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Schopfheim Jedem vierten Schopfheimer ist es zu laut

Anja Bertsch
Was tun gegen Verkehrslärm? Diese Frage beschäftigte den Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung? Foto: Anja Bertsch

Ein Viertel der Schopfheimer – 4500 Bürger – ist einer hohen Belastung durch Straßenlärm ausgesetzt. Bei 450 ist es sogar so laut, dass es als gesundheitsgefährdend gilt. Das besagt der Entwurf des Lärmaktionsplans (LAP), der im Ratsgremium vorgestellt wurde.

Dass das Thema Verkehr die Menschen bewegt, zeigte eindrücklich der ungewöhnlich große Zuhöreransturm: Etwa 30 Zuhörer drängten sich am Montag im Besucherbereich des Ratssaals.

Um was geht es beim LAP ?

Gemeinden sind verpflichtet, Lärmaktionspläne aufzulegen – aus der Erkenntnis heraus, dass Lärm die Gesundheit gefährdet, und dass die Bevölkerung hier geschützt werden muss. LAPs müssen alle fünf Jahre aktualisiert werden; bei dem LAP, den die Stadt Schopfheim aktuell in der Mache hat, handelt es sich um die Fortschreibung der Auflage von 2016.

Die Lärmanalyse

In einer detaillierten Bestandsaufnahme wird quasi für jede einzelne Etage jedes einzelnen Wohngebäudes einer Gemeinde untersucht, wie laut der Verkehrslärm zu unterschiedlichen (Tages-)Zeiten ist und wie viele Leute davon betroffen sind. Weil eine flächendeckende Messung realistisch nicht machbar wäre, wird der Lärm nicht gemessen, sondern berechnet, auf Grundlage der spezifischen Verhältnisse vor Ort: Verkehrsmenge, Topografie oder bauliche Verhältnisse zum Beispiel. „Wir rechnen auf keinen Fall schön“, betonte Peter Koehler vom Karlsruher Planungsbüro Koehler & Leutwein: In der Regel lägen die berechneten Werte sogar über den gemessenen. Als Grundlage in Sachen Verkehrsaufkommen diente eine Zählung im Herbst 2022.

Welche Maßnahmen gibt es?

Sind bestimmte Grenzwerte überschritten, sind Gegenmaßnahmen angesagt – und unter Umständen sogar Pflicht. Das können „Lärmsanierungen“ im Verkehrsraum (z.B. „Flüsterasphalt“) oder an den Gebäuden (z.B. Lärmschutzfenster) sein. Oder, in der Regel kurzfristiger umsetzbar, „verkehrsrechtliche Maßnahmen“ – allen voran die Absenkung des erlaubten Tempos, etwa von 50 auf 30.

Welche Grenzwerte gelten?

Tagsüber (6 bis 22 Uhr) gilt ein Pegel ab 55 Dezibel als hoch; ab 65 Dezibel sogar als gefährlich; nachts (22 bis 6 Uhr) liegen die Werte jeweils zehn Dezibel tiefer.

Ergebnisse für Schopfheim

Etwa 51 000 sogenannte „Fassadenpegel“ – Werte für einzelne Fassadenabschnitte also –seien in Schopfheim berechnet worden, machte der Fachplaner deutlich, mit welchem Aufwand und Detailgrad die Verkehrslärm-Verhältnisse im Zuge eines LAP erhoben werden. Das Ergebnis ist eine Lärmkatierung: Karten verschiedener Detailgrade veranschaulichen die Lärmverhältnisse entlang Schopfheims Straßen.

Dabei wurden mehrere Bereiche mit gesundheitsgefährdenden Immissionen identifiziert. Um die Situation zu entschärfen, schlägt das Planungsbüro in allen betroffenen Bereichen eine Absenkung der Höchstgeschwindigkeit vor. Heißt in der Regel: ganztags Tempo 30. Längerfristig sind Lärmsanierungen angedacht.

Innenstadt

In der Innenstadt gibt es mehrere neuralgische Bereiche: Auf den 200 Metern entlang der Wiechser Straße zwischen Kreisel Schwarzwaldstraße und Einmündung in die Hohe Flumstraße/Zufahrt B 317 sind tagsüber 35, nachts 32 Anwohner von Lärm über den jeweiligen Grenzwerten betroffen.

Viele Betroffene gibt es entlang der Innenstadt-Route Bahnhofstraße (ab Adolf-Müller-Straße)/Hebelstraße/Schwarzwaldstraße/Wehrer Straße bis Ortsausgang Richtung Wehr: Tagsüber liegen 151 Anwohner über dem Grenzwert, nachts sogar 279 (davon wiederum 194 sogar oberhalb der zweiten Stufe von über 57 Dezibel).

Auch auf der ganzen Länge der Himmelreichstraße über den Adler-Kreisel in die Hauptstraße hinein bis Höhe Turnstraße in Fahrnau gibt es viele Lärm-Betroffene: 79 sind es tagsüber; nachts sogar 361 (161 davon in der zweiten Stufe).

Gündenhausen

In Gündenhausen, an der Straße „Gündenhausen“ zwischen Einmündung Hohe-Flumstraße und Kreisel sind tagsüber 21, nachts 54 Anwohner von Lärm über den Grenzwerten betroffen.

Wiechs

Schwer gebeutelt sind die Wiechser – und das vor allem nachts: 33 müssen nachts mehr als 55 Dezibel ertragen, weitere 115 reißen sogar die nächste Grenze von 57 Dezibel – insgesamt sind also 144 Anwohner hohen Belastungen ausgesetzt. Vergleichsweise ruhig (gemessen daran eben, was die Grenzwerte als „Lärm“ bzw. „ruhig“ ausweisen) ist es hier tagsüber. Zwischen 6 und 22 Uhr liegt die Lärmbelastung bei 21 Betroffenen über dem Grenzwert.

Lärmbtreiber ist hier weniger die Bundesstraße B 317 als viel mehr die Kreisstraße K 6336, auf der zwischen Einmündung Rebacker und Ortstafel Kapellenstraße teilweise 100 Stundenkilometer gefahren werden darf. „Als kurzfristig wirkende Maßnahme wird eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 70 sowohl auf B 317 wie auf der Kreisstraße im Nachtzeitraum von 22 bis 6 Uhr angeordnet, sofern derzeit eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 100 gilt“, schlagen die Planer vor.

Langenau

Entlang der Langenauer Ortsdurchfahrt ist quasi jeder, der nicht an der 30er-Etappe in der Dorfmitte wohnt, einem Übermaß an Verkehrslärm ausgesetzt. Tagsüber notieren die Planer 20 Betroffene; nachts sogar 61. Das Gute hier: Aktuell wird lärmmindernder Asphalt eingebaut; der Zustand sollte sich also erheblich verbessern.

Betroffene insgesamt

Insgesamt sind 4500 Bürger hohen Lärmbelastungen über 55 Dezibel ausgesetzt; bei etwa 450 ist mit mehr als 65 Dezibel das gesundheitsgefährdende Maß eindeutig voll.

Wie geht es weiter?

Der Gemeinderat stimmte dem vorgelegten LAP-Entwurf und den darin vorgeschlagenen Maßnahmen bei zwei Enthaltungen zu. Nun geht das Werk in die Offenlage, in deren Rahmen die „Träger öffentlicher Belange“ und die Öffentlichkeit – sprich: die Bevölkerung – die Möglichkeit haben, Anregungen abzugeben. Angesichts der Kritik, die schon in der Sitzung laut wurde (s. Bericht unten), erwarten die Planer hier einige Beiträge. Auf Grundlage der eingehenden Stellungnahmen wird dann die Endfassung des Lärmaktionsplanes erarbeitet. Diese wird dann dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt.

Der Entwurf des LAP wird auf der Homepage der Stadt veröffentlicht. Aktuell einzusehen ist er im Ratsinformationssystem, Unterlagen zur Sitzung am 6. Mai ( https://schopfheim-sitzungsdienst.komm.one/bi/si0040.asp )

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