Schopfheim „Nicht nur bis zur Tischkante denken“

Markgräfler Tagblatt

Bürgermeisterwahl: Kandidatenvorstellung, Teil 4: Warum Roland Matzker gerne „Stadtvater“ wäre

Wahlkampf macht er seit einem halben Jahr. Doch von Ermüdungserscheinungen keine Spur – im Gegenteil: Roland Matzker wirkt „tiefenentspannt“ auch an diesem Samstagvormittag auf dem Wochenmarkt. „Ich möchte keinen Tag missen“, versichert er.

Von Werner Müller

Schopfheim . Dass er für das höchste Amt in Schopfheim kandidieren will, stand für den 58-jährigen Unternehmer schon seit Sommer 2017 fest, wenige Wochen nachdem ihn der Ortsverband der Grünen zu einem der beiden Vorsitzenden gewählt hatte. Entsprechend intensiv hat er sich seitdem auf die Kandidatur vorbereitet, auch weil er überzeugt ist, dass man sich für so ein Amt nicht in wenigen Wochen wappnen kann.

Kommunalpolitisch sei er schon immer interessiert gewesen, so Matzker, der sich selbst als „68er“ bezeichnet. Grünes Gedankengut lag ihm als gelerntem Gärtner schon in jungen Jahren am Herzen, auch wenn er sich erst später parteipolitisch engagierte. Als „zweite Wurzel“ für sein politisches Interesse bezeichnet Matzker das Engagement in der Jugendarbeit der Feuerwehr, für die er in seiner Heimatregion Rhein-Neckar „auf allen Ebenen“ unterwegs war und über den Bundesjugendring in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn sogar an einem neuen Konzept für die Freie Jugendhilfe mitarbeitete.

Als „gelernter Handwerker“, der sich über Erlebnis- und Sozialpädagogik weiterbildete und einen Master-Abschluss in Wirtschaftspsychologie erwarb, gehe er die Dinge „pragmatisch“ an. Diese Erfahrung sei wichtig auch für das Bürgermeisteramt.

Ihm schwebt nach eigenen Worten in der Markgrafenstadt eine Art „Politikwechsel“ vor, Stichwort: Post-Wachstumsgesellschaft. Diese Erkenntnis gelte es auf den lokalen und privaten Bereich herunterzubrechen.

„Schopfheim ist endlich“, betont der Kandidat, den Grüne und Unabhängige unterstützen. Denken und Handeln müssten sich an der „Triade“ aus Mensch, Gesellschaft und Finanzen orientieren.

Für Schopfheim stehe deshalb ein „Wechselprozess auf allen Ebenen“ auf der Tagesordnung, bei dem es nicht zuletzt auch auf eine breite Teilhabe der Bürger ankomme.

Wechselprozess auf allen Ebenen

Dass er für diese „Gemeinde des Gehörtwerdens“ der richtige Mann sei, glaubt Matzker felsenfest. Er habe immer mit vielen Menschen gearbeitet. Wichtig sei, sie durch eigenes Vorbild mitzureißen. Als Bürgermeister sähe sich Roland Matzker deshalb nicht als bloßen Moderator, sondern als einen, der selber Themen anreißt und Projekte in Gang setzt, so wie sein „großes Vorbild“, Ministerpräsident Wilfried Kretschmann.

„Enormes Engagement“ im höchsten Amt der Stadt bezeichnet der Kandidat als „selbstverständlich“. Im Falle seiner Wahl würde er „den Mensch in den Mittelpunkt stellen und nicht mehr die Betonkultur“.

Ihm sei schon bewusst, sagt er, dass es bei vielen komplexen Themen – Bauen und Wohnen, Infrastruktur, Verkehrsberuhigung – einfache Lösungen nicht gibt und Konflikte durchaus vorprogrammiert sind. Das ficht den selbstständigen Fachmann für Verhandlungsmanagement und Coaching freilich nicht an. „Ich bin gerne da, wo es unangenehm wird“, betont er. Als Handwerker und als Bürgermeisterkandidat habe er die

Kommunalpolitik ist kein „Gruppenkuscheln“

Erfahrung gemacht: „Da muss ich hin“.

Notwendig sei, sich erst gründlich mit den Problemen zu beschäftigen, bevor man sich um Lösungen kümmert. Sich selbst spricht Matzker durchaus die Gabe zu, komplexe Sachverhalte gut analysieren zu können. „Wir dürfen nicht immer nur bis zur Tischkante denken“, so lautet Roland Matzkers Maxime. Die „Horizont-Perspektive“ sei wichtig und die Fähigkeit, vom Ende her zurückzudenken.

Beim Wohnungsbau zum Beispiel seien „neue Ideen“ gefordert, bei der Verkehrsberuhigung gehe es nicht nur um die Hauptstraße. Und bei der problematischen Ärzteversorgung sei es mit einem MVZ nicht getan. Ihm schwebe vielmehr vor, das bestehende Krankenhaus in eine kommunales „Gesundheitshaus“ umzuwandeln.

Dass ein Stadtoberhaupt allein die Schopfheimer Geschicke nicht lenken kann, ist dem Kandidaten mit Blick auf den durchaus eigenwilligen Gemeinderat nur zu bewusst. „Der Bürgermeister kann nicht die Welt verändern“, so Matzker. Es gehe statt dessen darum, nach Alternativen zu suchen, denn die gebe es immer. Vom Polarisieren hält er nichts, das verbinde ihn mit den meisten Bürgern, sagt er. Andererseits sei die Kommunalpolitik aber nun mal auch „kein Gruppenkuscheln“.

Mit seinem angestrebten „Wechselprozess“ in Schopfheim peilt er deshalb einen anderen Weg an, der auf Bürgerbeteiligung, Mitwirkung und Konsens beruht. Dass es eine Weile dauern kann, bis diese andere „Kultur“ sich etabliert, nimmt Matzker in Kauf. Optimistisch stimmt ihn allerdings, dass Schopfheim so oder so vor einem Wandel steht. Zum Jahreswechsel bekommt die Markgrafenstadt auf jeden Fall einen neuen Bürgermeister – und wenige Monate später auch einen neuen Gemeinderat.

Insofern könne ein Stadtoberhaupt ab 2019 den Wandel „gut gestalten“, glaubt Matzker. Mut für diese Aufgabe schöpft er aus einem Satz, mit dem ihn ein Bürger bei einem der zahllosen Wahlkampfgespräche charakterisierte: „Ich kann Sie mir sehr gut als Stadtvater vorstellen“. Diese Aussage nehme er sehr ernst, versichert der Kandidat, denn dahinter stecke eine „Riesenerwartung“.

Roland Matzker ist 58 Jahre alt, verheiratet und hat sechs Kinder aus erster und zweiter Ehe sowie zwei Enkel. Er lebt seit 2013 in Schopfheim.

Nach der Ausbildung zum Gärtnermeister arbeitete er als Erlebnis-, Heil-, Sozialpädagoge mit leitender Funktion und als Dozent an der Dualen Hochschule Lörrach (DHBW) zu den Themen: Arbeiten im Team, Selbstmanagement, Verhandlungsmanagement. Er ist selbstständig und geschäftsführender Gesellschafter seit 2013. Seit 2017 ist er Vorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Ortsverband Schopfheim.

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