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Schopfheim Flüchtlinge: Stadt unter Handlungsdruck

Anja Bertsch
Die Container am Fahrnauer Friedhof sollen für die Unterbringung von Flüchtlingen reaktiviert werden. Foto: Anja Bertsch

Um die vom Landkreis zugewiesenen Flüchtlinge unterzubringen, reaktiviert die Stadt ab sofort das Container-Camp am Fahrnauer Friedhof. Bürgermeister Harscher macht deutlich, unter welchem Druck die Stadt sich in diesem Zusammenhang sieht.

Um die vom Landkreis zugewiesenen Flüchtlinge unterzubringen, reaktiviert die Stadt ab sofort das Container-Camp am Fahrnauer Friedhof. Bürgermeister Harscher macht deutlich, unter welchem Druck die Stadt sich in diesem Zusammenhang sieht.

„Als Kommunen sind wir über der Belastungsgrenze. Und wir werden von Stuttgart und Berlin allein gelasssen“, brachte Harscher die Hilflosigkeit zum Ausdruck, in der er sich als Stadtoberhaupt sieht – angesichts der „dynamischen Situation in Sachen Flüchtlingszustrom“, aber auch angesichts der Defizite in der Politik: „Jede Stadt plant für sich irgendwas, dabei bräuchte es eine große Linie – und Geld.“

Von der GU zur AU

Dieses „irgendwas planen“ läuft in Schopfheim nun also darauf hinaus, die Container am Fahrnauer Bläsiweg weiter zu nutzen. Über die letzten Jahre und bis vor wenigen Wochen dienten sie dem Landkreis als Gemeinschaftsunterkunft (GU). Nun werden dieselben Räumlichkeiten zur Anschlussunterbringung (AU) unter städtischer Ägide umdeklariert. „Das Vorgehen ist aus Sicht der Verwaltung alternativlos“ , sagte Bürgermeister Harscher.

Verwaltung unter Druck

Um mehr Platz zu schaffen, sollen die drei Containertrakte durchgängig auf zwei Etagen aufgestockt werden. Ein vierter Trakt könnte zusätzlich (wieder)aufgebaut werden. Die Stadt will so Platz für etwa hundert Menschen schaffen – und würde damit gerade den akuten Bedarf abdecken. „Das Landratsamt wird uns diese Personen schicken – und zwar jetzt“, machte Beigeordneter Thomas Schmitz „die Brisanz der Lage und den aktuen Handlungsdruck“ deutlich. Es sei „Wahnsinn, was das Thema personell an Ressourcen bindet“. Von der Entwicklung langfristiger Standorte sei da noch gar keine Rede.

Langfristige Lösungen

Auf solche langfristigen Lösungen jenseits der so unbefriedigenden wie kostspieligen Container-Provisorien hatte Thomas Kuri (CDU) abgehoben: Er plädierte für Gebäude mit flexiblen Raumeinheiten, die später beispielsweise als Sozialwohnungen genutzt werden könnten.“ Solche Gebäude freilich wären – anders als die Container – an einen Standort gebunden. Und eben diese seien in Schopfheim Mangelware . Es gebe überall ein „ja, aber“. Der Standort in Fahrnau sei mit in der Diskussion – „er ist aber sicher kein Favorit“, so Schmitz.

Kaufen vs. Mieten

Ebenfalls unterm Aspekt „Langfristigkeit“ stand die Anfrage aus dem Ratsrund, ob die Stadt die Container nicht kaufen sollte statt sie länger zu mieten und dafür „ein Schweinegeld zu zahlen“ (Ernes Barnet, Grüne). Tatsächlich kosten die Container monatlich gut 30 000 Euro an Miete. Aufs restliche Jahr hochgerechnet kommen so etwa 260 000 Euro zusammen – und auf den Quadratmeter heruntergerechet über 15 Euro, immerhin inklusive aller Betriebskosten.

Allerdings: Beim Kauf eines Containerdorfs bewege man sich „gleich mal im Millionenbereich“, merkte Dirk Harscher an. Thomas Schmitz sagt zu, zu klären, was es kosten würde, die Container zu kaufen – und ob das überhaupt möglich wäre.

Platz für 100 Menschen

Wer künftig im Camp wohnen wird – Geschlecht , Alter, Herkunft, Familienstand – lasse sich schwer vorhersagen, erklärte der zuständige Sachbearbeiter Patrik Bender; das hänge von den Zuweisungen des Landratsamtes ab. Jedenfalls sei die Unterkunft trotz der Unterteilung in Containereinheiten auch für Familien geeignet, betonte Schmitz auf eine Rückfrage von Hildegard Pfeiffer Zäh (FW).

Betrieb und Betreuung

Für die AU soll es eine Einrichtungsleitung mit einem Deputat von 30 Stellenprozenten geben, zudem wird ein Hausmeister eingestellt. Die Sozialbetreuung sieht die Stadt in der bestehenden Struktur und Personalausstattung gut abgedeckt; hier soll nicht aufgestockt werden. In den ersten beiden Monaten soll zudem ein Sicherheitsdienst immer mal wieder nach dem Rechten sehen; eine Rund-um-die-Uhr Aufsicht wie in der früheren GU ist nicht geplant.

Festhalle weiter belegt

Als Vertreter der Fahrnauer Vereine hatte zu Beginn der Sitzung Christian Leisinger von der Fasnachtsgesellschaft darauf hingewiesen, dass die Fahrnauer Festhalle nach wie vor und damit über den vereinbarten Zeitraum hinaus als GU diene und von den Vereinen nicht genutzt werden kann. Sein Vorschlag: Den (früher bereits bestehenden) vierten Containertrakt wieder errichten, um die Flüchtlinge aus der Halle dort unterzubringen. Während Fachbereichsleiter Jürgen Sänger auf „unterschiedliche Verantwortlichen und Zuständigkeiten“ verwies, die einer Vermischung von AU und GU auf einem Standort entgegenstünden, wollte Marc Leimgruber (CDU) das nicht gelten lassen: „Wenn der Platz da ist – wo ist das Problem?“

Bürgermeister Harscher beteuerte, dass die Hallenbelegung „sicher kein Dauerzustand ist“. Aber: „Es ist echt schwierig im Moment.“

Beschluss

Der Gemeinderat billigte Reaktivierung und Aufstockung des Containercamps bei drei Enthaltungen.

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