Schopfheim „Schlaflose Nächte“ für Tafelladen

Werner Müller
Ein unschlagbares Duo: Brigitte Leisinger und Josef Brunner. Foto: /Werner Müller

Brigitte Leisinger und Josef Brunner opferten als langjährige Vorsitzende „viel Herzblut“ für die soziale Einrichtung. Sie trugen eine große Verantwortung für 60 ehrenamtliche Mitarbeiter und 1000 Kunden.

Im Ruhestand noch einmal richtig ranklotzen? Sich um sozial Schwächere kümmern, statt endlich allen möglichen Hobbys zu frönen? Was für viele nach einem langen Arbeitsleben wohl eher nicht in Frage kommt – Brigitte Leisinger und Josef Brunner haben genau dies getan.

Sie haben sich dem Tafelladen verschrieben. Und wie: Von den 17 (Brunner) beziehungsweise zwölf Jahren (Leisinger), die sie schon dabei sind, standen sie deren elf gemeinsam als Vorsitzende des Trägervereins an vorderster Front. Das war fürwahr kein Zuckerschlecken. Denn mit der Vorstandstätigkeit in einem herkömmlichen Verein hatte das, was im Tafelladen zu bewältigen war, wenig zu tun. Diese Lektion mussten Leisinger und Brunner schnell lernen.

Die Mammutaufgabe

Als der damalige Vorsitzende Wilfried Maus 2013 überraschend verstarb, übernahm das Duo gemeinsam das Ruder – und staunte nicht schlecht. „Wir hatten keine Ahnung, was da auf uns zukommt“, erinnern sie sich und gestehen: „Der Start war nicht einfach.“ Tatsächlich standen beide vor einer Mammutaufgabe. Denn der Tafelladen mit seinen bis zu 60 ehrenamtlichen Mitarbeitern, inklusive Fahrer, hat durchaus den Charakter eines „kleinen bis mittelständischen“ Betriebs. Mit allen komplexen Aufgaben, angefangen von der Personalbetreuung bis hin zum Umgang mit dem Finanzamt und allen anderen Behörden (Arbeitsamt, Sozialamt, Wirtschaftskontrolldienst). Dazu kommen 1000 Kunden. „Die Verantwortung ist unterm Strich viel größer als bei einem normalen Verein“, betont Leisinger.

Professionell organisierte das Duo, das ab 2016 durch Heinz Strütt verstärkt wurde, die Arbeit. „Wir teilten die Geschäftsfelder wie in einer Firma zwischen uns drei mit einem Organigramm exakt auf“, erklärt Brunner. Doch das allein konnte unliebsame Überraschungen auch nicht verhindern. So mussten die beiden selbst in die Bresche springen, als der Laden 2014 plötzlich ohne einen Leiter dastand. „Wir haben den Laden eineinhalb Jahre buchstäblich geschmissen“, berichtet Leisinger über eine aufreibende Zeit kurz nach dem Amtsantritt. „Das hat uns manche schlaflosen Nächte bereitet“, räumen beide ein. Von den unzähligen Stunden, die sie insgesamt für den Tafelladen opferten, ganz zu schweigen: Im Schnitt mindestens zehn bis 15 pro Woche dürften es gewesen sein, wie Brunner schätzt.

Ein „Glücksfall“

Dass es ihnen trotz alledem nie zu viel des Guten war, führen beide auf den Umstand zurück, dass sie als Team hervorragend funktionierten. „Wir lagen immer auf einer Linie, die Chemie zwischen uns hat einfach gestimmt“, betonen sie. Als sehr belastend empfanden beide indes den Umstand, dass der Fortbestand des Vereins vor ein paar Jahren, als die drei amtierenden Vorsitzenden vergebens Ausschau nach Nachfolgern hielten, durchaus auf der Kippe stand. „Es war nichts zu machen, 30 Anfragen endeten erfolglos, wir waren demoralisiert“, erinnern sie sich. Dabei sei allen klar gewesen, dass sich der Verein im schlimmsten Fall auflösen müsse. Deshalb bezeichnen es beide als „Glücksfall“, dass sich 2020 das Diakonische Werk bereit erklärte, den Tafelladen in eigener Regie weiterzuführen.

Damit war der Weg frei für die Umwandlung des ursprünglichen Trägervereins in einen „Förderverein Tafel Schopfheim“ , für den sich alle drei bisherigen Vorsitzenden entgegen ihrer ursprünglichen Planung noch einmal vor den Karren spannen ließen. „Wir wollten es noch zwei Jahre lang machen, damit der Übergang gelingt – am Ende wurden es dann doch wieder vier“, gestehen beide. Kein Wunder, denn der Einsatz im und für den Tafelladen war für sie von Anfang an eine Herzensanliegen. Bot er doch die Gelegenheit, mit ehrenamtlichem Einsatz zum einen etwas gegen Verschwendung von Lebensmitteln zu tun und zum anderen sozial Schwächeren zu helfen. Diese Themen treibt das Duo bis heute um. „Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, was alles in der grünen Tonne landet“, sagt Brunner.

Beide werden, wenn auch nicht mehr in leitender Funktion, dem Förderverein für den Tafelladen weiterhin die Stange halten. Denn der wird, auch darin sind sich Leisinger und Brunner einig, nicht überflüssig werden: „Lebensmittelverschwendung und Armut werden so schnell nicht verschwinden.“

Jubiläum des Tafelladens

Festgottesdienst:
Zum 20-jährigen Bestehen des Tafelladens wird am Freitag, 7. Juni, 18 Uhr, ein ökumenischer Festgottesdienst in der Kirche St. Michael gefeiert.

Ein Tag der offenen Tür:
findet am Samstag, 8. Juni, von 10 bis 14 Uhr bei der Tafel in der Hauptstraße 11 statt. Geboten werden Tafelführungen, ein Theaterworkshop mit Tempus fugit und eine Hüpfburg. Für das leibliche Wohl ist gesorgt, kündigt das Diakonische Werk an.

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