Schopfheim Mehr Schulsozialarbeit am THG

Gerald Nill
Um die Spätfolgen der Corona-Zeit aufzuarbeiten – hier ein Bild aus Fahrnau – , brauchen Schopfheimer Schulen die Unterstützung durch die Schulsozialarbeit. Foto: Gerald Nill/Gerald Nill

Psychisch auffällige Kinder und Jugendliche nach der Pandemie, Internetsucht und mangelnder Einfluss durch das Elternhaus. Was die Schulleiterin des THG berichtet, schockiert einige Gemeinderäte.

Ausgesprochen viel Zeit nahm sich der Verwaltungs- und Finanzausschuss für die Bewilligung einer zusätzlichen Viertelstelle für die Schulsozialarbeit am Theodor-Heuss-Gymnasium (THG). Bürgermeister Dirk Harscher und Fachbereichsleiter Jürgen Sänger schickten vorweg, dass sich das Land aus der Förderung der wichtigen Schulsozialarbeit nach Corona zurück zieht. „Wir verzeichnen aber eher deutlich mehr Probleme“, führte Sänger in die Thematik ein. „Es gibt deutlich mehr Beratungsgespräche, was zeigt, wie wichtig die Schulsozialarbeit ist.“

Aus dem Alltag berichtete Claudia Tatsch, Rektorin am Theodor-Heuss-Gymnasium: „Vor allem die 15- und 16-jährigen Mädchen kamen aus der Corona-Zeit relativ instabil zurück.“ Die Mädchen hätten Phobien und andere Ängste. „Sie befinden sich teils in psychologischer Behandlung, teils stationär“, skizzierte Tatsch ein düsteres Bild. Auch in den Klassen seien die Konflikte gewachsen. Hauptschuld gibt Tatsch dem Konsum digitaler Medien. Digitales Mobbing sei ein Problem, aber auch der Umstand, dass das Smartphone nachts nicht zur Ruhe käme und die Jugendlichen am nächsten Tag „nicht ’raus“ kämen. Folge: „Das erfordert von den Schulsozialarbeitern viel Anwesenheit und Einzelfallberatung.“

Die Probleme der letzten Jahre seien nicht gelöst und schlichen sich nun in die Oberstufe ein, beklagte Tatsch. Die Rektorin stellte klar: „Wir Lehrer können die Probleme nicht auffangen. Wir müssen die Beratung in professionelle Hände legen.“ Zwingend erforderlich sei, dass bei über 1000 Schülern zwei Schulsozialarbeiter vormittags präsent seien.

Heidi Malnati, CDU, reagierte betroffen: „Als ich Ihren Brief gelesen habe, war ich schockiert.“ Und weiter: „Dass es so gravierende Probleme an der Schule gibt, finde ich schlimm.“ Man dürfe die Probleme nicht unter den Teppich kehren „und die Schule nicht rosarot sehen“. Die CDU werde dem Antrag auf Aufstockung der Schulsozialarbeit zustimmen. „Aber“, so Malnati, „reicht das?“

Für die SPD reagiert Martina Hinrichs knallhart. Erstens sei die Haushaltslage in Schopfheim angespannt. Zweitens seien die Probleme „elterngemacht“ und gehörten deshalb zurück ins Elternhaus. Drittens sei das Land bei einer kontinuierlichen Förderung in der Pflicht. Hinrichs stimmte am Ende als einzige gegen die Aufstockung der Schulsozialarbeit.

Auch Sven Hendrik Wünsch (Freie Wähler) rief Land und Landkreis bei dieser Aufgabe in die Pflicht: „Das kann nicht auf die Kommune abgewälzt werden.“ Ernest Barnet von den Grünen hob ebenfalls auf die Frage der Zuständigkeit ab: „Wenn Schule immer mehr in Richtung Erziehung geht, ist das Sache des Landes.“

Schließlich machte Bürgermeister Harscher seinem „Herzensanliegen“ Luft. Er sprach vom „Suchtfaktor Internet“ und rief die Eltern in die Pflicht. Die Internet-Konzerne in Amerika machten Milliarden-Gewinne und die Kommune müsse für die negativen Folgen einstehen: „So kann es nicht weitergehen“, schloss Harscher. Hinrichs hakte nach: „Herr Harscher, wann fangen Sie an, bei den Ausgaben einen Schnitt zu machen?“

Jürgen Sänger sprang bei: Wenn das Land cofinanziere, müsse die Gemeinde 8000 Euro für die Vollzeitstelle der Schulsozialarbeit am THG aufbringen. „Wenn wir bei der Prävention sparen, holt uns das ein,“ so Sänger. Der Ausschuss bewilligte letztlich mehrheitlich.

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