Schopfheim „Etwas wird immer bewirkt“

Markgräfler Tagblatt
Professor Ludwig Wenzler aus Freiburg (Mitte) kam auf Einladung von Michael Latzel (links), Leiter Seelsorgeeinheit Mittleres Wiesental, und Ehrenfried Barnet, Leiter des Bildungswerks, nach Schopfheim.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Foto: Ines Bode Foto: Markgräfler Tagblatt

Vortrag von Professor Ludwig Wenzler aus Freiburg zum 70. Todestag von Max Joseph Metzger

Schopfheim (ib). Auf zwei- bis dreitausend schätzt Professor Ludwig Wenzler aus Freiburg die Zahl der Anträge zur Selig- oder Heiligsprechung, die dem Papst vorliegen. Damit beantwortete er die Frage, warum sich das 2006 eingeleitete Verfahren zur Seligsprechung des Schopfheimer Priesters Max Josef Metzger bis heute hinzieht.

Aus aller Welt treffen die Anträge ein, weil jeder seinen Heiligen haben möchte, teilte Wenzler den Anwesenden im katholischen Gemeindehaus mit. Zu rechnen sei mit einer Dauer von zehn Jahren. Hinzu komme, dass die Aufarbeitung des Kapitels „katholische Kirche und Nationalsozialismus“ lange auf sich warten ließ. 1933 appellierten die Oberhäupter, die Bevölkerung solle „nichts gegen die Regierung tun“, so der Referent. Wissensreich behandelte er die Thematik „Max Josef Metzger - Priester, Pazifist, Märtyrer“. Eingefunden hatte man sich nach dem Gottesdienst anlässlich des 70. Todestages Metzgers.

Der Priester wurde von Professor Wenzler lange als „Unruhestifter und Spinner“ eingestuft. Als Wenzler jedoch Mitglied einer der Freisprechungskommissionen wurde und sich mit den Schriften Metzgers befasste, lernte er ihn schätzen. Daher beglückwünschte Wenzler die Schopfheimer zu diesem Landsmann.

Um ein objektives Bild über die Person zu erstellen, gebe es nicht nur eine Kommission. Im Falle Metzgers liegt eine wahre Flut von Dokumenten vor. Der katholische Pfarrer aus Schopfheim erstellte selbst Hunderte von Schriften. Zwei Aspekte bildeten die Basis des Vortrags. Einerseits war es die immense geistige Tätigkeit Metzgers, andererseits war es sein Einsatz als Friedensverfechter. So forcierte er eine Bewegung ökumenischen Charakters, die „Una Sancta“ als neue Kirchenform. Alle Gläubigen friedlich zu vereinen, war sein Bestreben. Der Redner sprach ihm ein kindliches Gemüt zu, weshalb Metzger in eine Falle der Nazis getappt sei. Eine Spionin schwedischer Herkunft hielt er für eine Vertraute. Mehr als einmal saß er im Gefängnis.

Zu den Details, die am meisten beeindruckten, gehörte, dass Metzger die acht Monate in der Todeszelle mit Schreiben verbrachte – in Handschellen und das Datum seiner Hinrichtung nicht kennend. Dies war reine Schikane, so der Professor, der diese Phase mit leiser Stimme schilderte. Mit einem Lächeln sei der Insasse vor siebzig Jahren, am 17. April 1944, seinen Todesrichtern entgegengetreten. Wegen der Osterzeit komponierte er zuvor ein Osterlied. Für diese Stärke galt ihm höchster Respekt der Zuhörer. Ihre zahlreichen Fragen wiesen auf das hohe Interesse und darauf, dass es trotz vielfältiger Publikationen immer noch Neues gibt.

Mehrfach mündete die Erkenntnis des Redners über Metzger wie die der Gäste in dem Satz: „Das habe ich nicht gewusst.“ Im Fokus stand, was für ein Mensch der berühmte Sohn Schopfheims war. Ludwig Wenzler beschrieb ihn als tugendreich, hinzu kamen musische Fähigkeiten. Alte Fotos zeigen den Kirchenmann singend und gitarrespielend. Zudem komponierte er, und er schrieb Verse.

Anwesende berichteten von Ereignissen als Überlieferungen derer, die der Metzger-Generation um 1900 entstammten, ihn noch kannten. Im Nachgang kam weiter der Gedanke auf, dass die von Metzger angestrebte Ökumene heute weltweit zu wenig stattfinde, gleichwohl man „viel voneinander lernen könne“. Bedauert wurde, dass die Wohnstätte in Schopfheim abgerissen wurde. Dass wenig Sichtbares blieb, sei sehr schade. Ohnehin habe man die Geschichte erst nach dem Krieg erfahren.

Ganz im Sinne des Geistlichen dürfte jedoch sein, dass es ein evangelischer Amtsbruder war, der den Stein ins Rollen brachte, ihm ein Denkmal setzen wollte, brachte es ein Gast auf den Punkt. Max Josef Metzger war in vielen Belangen ein Einzelkämpfer, darunter in Ansichten zum Antisemitismus. Er war auf Seiten der Juden, sah sie als Mitglieder der Ökumene. Abschließend stand die Frage im Raum, was der Tod Metzgers, von ihm in Kauf genommen, bewirkt habe.

Professor Wenzler dazu: Etwas wird immer bewirkt. Allein, dass man sich mit solchen Menschen beschäftigt. Für die Seligsprechung sei es höchste Zeit, so das einhellige Resümee.

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