^ Schopfheim: Hurra-Patriotismus im Alltag - Schopfheim - Verlagshaus Jaumann

Schopfheim Hurra-Patriotismus im Alltag

Markgräfler Tagblatt

Neue Ausstellung „Mit Glanz und Gloria“ im städtischen Museum eröffnet

Schopfheim (gd). Eine sehr gut besuchte Eröffnung der neuesten Ausstellung im Museum der Stadt zeigte das Interesse der Bevölkerung für die von Musuemsleiterin Ulla K. Schmid mit viel Geduld und Akribie zusammengestellte Ausstellung zum Thema „Mit Glanz und Gloria - Erinnerungskultur im deutschen Kaiserreich“.

Für ihre Mühe und ihren Sinn für das Wesentliche dankte der Beigeordnete Ruthard Hirschner der Museumsleiterin. Als Vorspann zur hochinteressanten Schau der Zeit zwischen 1870 und 1918 gab Professor Hermann Wiegand aus Mannheim-Heidelberg, der Schwager der Museumsleiterin, einen historischen Abriss, der das Kaiserreich vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges als die „nervöse Großmacht“ (Zitat nach Volker Ullrich) skizzierte, dabei die katholische Dynastie der Habsburger, den Spiegelsaal in Versailles 1871 und natürlich die gewaltigen Einflüsse des Reichskanzlers Otto von Bismarck hervorhob.

Der Konflikt Bismarcks mit der katholischen Kirche im sogenannten „Kulturkampf“ kam ebenso zur Sprache wie das „Erste Vatikanische Konzil“ mit dem Unfehlbarkeitsdogma, wenn der Papst „Ex Cathedra“ spricht. Das vom Kulturprotestantismus geprägte Kaiserreich und das „ultra montes“ (jenseits der Berge) residierende Papsttum wurde ebenso wenig ausgespart wie die Zentrumspartei als der politische Arm des Papsttums.

Der tragfähige Kompromiss Bismarcks mit Papst Leo XIII. des Streits zwischen Reichsregierung und katholischer Kirche entspannte die Situation innerhalb der „nervösen Großmacht“. Der agrarisch tätige Adel und das industrielle Großbürgertum, die Sozialisten als Anhänger Lasalles und von Karl Marx, als sich 1875 in Gotha die SDAP, später SPD, bildete, nannte Professor Wiegand wie die von Bismarck initiierte „Sozialgesetzgebung“, die für viele Länder vorbildhaft wurde. Der europäische Imperialismus mit der Bildung von Kolonien in Afrika, Asien und in Polynesien bis hin zur Herkunftsmarke „Made in Germany“, das von den Engländern als Negativbezeichnung gedacht war, aber als Qualitätsmerkmal wirkte, bis hin zu manchen deutschen Nobelpreisträgern bildeten Gegenstände seines Vortrags.

Die Inszenierung Kaiser Wilhelms I. als „Heldenkaiser“ führte allmählich zu zahlreichen Standbildern, auf denen er „Hoch zu Ross mit dem Schwert in der Hand“ sitzt. Das „Hermannsdenkmal“ im Teutoburger Wald, der Ostgotenroman „Ein Kampf um Rom“ von Felix Dahn und dessen „Bismarcklied“ bis hin zur Germania und zu militaristischer Gesinnung und einem Germanen-Mythos, aber auch bis zu Vercingetorix als Gegenspieler Cäsars in Frankreich wurden genannt.

Der Buren-Krieg, der Boxer-Aufstand und die Daily-Telegraph-Affäre offenbarten eine Zeit, in der der Kaiser grob ungeschickt handelte.

Ulla K. Schmid führte dann recht ausführlich in die Exponate der Ausstellung ein, zeigte die Querverbindung des Kaisers, der auch mal in Schopfheim weilte, zu den badischen Großherzögen.

Großherzogin Luise, die einst die Frauenvereine (heute Diakonie-, Kranken- und Altenpflegevereine genannt) ins Leben rief und den Handarbeitsunterricht an den Schulen einführte, hatte eine enge Beziehung zur ältesten Stadt des Markgräflerlandes.

Feiern wie Reichsgründungsfeier, Sedanfeier, Kaisers Geburtstag, Geburtstage des Großherzogs und der Großherzogin, Regierungsjubiläen, goldene Hochzeiten der Herrscherpaare, Veteranen-Appelle, vaterländische Gedenkfeiern, Einweihung eines Kriegerdenkmals in Schopfheim und anderswo, auch eine Gewerbe- und Industrie-Ausstellung 1914 in Schopfheim, waren damals wichtige Daten.

Die Widerspiegelung des „Deutschen Kaiserreiches“ sieht man in der Ausstellung in Scherz- und Fest-Artikeln, in den so genannten Cotillon-Artikeln. Dazu zählten Fächer, Papierblumen, Lampions, Schleifen und weitere Papierverkleidungen. Auch die Kolonialgebiete spiegeln sich durch viele Exponate. Kolonialwaren kamen aus den „Kolonien“. Edeka kommt von „Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler“, damals E.d.K. genannt.

Das Militär des deutschen Kaiserreiches in Friedenszeiten, die Kaiser-Manöver bis hin zum Lazarett des Ersten Weltkriegs in der heutigen Friedrich-Ebert-Schule, sind Themen. Zahlreiche Zeitungsausschnitte aus der Kaiserzeit, speziell aus dem „Markgräfler Tagblatt“, spiegeln die Zeit vor über 100 Jahren wider. Zum Schluss dankte Ulla K. Schmidt allen Leihgebern, die nicht nur von Schopfheim sondern sogar von weither gekommen waren.

u  Die Ausstellung ist bis 28. September zu sehen.

Umfrage

Unterricht

Sollte das Sitzenbleiben in deutschen Schulen abgeschafft werden?

Ergebnis anzeigen
loading