen geben. Seinen einstündigen Vortrag hatte Mybes zuhörerfreundlich gestaltet. Er las kurze Texte von Bonhoeffer mit eigenen Anmerkungen. Es war eine Mischung aus gut verständlichem Lesevortrag über diese komplexe Persönlichkeit, Liedern aus dem evangelischen Gesangbuch und Orgelumrahmung. An der schön klingenden Hausorgel begleitete Douglas Bruce die gemeinsam gesungenen Lieder, improvisierte über den Choral „Verleih uns Frieden gnädiglich“ und spielte die Aria seines ehemaligen Lehrers Noel Rawsthorne.

Intellektueller Überflieger

Das war eine würdige Umrahmung dieses ersten Teils, der ganz auf die Kindheit, Jugend und Studentenzeit des superintellektuellen jungen Mannes fokussiert war. Dietrich Bonhoeffer muss ein intellektueller Überflieger gewesen sein, der sich schon als Kind mit großer Literatur wie Dostojewski und Schiller beschäftigt hat und mit 17 Jahren ein glänzender Pianist war, dem eine Karriere als Musiker offen gestanden hätte. Was bis heute viele verwundert: Dass er sich dagegen entschied und Theologie in Tübingen studierte.

Großbürgerliche Familie

Die Musik hat ihn aber zeitlebens begleitet. In der Haft hat er Lieder gesungen, gerade die von Paul Gerhardt, die schon in seiner Familie immer gesungen wurden. Dietrich Bonhoeffer stammte aus einer großbürgerlichen Familie, sein Vater war Neurologe in Berlin, und auch das Lebensumfeld des Sohnes war Berlin. So hörte man an diesem ersten Abend einiges über Orte und Stationen des jungen Theologen – eine Spurensuche, die früh in der Jugend begann und die Familienkultur streifte. Mybes ging auch auf ein einschneidendes Erlebnis des Gymnasiasten ein, der in der Schule die Schüsse hörte, mit denen in unmittelbarer Nähe der damalige Reichsaußenminister Walther Rathenau ermordet wurde. Vielleicht eine Spur, warum Bonhoeffer danach zeitlebens auf der Suche nach Erkenntnis von Gott und Welt war.

Bonhoeffer habe eine Art „Wanderexistenz“ geführt, immer unterwegs. In seinem Wanderleben war Bonhoeffer auch ein Jahr in New York, wo am Theologischen Seminar ein Hörsaal nach ihm benannt ist: der „Bonhoeffer Room“. Nicht unerwähnt blieb auch die Liebesbeziehung zu der jungen Maria von Wedemeyer, seiner Verlobten, an die er Briefe und Gedichte aus der Zelle schrieb. Und hier schloss sich der Kreis wieder, denn eines der Gedichte aus der Haft ist eines der bekanntesten, mit denen man Bonhoeffer assoziiert: „Von guten Mächten...“ Dieses Lied wurde im Gedenken an ihn zum Abschluss gemeinsam gesungen und der Vortrag mit einem Bonhoeffer-Gebet beendet.

Der zweite Teil der Bonhoeffer-Trilogie widmet sich am 11. März, 18.30 Uhr, dem Wirken und Widerstand des Theologen in der NS-Zeit, der dritte am 9. April zeigt einen Film über seine Lebensgeschichte.

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