Schopfheim Mit Musik und Mut durchs Leben

Marianne Rittner
Günther Rotzler feierte seinen 90. Geburtstag. Foto: Marianne Rittner

Zum 90. Geburtstag blickt Günther Rotzler auf Leben zurück, in dem er sich vieles selbst beibringen musste.

Am 20. Mai 1934 wurde Günther Rotzler in Wiechs geboren, wo er auf dem Bauernhof seiner Großeltern aufwuchs. Mit ihnen verbrachte er viel Zeit, da die Mutter in Schopfheim arbeitete.

Mit zwölf Jahren ereignete sich ein Unfall, wodurch er nach und nach erblindete ,erzählt Rotzler im Gespräch mit unserer Zeitung. Er erinnert sich, dass er damals einen selbst gebastelten Selbstschussapparat für Maulwürfe auf dem Feld gefunden hatte. Die Zündkappe löste aus und ein Splitter verletzte zuerst seine Nase, dann sein Auge. In Schopfheim wurde er notdürftig verarztet, so gut es die Umstände nach dem Krieg zuließen.

Die Armut war groß

Der Jubilar besuchte bis 1948 die kleine Schule im Dorf und suchte danach Arbeit bei der „Hanf-Union“ in Schopfheim, die er heute noch schmunzelnd „Hanfi“ nennt. Dort trat er auch in die Lehre, die er aber nicht beendete. Denn: Der Lehrlingslohn reichte nicht dafür aus, seine Mutter und die drei Geschwister zu unterstützen, erklärt er. Die Armut war groß. „Jeden Tag gab es Schmalzbrot und wir hatten kein Geld für Kleidung und Schuhe“, erinnert er sich. Deshalb suchte er gemeinsam mit fünf Kameraden aus Wiechs in der Schweiz Arbeit. In Pratteln fand er eine Anstellung bei einem Bauern. „Es waren Pfundsleute dort“, sagt Rotzler. „Die Stelle war gut, ich hatte alles dort, was ich brauchte, auch der Lohn war gut – 150 Franken.“ Bis 1953 blieb er in der Schweiz, ging dann für ein halbes Jahr zurück, wo er in Wehr bei einem Gipser Arbeit fand, ehe er sich wieder mit zwei jungen Männern aus Wiechs zusammenschloss, um in Basel bei einer Firma für Brunnenbau zu arbeiten. Dort war er drei Jahre. Er erzählt von den guten Arbeitsbedingungen: In der Schweiz gab es beheizte Wohnwägen, wo die Kleider und Stiefel trockneten und man sich aufwärmen konnte. Aber er erzählt auch davon, dass er um 5 Uhr am Bahnhof in Schopfheim sein musste und erst abends nach 19 Uhr zurückkam. Danach musste er noch den Berg hinauf nach Wiechs laufen.

Dies war letztlich auch der Grund, weshalb er wieder Arbeit in der Hanf-Union suchte und fand. Er betonierte, schreinerte und baute sogar Maschinen zusammen. Vieles musste er sich selbst beibringen. Dieser Umstand habe sein Leben geprägt. Mutig und optimistisch gehe er heute noch die Dinge an. Auch bei der Firma Schwär in Langenau, wo er von 1960 bis 1968 arbeitete, schätzte man den pragmatischen Mann. Von 1968 bis 1994 arbeitete er als Monteur bei Dreistern in Schopfheim, ehe er in Rente ging.

Musik als Leidenschaft

Schon als junger Mann spielte er in Wiechs beim Musikverein die Tuba. Seiner Musik blieb er das ganz Leben hindurch treu. 37 Jahre lang spielte er im Verein und wurde dafür zum Ehrenmitglied ernannt. Bis zu seinem 75. Lebensjahr machte er aktiv Musik, zuletzt bei einer Rentnerband aus Maulburg, die sich mittlerweile aufgelöst hat.

Die Familie

Heute kümmert sich Günter Rotzler um den Haushalt und hilft seiner Ehefrau Eva, die seit zwei Jahren seine Unterstützung benötigt. Am 5. Mai 1961 heirateten beide. Vier Kinder gingen aus der Ehe hervor. Erst vor 20 Jahren zog das Paar aus Wiechs nach Schopfheim, wo eine Tochter lebt. Sie hilft den Eltern.

Aber das Meiste macht der Jubilar noch selbst. Sogar das Kochen hat er sich beigebracht: „Es gibt ja schließlich Kochbücher.“

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