^ Schopfheim: Eine unglaubliche Musikkarriere - Schopfheim - Verlagshaus Jaumann

Schopfheim Eine unglaubliche Musikkarriere

Kathryn Babeck
Die Bluessängerin Justina Lee Brown hat eine außergewöhnliche Stimme. Foto: Christine Zenz

Justina Lee Brown kommt von ganz unten – und beeindruckt. Sie tritt in Schopfheim beim Dreyland-Bluesfestival auf. Im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt sie von ihrer Kindheit in Nigeria – und wie ihr Musik und Tanz aus dem Getto heraushalfen.

Am Ende eines jeden Konzerts singt sie auf Englisch und in der Sprache der nigerianischen Igbo ein Gebet für die Kinder ihres Heimatlandes Nigeria. Justina Lee Brown ist eine Weltklasse-Sängerin, die mit ihrer Musik Leid, Freude, Lebenslust und Verzweiflung ausdrückt. Am kommenden Freitag singt sie im Stadtpark in Schopfheim beim Dreyland-Bluesfestival.

Die Bühne, das sei ihre Welt, sagt sie. Beim Singen könne sie vieles vergessen. Justina Lee Brown ist eine beeindruckende, schöne Frau mit langen geflochtenen Haaren, manchmal schmückt sie sie mit Kaurimuscheln. Sie trägt auffälligen Schmuck und farbintensive Kleidung.

Ein intensives Telefonat

Am Telefon spricht sie mit tiefer Stimme in gewähltem Englisch. Ihre Geschichte, die sie dabei erzählt, macht sprachlos.

Aufgewachsen ist sie mit ihrer Mutter in einem Getto, in den Straßen von Lagos. Heute zählt die Megametropole rund 16 Millionen Einwohner.

Zum Teil habe sie drei Tage nichts gegessen, oft habe sie nicht gewusst, wo sie schlafen solle. Unwetter und Moskitos sei sie ausgesetzt gewesen. Ihre Mutter habe in den Straßen Eiswasser für ein, zwei Cent verkauft. Sie musste auf die verpackten Flaschen aufpassen, deshalb habe sie aus Langeweile angefangen zu singen und zu tanzen. Plötzlich seien Leute um sie herum gestanden und hätten ihr Geld gegeben. Ihre Mutter habe anfänglich gedacht, sie bettle.

Biografisches in der Musik

Als sie drei Jahre alt war, habe es so stark geregnet, dass sie dachte, dies werde sie nicht überleben. Dieses Erlebnis hat sie dann in dem Song „ You never know …What tomorrow may be!“ (Du weißt nie... Was morgen sein wird!) verarbeitet. Auch andere Erlebnisse prägen ihre Musik. Sie singt Gospel, Soul und R’n’B, und ihre Musik ist durch afrikanische und karibische Einflüsse geprägt.

Auf die Frage, wie lange sie die Schule besucht habe, sagt sie: „Höchstens drei Jahre“. Wenn ihre Mutter einen Freund hatte, war manchmal etwas Geld da, um das Schulgeld zu bezahlen. „Meine Mutter litt, ich wollte sie beschützen“, erzählt Brown. In der falschen Hoffnung, die Kirche bezahle ihr das Schulgeld, sei sie in Kirchenräumen aufgetreten. Mit 13 Jahren habe sie in Klubs gesungen. Mit 18 Jahren war sie dann in Nigeria ein Star. Ein Deutscher habe sich bei einem Konzert in sie verliebt. Er sei zum ersten Mal in Nigeria gewesen und habe von ihrem Konzert im Radio gehört, sagt sie beim Telefonat. So kam sie nach Europa. Heute lebt sie in der Schweiz und ist schon lange getrennt von ihrer ersten Liebe.

International anerkannt

Seit Jahren ist Brown eine international renommierte Sängerin. In London erhält sie den „Women In Entertainment Award” als „Best African Female voice”, und im Jahr 2019 gewinnt sie mit ihrer Schweizer Band in Basel die Swiss Blues Challenge. 2020 reist Brown mit Band an die International Blues Challenge nach Memphis, der Wiege des Blues, und kommt ins Halbfinale. Im vergangenen Jahr erreicht Brown bei der European Blues Challenge in Malmö den zweiten Platz.

Kampf gegen Kinderarmut

Am Ende des Telefonats wird Brown dann stiller, nachdenklicher. Ihre Mutter habe fünf Kinder, sie sei die Älteste. Auch habe sie sich auf die Suche nach ihrem Vater gemacht. Er komme aus Westafrika und habe 13 Kinder. Dankbar sei sie, dass sie ihrer Familie helfen und den Geschwistern eine Schulbildung ermöglichen kann.

„Viele Freunde von mir leben im Slum. Sie haben nicht so einen enormen Kampfgeist wie ich“, sagt sie. Viele würden deshalb auch sterben. „Dass du nicht Teil des System bist, dass sich niemand kümmert“, das hat sie selbst mehr als schmerzlich erfahren. Mit sieben Jahren sei sie von einem 40 Jahre alten Mann sexuell missbraucht worden, sagt sie zunächst mit nüchterner Stimme und dann erfährt man: Über 25 Jahre habe sie darüber nicht reden können, auch aus Angst, dass dieser Mann ihrer Mutter etwas antue.

Weitere Informationen

Das Konzert findet am Freitag, 18. Juli, ab 19 Uhr im Schopfheimer Stadtpark, Hebelstraße 10, statt. Infos und Tickets im Internet unter https://dreylandblues.de/Festival-2023/index.php, im Vorverkauf auch bei Sigrid’s Bastel-Lädele, Hauptstraße 44 in Schopfheim.

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