Schopfheim Schuldig oder nicht schuldig?

Jürgen Scharf

Spielbühne: Im Museumskeller wird wieder „Terror“ von Ferdinand von Schirach aufgeführt

Nach zwei Jahren erzwungener Spielpause nimmt die Spielbühne Schopfheim ihr Stück „Terror“ im Museumskeller wieder auf – eine packende Geschichte.

Von Jürgen Scharf

Schopfheim . Ein Theaterstück von unvermuteter, bedrückender Aktualität: Es stellt das Thema zur Diskussion, wie wir in Zukunft leben wollen. Im Raum steht die Frage, ob wir uns für Freiheit oder Sicherheit entscheiden. Das klingt jetzt fatal nach jüngster zweijähriger Corona-Problematik, aber darum geht es in dem Stück „Terror“ von Ferdinand von Schirach nicht. Obwohl es darin um die Würde der Menschen geht – „Würde“ aber in Zusammenhang mit der Terrorgefahr.

„Mein Gott, ist das aktuell!“, stöhnt Wolfgang Künzel auf, wenn er solche Textstellen hört. Zu dieser ganzen Problematik des Stücks, mit Regeln und Prinzipien zu leben und moralische Entscheidungen zu treffen, kommt jetzt auch noch der Ukraine-Krieg hinzu. Was macht Europa, rüstet es wieder auf? Im Stück geht es ja auch um einen Soldaten, genauer um einen Kampfjet-Piloten, der eine tödliche Entscheidung treffen muss. Ähnlich wie Entscheidungen von Ärzten in der Pandemie in der befürchteten, aber zum Glück nicht eingetretenen Triage. Wen lässt man leben, wen rettet man?

Vor diese Frage ist auch der Pilot gestellt. Das Theaterstück ist dem Regisseur und den Darstellern der Spielbühne näher gekommen als vor zwei Jahren, als man gerade noch die Premiere abhalten konnte – und dann war Lockdown und für zwei Jahre Schluss.

Bedrückende Aktualität

Das Ensemble hat sich lange überlegt, ob es das Stück wieder aufnehmen will. Und jetzt ist es durch die aktuellen Situationen von Pandemie und Krieg sehr nahe gerückt. „Wir hoffen, dass die Zuschauer nicht müde sind, so ein Stück zu sehen“, sagt Künzel, der noch einmal im Museumskeller mit seiner Theatergruppe intensiv geprobt hat. Vor allem, weil es auch eine Umbesetzung gab. Für Hermann Tittel ist Edith Ganter eingesprungen. Ansonsten ist die Besetzung dieselbe geblieben: Boris Heilscher (Pilot Major Koch), Susanne Kita und Edith Ganter (Richterinnen), Marianne Tittel (Staatsanwältin), Gabriele Steffler (Verteidigerin), Magda Brase (Zeugin und Nebenklägerin), Gerhard Abt (Zeuge Oberstleutnant).

Auch wenn so viel Aktualität neu hinzukommt: Künzel hat keine Hinweise ins Stück eingebaut oder hinterfragt, sondern es so belassen, wie man es vor zwei Jahren aufgeführt hat. (Nur sollte man sich die Graffitiwände genauer anschauen, ob dort vielleicht etwas zu entdecken ist). Im Text jedenfalls wurde nichts geändert, denn das Stück spricht auch heute für sich.

Es ist ein erfolgreiches Gerichtsdrama aus dem Jahr 2015, das sicher das Attentat vom 11. September 2001 reflektiert. Der Bestsellerautor, bis vor einigen Jahren selber prominenter Strafverteidiger, denkt in diesem fiktional konstruierten Rechtsfall über Schuld, Gerechtigkeit, Verantwortung und Freiheit und die Würde des Menschen nach. Und das im Gerichtssaal, der doch eigentlich ein profaner Ort ist.

Die Szene: ein Gericht. Das Publikum: die Schöffen. Und das ist der ganz besondere Trick dieses Stücks, dass die Zuschauer die moralische Last tragen müssen. Dabei sagte Schirach einmal: „Menschen zu verurteilen, fällt mir schwer.“ Als Richter müsse man ein anderes Verständnis der Welt haben. „Mich würden solche Entscheidungen lange quälen“, so der Autor. Dafür „terrorisiert“ er in seinem Stück das Publikum, das sich bei den acht Aufführungen mit der Frage quält, ob Leben gegen Leben abgewogen werden darf.

Leben gegen Leben?

Wie entscheiden nun die Zuschauerschöffen dieses Mal, nachdem sie bei der ersten Aufführung vor zwei Jahren mit „nicht schuldig“ votiert haben. Finden sie wieder gute Gründe, ein (großes) Unheil gegen ein kleineres abzuwägen?

Die Premiere der Wiederaufnahme ist am Samstag, 26. März, im Museumskeller . Gespielt wird auch am 27. März, am 1., 2.,3., 6., 13. und 14. April, Beginn jeweils 20 Uhr. Tickets: Regio Buchhandlung.

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