Schopfheim „Schopfheim hat eine gute Wahl“

Markgräfler Tagblatt

Bürgermeisterwahl: Knapp 900 Besucher bei der dreistündigen Kandidatenvorstellung in der Stadthalle

Der Schlagabtausch blieb aus: Wer erwartet hatte, dass bei der offiziellen Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten in der Stadthalle die Fetzen fliegen, sah sich am Dienstagabend getäuscht.

Von Werner Müller

Schopfheim . Die vier Bewerber gingen sehr pfleglich miteinander um, große thematische Gegensätze taten sich zwischen ihnen nicht auf – und auch die Bürger enthielten sich scharf formulierter Fragen. Insofern hatte Bürgermeister Christof Nitz, der den Abend als Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses moderierte, auch kein allzu schweres Amt. Im Gegenteil. „Die Kandidaten gehen fair miteinander um, das ist toll“, freute er sich zu Beginn des Redemarathons.

Mit vier Kandidaten hätten die Schopfheimer am 7. Oktober ein „gute Wahl“, betonte der Amtsinhaber und zeigte sich froh über das große Interesse der Bürger an der Wahl und der Kandidatenvorstellung. Das beweise auch, wie „dynamisch und aktiv“ die Markgrafenstadt sei.

Nicht ganz 900 Besucher verfolgten in der Stadthalle die gut dreistündige Vorstellungsrunde – ein paar Stehplätze im Foyer blieben frei.

Nach dem Auftakt, in dem sich jede der vier Bewerber einzeln jeweils zehn Minuten lang vorgestellt hatte (siehe Berichte auf der folgenden Seite), entspann sich eine gut zweistündige Fragerunde mit dem Publikum. Auffallend dabei: Bis auf eine einzige Ausnahme galten alle Fragen aus dem Saal jeweils allen vier Bewerbern. Das war in früheren Vorstellungsrunden noch ganz anders.

Diskussionsrunde

Große Überraschungen bei den Themen, die die Bürger zur Sprache brachten, blieben ebenfalls aus. Die Palette reichte von Ärztemangel über Schwimmbad und Wohnraum bis hin zur Verkehrsberuhigung und den städtischen Finanzen. Bei den Antworten lagen die Kandidaten in den allermeisten Fällen nicht weit auseinander, Unterschiede waren nur in Nuancen erkennbar.

Ärztemangel

Zum Thema „Ärztemangel“ erklärte Roland Matzker, da sei er „schon dran“ und habe Gespräche bis auf Landeseben geführt. Für ihn spiele der Erhalt und eine neue Nutzung des jetzigen Krankenhauses ein entscheidende Rolle. Ihm schwebe ein Art „Gesundheitshaus“ vor.

Dirk Harscher erklärte, er wolle das Thema im Falle seiner Wahl „sofort anpacken“. Zunächst gelte es aber, die Handlungsempfehlungen des derzeit laufenden Gutachtens abzuwarten.

Auf ebendieses verwies auch Thomas Gsell. Er wollte zudem nicht ausschließen, dass sich die Stadt bei der Ansiedlung junger Ärzte auch finanziell engagieren müsse. Außerdem gelte es, das MVZ unbedingt zu erhalten.

Josef Haberstroh verwies auf die Gemeinde Lauchringen, die derzeit bereits das zweite Ärztehaus baue und damit erfolgreich sei. Die Ärzteversorgung sei ein „brennendes Thema“, deshalb müsse man beim Gutachten „Druck machen“.

Schwimmbad

Zur Bedeutung der Freibäder herrschte auf dem Podium große Einigkeit – mit interesanten Abweichungen.

Eine „Bestandsgarantie“ für beide Bäder gab Thomas Gsell ab. Die Generalsanierung im Oberfeld benötige sicher eine gewisse Zeit, sei aber trotz der finanziellen Belastungen machbar.

Schopfheim sei ohne Schwimmbad „nicht vorstellbar“, so Josef Haberstroh. Die bereits beschlossene Notreparatur der Rohrleitungen für eine halbe Million Euro stellte er in Frage - ohne klare Sanierungspläne mache das keinen Sinn. Gar kein Verständnis hatte er dafür, dass die Stadt das Freibad einem privaten Betreiber überlassen habe.

Roland Matzker meinte, die Freibadsanierung hätte man früher in Angriff nehmen sollen.

Für Dirk Harscher gab es diesbezüglich „durchaus Versäumnisse“ in der Vergangenheit. Er bezeichnete es als große Aufgabe, das Bad „attraktiver“ zu machen.

Wohnraum

Bei der notwendigen Schaffung von (bezahlbarem) Wohnraum plädierte Roland Matzker für „Mut zu neuen Ideen“. Dabei müsse mehr als bisher die Qualität vor der Quantität im Vordergrund stehen.

Dirk Harscher erkannte großen Handlungsbedarf und sah vor allem in den Ortsteilen durchaus noch ein gewisses Wachstumspotenzial.

Thomas Gsell sprach sich dafür aus, bei Bebauung von städtischen Grundstücken eine Mindestquote für Sozialwohnungen festzulegen.

Josef Haberstroh strebt eine „aktive Grundstückspolitik“ an – Bebauungspläne dürfe es erst geben, wenn alle Grundstücke in einem möglichen Baugebiet in städtischer Hand seien.

Verkehrsberuhigung

Differenzen traten bei der Frage der innerstädtischen Verkehrsberuhigung zutage. Roland Matzker plädierte für eine probeweise Sperrung der Hauptstraße an Markt-Samstagen – in enger Abstimmung mit dem Einzelhandel.

Dirk Harscher möchte hingegen mit weiteren Maßnahmen erst abwarten, wie sich die Verkehrsströme entwickeln, wenn das Uehlin-Areal samt Tiefgargarage fertig gebaut ist. Für eine Fußgängerzone sei Schopfheim zu klein.

Thomas Gsell möchte die Hauptstraße im Zentrum verkehrstechnisch an die Altstadtregelung anpassen. Mittelfristig könne er sich auch einen autofreien Marktplatz vorstellen – mit einem Parkdeck in der Bismarckstraße.

Josef Haberstroh erklärte, er würde die Einbahnregelung in der Hebelstraße wieder rückgängig machen. Im Übrigen sei Schwarz-Weiß-Denken bei der Verkehrsberuhigung nicht angebracht, sondern „behutsames Vorgehen“.

Bürgerbeteiligung

Eine bessere „Bürgerbeteiligung“ schwebt allen Kandidaten vor. Roland Matzker möchte die Bürger nicht erst miteinbeziehen, wenn Entscheidungen gefällt sind, sondern schon vorher.

Dirk Harscher sprach sich dafür aus, die Bürger bei allen wichtigen Themen grundsätzlich zu befragen.

Thomas Gsell vertraut auf das Instrument der regelmäßigen Bürgersprechstunden – in der Kernstadt und in den Ortsteilen.

Josef Haberstroh will die Bürger bei allen Projekten frühzeitig ins Boot holen. Damit habe er als Bürgermeister von Breitnau nur gute Erfahrungen gemacht – auch bei heiklen Vorhaben.

Gewerbeflächen

Beim Thema Gewerbeansiedlung waren sich die Kandidaten einig, dass die Markgrafenstadt an ihre Grenzen stößt.

Josef Haberstroh erklärte, viele ortsansässige Firmen würden gerne erweitern. Deshalb sei dringend ein tringentes Flächenmanagement nötig.

„Wir sind endlich“, sagte Roland Matzker. Viele Firmen könnten nicht expandieren, dafür Lösungen zu finden sei schwierig.

Dirk Harscher meinte, es gebe nur zwei Erweiterungsmöglichkeiten für Gewerbeflächen – in Fahrnau „hinter dem Tunnel“ und im Westen von Gündenhausen.

Thomas Gsell hatte da so seine Zweifel. In der Tat stoße Schopfheim bei Gewerbeflächen an Grenzen, auf der anderen Seite sei der Bedarf bei Firmen sehr groß.

Messlatte

Am Erfolg welcher Projekte wollen sich die Kandidaten für den Fall ihrer Wahl nach Ablauf ihrer ersten Amtszeit in acht Jahren messen lassen? Roland Matzker nannte den „gemeisterten Campus“ sowie den Kulturwechsel bei der Bürgerbeteiligung.

Dirk Harscher führte die „Riesenchance Campus“, die Familienpolitik sowie die Versorgung mit Kindergärten und Schulen an.

Thomas Gsell nannte ebenfalls das „Leuchtturmprojekt“ Campus, eine Verkehrsberuhigung in der Innenstadt, die „ihren Namen verdient“, sowie den Bau von Sozialwohnungen.

Josef Haberstroh möchte sich am Fortschritt bei der Ärzteversorgung, bei der Seniorenbetreuung und bei der Rathauskommunikation messen lassen.

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