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Schopfheim „Flüchtlingsströme besser steuern“

Werner Müller
Die Containersiedlung am Fahrnauer Friedhof bietet Platz für etwa 75 Menschen. Aktuell ist sie nicht voll belegt. Foto: Werner Müller

Insgesamt 324 geflüchtete Menschen leben derzeit in Schopfheim. Stadtverwaltung und Kooperationspartner Caritas schildern, wie groß die Herausforderungen sind.

Das wurde am Montag im Verwaltungsausschuss deutlich, als die zuständigen Integrationsfachleute über die aktuelle Situation in der Markgrafenstadt berichteten. „Wir erleben derzeit ein Déja-vu“, erklärte Richard Zahn, Fachbereichsleiter bei der Caritas, mit Rückblick auf die Flüchtlingskrise von 2015/2016.

„Dramatische Situation“

Er sprach von einer „dramatischen Situation“ und betonte, der Landkreis suche derzeit erneut „händeringend nach Wohnraum“. Die Caritas habe mittlerweile ein spezielles „Integrationsmanagement“ anzubieten, das die Betreuung der Flüchtlinge in den Kommunen übernehme. Zahn: „Das ist ein Segen für die Gemeinden.“ In Schopfheim gebe es dafür 2,5 Stellen, die auch mittelfristig gesichert seien.

Interreligiöser Dialog

Bei der Betreuung legt die Caritas nach seinen Worten im Rahmen eines interreligiösen Dialogs aktuell ein besonderes Augenmerk auf die Bekämpfung von „antisemitischen Tendenzen“. Unterm Strich, so Zahn, gebe es für Geflüchtete in der Markgrafenstadt „Angebote wie in keiner anderen Kommune“ im Landkreis.

Konkrete Zahlen lieferte die zuständige Integrationsmanagerin Christine Scheller. Zu ihren Schützlingen zählen die Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung, die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sowie Geflüchtete, die schon länger als fünf Jahre im Lande sind.

Derzeit leben nach ihren Worten in der Containeranlage in Fahrnau 44 Menschen, die meisten von ihnen (34) stammen aus der Ukraine, darunter nur drei Kinder. Momentan seien 30 Plätze unbelegt. Scheller fügte eher beiläufig hinzu, dass die Container eine Zeitlang sogar komplett leer standen. Der Grund: Die für die Verteilung der Flüchtlinge zuständige Mitarbeiterin im Landratsamt war über mehrere Wochen krank oder im Urlaub, eine Vertretung gab es offenbar nicht.

Container zeitwilig verwaist

Diese Auskunft löste am Ratstisch Kopfschütteln aus. Dass in Zeiten stark steigender Flüchtlingszahlen die Container verwaist waren, konnte beispielsweise Sven-Hendrik Wünsch (Freie Wähler) nicht nachvollziehen. „Wir haben beim Landratsamt eine Zuweisung zwar angefordert, aber die zuständige Stelle war nicht besetzt“, versicherte Jürgen Sänger von der Stadtverwaltung.

Mängelverwaltung im Amt

Richard Zahn sprach denn auch von einer „Mängelverwaltung“ und plädierte dafür, dass die Planstelle im Landratsamt aufgestockt wird. „Idiotisches Bürokratieverhalten verhindert Integration“, wetterte Ernes Barnet (Grüne).

Im Dammweg wohnen laut Scheller 36 Flüchtlinge, viele davon aus Georgien. Von diesen hätten einige eine gute Ausbildung, eine Frau sei zum Beispiel Ärztin, ihr Abschluss aber werde hierzulande nicht anerkannt. Im Markus-Pflüger-Heim sind noch elf Flüchtlinge unterbracht, dort sei aber Ende November Schluss.

Zusätzlich zu diesen 91 Geflüchteten in den großen Unterkünften kommen laut Integrationsmanagerin noch 45, die in Wohnungen leben. Außerdem hätten 188 weitere Geflüchtete bereits von sich aus eine eigene Bleibe gefunden. Wohnungen seien besonders wichtig für Menschen, die traumatisiert seien oder psychische Probleme hätten, berichtete Scheller.

324 Flüchtlinge betreut

Größte Gruppe unter den Geflüchteten seien die Ukrainer, gefolgt von Syrern sowie Eritreern und Georgiern. Insgesamt betreut die Caritas in Kooperation mit der Stadt nach ihren Worten 324 Flüchtlinge – nicht nur bei der Unterbringung und der Wohnungssuche, sondern auch bei Sprachkursen, bei denen es ebenso zu wenig Plätze gebe wie bei den Kitas und den Schulen vor Ort.

Keine Brennpunkte

Die Leistung der Caritas-Vertreter hinterließ Eindruck am Ratstisch. „Das geht einem schon nahe“, sagte Bürgermeister Dirk Harscher und würdigte die „wertvolle Arbeit“ der Integrationsbeauftragten. Zum „großen Glück“ sei in der Markgrafenstadt bisher alles friedlich geblieben und es hätten sich keine „Brennpunkte“ herauskristallisiert.

Die Ängste in der Bevölkerung seien zwar nicht mehr so groß wie noch vor sieben oder acht Jahren. Trotzdem müsse man aufpassen, dass „es nicht zu viel wird“. Harscher appellierte deshalb an Bund und Land, die „Flüchtlingsströme besser zu steuern“.

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