Schopfheim Küchen bleiben unter Dampf

Hans-Jürgen Hege
Gastrobetriebe im Abhol-Modus: Weihnachtsstress bei Glögglers. Foto: Hans-Jürgen Hege

Wirteverein: Gourmettempel verwandeln sich in Corona-Zeiten in beliebte „Take away“-Stationen.

Schopfheim - Es gibt Wirte, die schmollen, bedauern sich und die Umstände, die trotz aufwändiger Investitionen in ein coronakonformes Umfeld und trotz optimistischer Aussagen der Politik, dass sich ein solcher Fehler wie der „totale Lockdown“, über den die erste Pandemiewelle im Frühjahr dieses Jahres donnerte, nicht wiederholen werde, ihre Lokale, Restaurants, Bars, Hotels und Kneipen bereits zum zweiten Mal schließen mussten, bis heute nicht wieder öffnen durften und das wohl auch in den kommenden Wochen nicht tun dürfen.

Es gibt aber auch Wirte, die versuchen, den Karren, den sie seit Jahren oder Jahrzehnten mit teils großen Opfern schmierten und in Bewegung hielten, nicht an die Wand zu fahren. Wie die Mitglieder des Wirtevereins der Markgrafenstadt beispielsweise, die vor Monaten schon beschlossen, nicht nur sich selbst und ihren Mitarbeitenden etwas Gutes zu tun, sondern auch ihre (Stamm-)Gäste und solche, die es werden sollen, liebevoll zu verwöhnen – mit Liebe, die durch den Magen geht.

Sie hielten ihre Küchen unter Dampf, funktionierten ihre Lokale um in „Take away“-Stationen, richteten „Telefon-Hotlines“ ein, sorgen bei ihren Gästen für volle Bäuche und gute Laune und sichern so nicht zuletzt ihrem Personal den Arbeitsplatz, der ohne den Mut, den Einsatz und den Einfallsreichtum ihrer Chefs früher oder später zweifellos „Corona“ zum Opfer fallen würde.

Und zwar trotz staatlicher „Hilfen“, die zwar vollmundig versprochen worden seien, aber nach Aussage der Wirte in der Stadt bisher den Weg nach Schopfheim noch nicht oder nur auf Umwegen gefunden zu haben scheinen.

 Eine ganz besondere Bedeutung kommt dem kulinarischen Lockdown während der Feiertage zu. Familienfeste sind mehr oder weniger verboten, private Feiern im Freundeskreis auch. Und der gepflegte Festtagsschmaus in weihnachtlich geschmückten Gourmettempeln ist heuer ebenfalls für die Tonne. Schopfheims Wirte mussten sich also etwas einfallen lassen.

Staatliche Hilfen kommen nur verzögert

„Auch in diesem besonderen Jahr müssen Sie nicht auf ein mit Liebe und Sorgfalt gekochtes Festtagsmenü verzichten“, versprachen die Gastgeber der hermetisch verschlossenen und deshalb virenfreien Gourmettempel eine Art „Lock up“ vom „Lock down“, den die Gäste in allen befragten Lokalen durchaus zu schätzen wissen. Jedenfalls machten sie wie Gerhard Bechtel motivierende Erfahrungen.

„Ich habe einen unter meinen Gästen, die das „To go“-Angebot nutzen, der mir sagte, dass er während der ganzen Zeit von Lokal zu Lokal gehe, um dort sein Essen zu holen und so die Kneipen der Stadt und ihre Wirte nicht nur finanziell, sondern auch moralisch zu fördern. „Und das“, sagt Gerhard Bechtel, „finde ich wahnsinnig nett.“  „Wir kochen für Sie!“ Um telefonische Vorbestellung der Speisen und Getränke aus einfallsreich zusammengestellten „To go“-Karten wurde gebeten, Abholtermine wurden vereinbart. Und dann begann in den Küchen ansonsten leerer Lokale schweißtreibende Hektik. Vier Beispiele gefällig?

In Martin Hauris Küche „uff em Buckel“ wischt sich das „Krone“-Team den Schweiß von der Stirn. An Weihnachten gab’s viel Wild. Und auch ein paar Gänse wanderten in Wiechs in die Röhre und sorgten so dafür, dass dort nicht allzu viele Zacken aus der „Krone“ fielen.

Dino Baldassarre hatte (und hat weiter) „Carne“, „Pastas“ und Pizzen im Angebot, um „präsent“ und für seine Stammgäste da zu sein, die ihn in diesen schlimmen Zeiten nicht im Stich gelassen haben und die er ab Freitag dieser Woche nach den beiden Ruhetagen weiter versorgen will.

Der Betrieb sei „schleppend“ gewesen, „aber es ging“, versichert der „Kranz“-Wirt, der sein Lokal im neuen Jahr ab dem 2. Januar weiter zu den im Internet angekündigten Öffnungszeiten im Abhol-Modus betreibt.

 Gerhard Bechtel bewahrte seine „Sonne“ in der Schopfheimer Altstadt vor dem Untergang mit einem abgespeckten Angebot, das er „mutterseelenallein in meiner Küche“ aus den Töpfen zauberte, um seine Stammgäste „etwas bei Laune zu halten.“

Sein Personal macht Kurzarbeit.

Stammgäste halten fest die Treue

Und er tat das, was er schon lange tun wollte: „Wir haben die Gartenwirtschaft umgebaut und die Gasträume so nach und nach auf Vordermann gebracht.“ Bechtel betont, dass er keinen seiner Kollegen beneidet, die noch in den Anfängen ihrer gastronomischen Tätigkeit in die Pandemie geschlittert sind. „Ich selbst kann’s dagegen einigermaßen gemütlich angehen“, sagt Bechtel und kündigt an, dass er 2021 ohnehin „kürzer treten“ und sein Restaurant verpachten will.

 Hans Glöggler komplettierte das befragte Quartett. Auch bei ihm war über die Feiertage viel los. Er profitierte nicht zuletzt von der Lage seines Restaurants mit Parkplätzen direkt vor dem Haus, und das fast mitten in der Stadt. Dieses Glück hätten andere Kollegen nicht.

Die aktuellen Öffnungs-, Bestell- und Abholtermine gibt’s taufrisch und brandaktuell unter den Adressen der jeweiligen Gaststätten im Internet.

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