Schopfheim Kulturkooperation: Schräge Satire mit verquerem Humor

Jürgen Scharf
Ruedi und „Handy-Andy“ in einer Szene aus dem Stück „Der letzte Stammtisch“ mit dem Komikerduo Rhaban Straumann und Matthias Kunz im Museumskeller. Foto: Jürgen Scharf /Picasa

In dem Stück „Sitzläder - Der letzte Stammtisch“ nimmt das Komikerduo Strohmann-Kauz im Museumskeller moderne Trends mit Humor und Ironie aufs Korn.

„Ruedi & Heinz“ türmen aus dem Seniorenheim und suchen in ihrer einstigen Stammbeiz Zuflucht. Nur hat die Kneipe bereits seit zehn Jahren geschlossen und es gibt Dosenfraß aus undefinierbaren Blechbüchsen, die bereits 1998 abgelaufen sind – vor Fukushima. Sei’s drum, die „zwei alten Säcke, die einander auf den Sack gehen“, wie sich die beiden renitenten Kult-Senioren selbst bezeichnen, brauchen dringend einen Tapetenwechsel. Sie haben die „Schnauze voll vom Rumsitzen“ und keinen Bock mehr auf das „Altersghetto“ und das Leben im „Demenz-Departement“. Also nehmen sie Reißaus vor den Zimmerfluren, „in denen es immer gleich sauber riecht und trotzdem stinkt wie Sau“.

Viel Ironie und verquerer Humor

Ja, das Rentnerduo nimmt kein Blatt vor den Mund. Heinz, der Biedere mit angeklatschten Haaren, strengem Scheitel und Heinz-Erhardt-Brille, trägt ein adrettes braunes Strickjäckchen, das als „Cardigan“ zum „running Gag“ wird. Kumpel Ruedi, mit Karohut und Gilet, geht am Stock. Die zwei knurrigen und knorrigen Senioren, die Antipoden und Widerpart sind und sich gegenseitig Paroli geben, wollen ihre Stammtischzeiten aufleben lassen und zeigen, dass „auch Alte noch etwas reißen können.“

Mit viel Ironie und verquerem, valentineskem Humor geben sie sich in absurden Szenen als „Hausbesetzer“ in ihrer Ex-Kneipe. Hinter den skurrilen Bühnenfiguren stecken die Schweizer Schauspieler, Satiriker und Oltener Stadtoriginale Rhaban Straumann und Matthias Kunz, die als Komikerduo mit dem Künstlernamen Strohmann-Kauz unterwegs sind und auch „schräge Stadtführungen“ mit Rollator und Gehstock machen. Sehr genau treffen sie die Mimik, Gestik, Haltung und Gehweise ihrer betagten Protagonisten, wenn sie über ihre gesundheitlichen Malaisen reden.

Blitzschnelle Rollenwechsel

In blitzschneller Verwandlung tauchen die Darsteller in insgesamt acht Rollen auf. Eine davon ist Youngster „Handy-Andy“, ein hibbeliger Typ, der ständig mit dem Smartphone Selfies macht und eine „Story für Insta“ plant, wie er im breiten Jugendslang von sich gibt. Die alten Herren haben so ihre liebe Mühe mit den neumodischen Medien. Die Darsteller werfen einen kritisch-entlarvenden Blick aufs Altwerden und die Endlichkeit.

Bühen frei für den Sensemann

Als weitere Figur kommt mit schwerem asthmatischen Keuchen der frühere Wirt Bürgi um die Ecke, ein dickbäuchiger Unsympath, der gleich sein Gewehr anlegt und die beiden Eindringlinge verjagen will. Irgendwann taucht im Stück der Sensenmann auf, als schwarze Gestalt unter der Kapuze, der mit dem Wirt aneinandergerät, der sich als „Axtmörder“ wie aus dem Horrorfilm gebärdet und mit dem Tod hinter der Kulisse verschwindet.

Mehr schräge Satire als Kabarett

Das Stück ist mehr Theater als Kabarett, lebt von hintergründigen Dialogen über gesellschaftspolitische Sachen. Im zweiten Teil hat der Plot um die Ausreißer aus dem Altenheim ein paar Längen, mancher Gag wiederholt sich. Die meisten Zuschauer im vollen Museumskeller amüsierten sich und lachten laut, einige wenige waren wohl mit einer anderen Erwartungshaltung in dieses „Kabarett-Theater“ gekommen, das sich mehr als schräge Satire entpuppte, und gingen vor und in der Pause. Was Ruedi in dem ihm eigenen trockenen Humor kommentierte: „Wir sind froh, dass nicht alle den Saal verlassen haben.“ So viel Selbstironie ist auch wieder sympathisch!

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