^ Schopfheim: Großer Klang und geflügelte Füße - Schopfheim - Verlagshaus Jaumann

Schopfheim Großer Klang und geflügelte Füße

Jürgen Scharf

Orgelnacht: Auftakt zum Orgelsommer mit drei eindrucksvollen Kurzkonzerten in der Stadtkirche

Schopfheim - Wieder einmal Orgelkunst! Lange vermisst und entbehrt. Das Publikum hat eine Sehnsucht nach Kirchenmusik live, das merkte man bei der 13. Schopfheimer Orgelnacht, die am Samstag unter anderen Bedingungen als sonst stattfand.

Noch bevor die ersten Töne erklangen, wurde das schmiedeeiserne Kirchenportal geschlossen und der Riegel vorgeschoben, denn es kamen mehr Zuhörer als angemeldet waren. Und 100 waren die Schallgrenze.

Ausnahmsweise fand die Orgelnacht nur in einer der drei Kirchen statt, der evangelischen Stadtkirche. Der beliebte Orgelspaziergang von der Alten Kirche St. Michael zur katholischen Kirche St. Bernhard und weiter zur Stadtkirche fiel weg. Das schuf einen völlig anderen Eindruck dieser „Nacht der Orgelklänge“, die sich diesmal auf einen Kirchenraum und zwei statt fünf Orgeln konzentrierte.

Man konnte diesen Anlass vom Charakter her eher als ein überdimensionales Orgelkonzert empfinden; insgesamt wurde es eine kurzweilige Orgelnacht. Schön fanden die Interpreten, dass es weiter gehen kann und Musik wieder erklingen darf. Halbstündlich wurde der Kirchenraum gelüftet, damit die Aerosole entweichen können, und während der Pausen konnten sich Orgelfreunde die Beine vertreten und sich mit Getränken und coronakonform abgepackten Snacks stärken.

Die Konzerte durften nicht über eine gewisse Länge gehen, wie Veranstalter Christoph Bogon sagte, deswegen gab es zum Schluss nicht wie sonst einen „Rausschmeißer“ mit allen Teilnehmern. Die Höhepunkte lagen mehr im individuellen Programm der drei Organisten, nicht im gemeinsamen spektakulären Finale.

Den Anfang machte an den beiden Orgeln Dieter Lämmlin aus Inzlingen mit einem Bach- und Telemann-Schwerpunkt, noch konzipiert für die historischen Orgeln in St. Michael. Überraschenderweise machen sich Choralvorspiele von Telemann und Bach gut auf der romantischen Orgel.

Es hatte sogar einen ganz besonderen Charme, weil es Lämmlin gelingt, Barockmusik auf der Voit-Orgel adäquat und höchst farbig in den Registern darzustellen. Kleinere Stücke wie eine Telemann-Fantasia und Gavotten von Bach verlegte Lämmlin an die Schuke-Orgel.

Der Spezialist für Barockes zeigt nicht nur, dass Telemann als Orgelkomponist noch zu entdecken ist - gerade bei den fugierenden und verändernden Chorälen, wo er einmal eindrucksvoll Trompetenregister einsetzt – auch erweist sich Lämmlin firm in der Bach-Pedaltechnik mit schnellen Akkorden und großen Sprüngen im Pedal-Exercitium BWV 598, indem er die Pedalpassagen mit „geflügelten Füßen“ bewältigt.

Mit großem Klang in der berühmten Bach-Toccata und Fuge in d-Moll stieg Andreas Mölder in den „Ring“ dieses Orgelwettstreits. Der Kirchenmusiker bringt nicht nur in diesem populären Orgel-Hit und drei weiteren differenziert abgetönten Choralvorspielen des „Übervaters“ die Klangfarben der Orgeln zum Leuchten. Vielmehr macht er noch eine Hommage an Beethoven mit drei fast orchestral klingenden Stücken für Flötenuhr und einer mächtigen Bearbeitung des Kopfsatzes der fünften Sinfonie als Hauptwerk.

Dabei imponiert Mölder nicht allein als technischer Bravourspieler, sondern mit vibrierender Vitalität, was dem Publikum sehr gefiel.

Bei dieser Orgelnacht hörte man bis zum dritten und abschließenden Kurzkonzert von Christoph Bogon viel Bach, aber nie pauschales Bach-Spiel. Bogon selbst hatte eine ähnliche Fuga wie Lämmlin auf dem Programm, beide eher fröhlich-heiter „swingende“ Bach-Fugen.

Mit einem Pedalpräludium von Buxtehude hatte Bogon einen betont brillanten Einstand. Sein Spiel mit sprechenden Stimmen, Verzierungen und deutlicher Artikulation ist nicht nur kompetent bei den Lübecker und Leipziger Altmeistern. In Mendelssohns kurzer, aber eindrücklicher fünfter Orgelsonate präsentiert er sich auch in der Romantik stilsicher.

Bogon spielt inspiriert und diszipliniert zugleich, mit vorzüglicher Klangvorstellung. Sei dies ein sanft fließendes „Gebet“ oder Lust am Ausfahren des vollen Werks des Instruments wie in dem „Grand Choeur“ des Pariser Organisten Théodore Salomé - eine echte Trouvaille.

Der schöne Raumklang der Emporenorgel trug wesentlich zum Erfolg dieses Recitals als auch der „etwas anderen“ Orgelnacht mit ihren neuen Raum- und Hörbedingungen bei.

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