Schopfheim Parolenschwingern Kontra geben

Markgräfler Tagblatt

Helfer-Workshop: „Kompetent gegen rechte Sprüche“: Persönliche Erfahrungen dagegensetzen

„Wie kann ich rechten Parolen mit Zivilcourage und zündenden Argumenten entgegentreten?“ „Was tun, wenn ich populistischen Sprüchen, Vorbehalten und abwertenden Urteilen gegen Flüchtlinge im eigenen Bekannten- oder Familienkreis begegne?“

Von Anja Bertsch

Schopfheim . Unterm Titel „Kompetent gegen rechte Sprüche“ bekamen die Teilnehmer eines ganztägigen Workshops im katholischen Gemeindehaus Argumente und Vorschläge an die Hand, um solche Situationen zu entschärfen.

Der Praxisworkshop fand im Rahmen einer Fortbildungsreihe für ehrenamtliche Helfer statt. Und er stieß auf erfreulich große Resonanz, wie Lucia Klein vom Landratsamt angesichts der knapp 20 Teilnehmer erfreut vermerkte.

Diese brachten aus ihrer Arbeit in den Helferkreisen jede Menge eigener Erfahrungen mit, so dass sich ein angeregter Austausch ergab. Unter der Leitung von Referentin Zahin Aschrafi von der Landeszentrale für politische Bildung näherten sich die Teilnehmer dem Thema in unterschiedlichen Formaten wie gemeinsamer Diskussion, Vortrag und Rollenspiel.

Diskriminierung, so eine der Erkenntnisse, findet auf unterschiedlichen Ebenen statt. Oft kommt sie um einiges subtiler daher als in Form persönlicher Anfeindungen oder offizieller Einschränkungen für bestimmte Menschengruppen.

Oft sei es die „diskursive Diskriminierung“, die in Form alltäglicher Benachteiligung und Vorverurteilung besondere Wirkmacht entfaltet – einfach, weil bestimmte Zuschreibungen und (Fremd-)Bilder in einer Gesellschaft quasi als selbstverständlich gesetzt sind: „Bestimmte Sachverhalte sind so normal, dass wir sie gar nicht mehr als Problem identifizieren“, erläuterte Aschfari, und führte dies an der Praxis von Zug- und Buskontrollen aus, die eben doch oft diejenigen treffen, die anders aussehen – einfach, weil im allgemeinen Diskurs eine Verbindung zwischen Hautfarbe/Aussehen und Eigenschaften und Verhaltensweisen existiert.

Ein weiterer Teil des Workshops näherte sich der Frage, was überhaupt „rechts“ ist. Tatsächlich begegneten einem im Alltag Vorbehalte und Feindseligkeiten etwa gegen Flüchtlinge im unmittelbaren Umfeld, bestätigten die Anwesenden. Mit dem Bild eines Neonazi aber möge man den Kollegen, den Familienangehörigen oder den Freund denn doch nicht in Verbindung bringen.

Als hilfreichen Begriff, um derlei Vorbehalte zu fassen, führte die Referentin die „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ ein: abwertende Einstellungen gegenüber Menschen, die als Angehörige bestimmter Gruppen gesehen werden. Zielscheibe einer solchen „Ideologie der Abwertung“ können Schwule ebenso sein wie Ausländer, Arbeits- oder Obdachlose, Muslime, Behinderte oder einfach neu Zugezogene. Solche Menschenfeindlichkeit finde sich eben nicht nur in der Extremistenszene, sondern verstärkt in der „Mitte der Gesellschaft“, so die Referentin unter Berufung auf aktuelle Studien.

Schließlich ging es im Workshop ans Erarbeiten ganz praktischer Handlungs- und Argumentationsstrategien, vermittelt über Rollenspiele. Wurden die Teilnehmer hier zunächst bewusst einer gewissen Hilflosigkeit gegenüber den „Parolenschwingern“ ausgesetzt, so hatten sie im zweiten Anlauf durch konkrete Argumentationshilfen einiges in der Hand, um den Parolen Paroli zu bieten.

Klare Erkenntnis dabei: Fakten, und Zahlen wirken als vermeintlich „harte“ Argumente wesentlich weniger als gedacht – insbesondere in Zeiten, in denen die unterschiedlichsten Fakten und (Fake)News kursieren.

„Meine persönliche Erfahrungen hingegen kann mir niemand absprechen“, stellte die Referentin dem gegenüber. Viel wirksamer sei daher der Bezug auf positive Beispiele aus der eigenen Lebenswelt. Auch gelte es, pauschalen Verurteilungen und Meinungen eine differenzierte Sicht entgegensetzen.

Ziel sollte es sein, die Diskussion übers Formulieren eigener Vorstellungen selbst in die Hand zu nehmen und mit positiven Positionen selbst in die Offensive zu gehen: „Wofür stehe ich? Wie möchte ich leben?“ Gar nicht so einfach, das auszuformulieren, was einem selbst doch oft unausgesprochene Selbstverständlichkeit ist, so die Erkenntnis der Rollenspiele – und Stoff für ein Nachdenken auch über den Workshop hinaus.

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