Schopfheim Kultur-Neustart vor leeren Stühlen

Markgräfler Tagblatt

Lesung: Nur wenige Besucher im Museumskeller / Claudia Scherer und Jochen Weeber zu Gast

Viele leere Stühle beim zweiten Abend von „Neustart Kultur“ am Donnerstag im Museumskeller: Man hätte sogar nach Corona-Abstandsregeln genügend Plätze gehabt.

Von Jürgen Scharf

Schopfheim . Früher saßen die Besucher der Mundart-Literaturwerkstatt bis auf die Treppe hoch. Auch bei der Auftaktveranstaltung der Lesereihe sah es besser aus, als mit Markus Manfred Jung und Uli Führe zwei Lokalmatadore auftraten.

Claudia Scherer und Jochen Weeber scheinen in der Markgrafenstadt nicht so präsent, obwohl Scherer im Vorjahr in der Kapelle Ried vor sehr gut besetzten Reihen lesen konnte.

Es war (fast) keine Mundart zu hören, sondern bei beiden Schwaben weitgehend Schriftdeutsch.

Moderator Volker Habermaier bereitete mit viel „Vorschusslorbeeren“ den Gastautoren einen freundlichen Empfang, nicht ohne seine Landsleute zu unterscheiden in Schwaben („lebensfrohe, barocke Katholiken“) und Württemberger („verkniffene, pietistische Protestanten“). Ob das heute noch gilt?

Kulturbeauftragter Dominik Baiker, „neugieriger Gast“ im Museumskeller, versprach, die Lokalität noch etwas zu „professionalisieren“.

Zuerst las Claudia Scherer aus dem Allgäu. Nicht aus ihrem jüngsten Buch, einer Familienchronik über eine jüdische Familie, sondern einen unveröffentlichten Text („Zeitenbruch“), der als Vorspiel für das Buch gelten könne. Eine verschachtelte Traum-, Liebes- und Beziehungsgeschichte, die auf verschiedenen Ebenen spielt, nicht zuletzt von einem Streit um tierische Kosenamen („Maus“) und jenem Tag handelt, als Trump-Anhänger den amerikanischen Kongress stürmten. Sie gab auch Kostproben als Dichterin: Auf Lyrik aus dem Band „ungestüm“ folgten noch Mundartgedichte.

Jochen Weeber las länger als die vorgesehene halbe Stunde. Mit ihm präsentierte sich eine andere schwäbische Stimme, stark verschieden in der literarischen „Lautstärke“ und Handschrift.

Schon leger von seinem Erscheinungsbild her, waren seine Geschichten salopp-humorvoll. Darunter die über (s)ein Vater-Tochter-Verhältnis mit einem Mädchen in der Pubertät. Ein anderer Text stammte aus einem Aufenthaltsstipendium in einem Kloster, der dritte aus Weebers Zeit als Stadtschreiber in einem Ort in Tirol. Amüsant war auch ein Bilderbuchtext über einen Opa-Enkel-Dialog.

Wie Weeber erzählte, hat er einige Lockdown-Geschichten geschrieben, in denen er über die Pandemie, die Abstandsproblematik, das Für-sich-Sein und Sich-fremd-Werden nachdenkt. Seine Textauswahl war, wie er augenzwinkernd eingestand, „eine wilde Mischung aus dem vollen Bauch heraus“.

Da sein Schriftstellerdasein vor 20 Jahren mit Gedichten begonnen hat, eröffnete Weeber auch seinen Lesepart mit einem Gedicht. Weitere konnte er nicht vortragen, weil er vergessen hatte, sie mitzubringen und sie nicht auswendig konnte. So bezog er das Publikum interaktiv mit der Frage ein: „Weihnachten oder Meer?“ Votiert wurde für die Geschichte „Das Wiehern der Seepferdchen“. Ganz lustig. Zwischendurch griff er zum Akkordeon und spielte traurige Lieder. So wurde es doch noch ein Abend mit Geschichten, Lyrik und Musik.

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