Schopfheim Stadtverwaltung hat Juden Hilfe verweigert

Kathryn Babeck
Heute ein Mahnmal: Gleise beim Camps de Gurs. Foto: Uli Merkle

Serie: Den Menschen ein Gesicht geben.
Die Initiative „Stolpersteine Wiesental“ verlegt Stolpersteine für Marie Meta und Herbert Mayer.

Marta Picard schreibt 1982 an die Stadtverwaltung zum Verbleib der Familie Mayer: „Die Familie Maier-Mayer, Hauptstraße, wohnte in dem Haus, in welchem jetzt ein Uhrengeschäft untergebracht ist (Jugendstilhaus mit Erker im Dachstock). Der alte Herr Mayer starb in den 30er Jahren, ist auf dem israelitischen Friedhof in Lörrach beerdigt. Frau Meta und Sohn Herbert wurden nach Gurs transportiert und sind von dort vermutlich in den Gaskammern von Auschwitz oder Treblinka umgekommen.“ Dieses wie die anderen zitierten Dokumente stammen aus dem Stadtarchiv.

Am 28. August verlegt die Initiative „Stolpersteine Wiesental“ zwei Gedenksteine für Marie Meta und Herbert Mayer in der Hauptstraße 49.

Einst ein bedeutendes Haus

Das Haus der Familie Mayer zeugt von großbürgerlicher Architektur. Die Fassade ist im Stil des Historismus gebaut worden. Eine historische Aufnahme zeigt das Ehepaar Mayer vermutlich in den 1930er Jahren auf dem Balkon. Heute ist das Haus baulich stark verändert, der Balkon ist abgerissen.

Eine Kaufmannsfamilie

Kaufmann Maier Mayer, der früher den für Juden gebräuchlichen Vornamen Maier trägt, wird 1859 in Sulzburg geboren. 1896 besitzt er in Schopfheim in der Scheffelstraße, damals Eisenstraße, ein Konfektions- und Manufakturengeschäft für Damen- und Herrenbekleidung, Aussteuer und Schürzen. Am 17. September 1902 wird Sohn Herbert Mayer geboren, der später die juristische Laufbahn einschlägt.

1906 errichtet Maier Mayer in seinem Wohn- und Geschäftshaus dann noch einen Verkaufsladen. Nach zwölf Jahren Ehe verstirbt 1931 seine erste Ehefrau Frieda Mayer, geborene Rosenberg, im Alter von nur 35 Jahren Sie wird auf dem jüdischen Friedhof in Sulzburg beigesetzt. Mayers zweite Ehefrau heißt Marie Meta Bloch. Sie ist am 27. Februar 1886 in Nonnenweiler geboren.

Rigorose Vertreibung

Beim Pogrom 1938 wird das Geschäft in der Hauptstraße geschändet. Herbert Mayer wird für mehr als sechs Wochen im Konzentrationslager Dachau interniert.

Der Bürgermeister schreibt am 9. Dezember 1938 an das Bezirksamt bezüglich „Überleitung jüdischer Geschäfte in arischen Besitz“: „Dagegen haben wir nichts einzuwenden, wenn das Geschäft des Maier Mayer in der Adolf-Hitler-Straße in Schopfheim eingeht.“ Am 4. Januar 1940 stirbt Maier Mayer mit 81 Jahren in Schopfheim.

Chancenlos

Am 22. Oktober 1940 werden Marie Meta Meyer und ihr Stiefsohn nach Gurs deportiert. Noch im Februar 1941 versucht der Basler Rechtsanwalt Ludwig Haas Leumundszeugnisse und Geburtsurkunden von der Stadtverwaltung zur Auswanderung nach Übersees zu erhalten. Die Antwort: Eine „besondere Unterstützung evakuierter Juden“ sei nicht „angebracht“. Die Verwaltung verweist auf die deutsche Vertretung in Paris.

Im selben Jahr wird vom Landrat Ernst Klemm aus Lörrach das Haus an einen Verwaltungsdirektor in Wiechs „verkauft“. Im Markgräfler Tagblatt wird am 30. Januar 1941 die Versteigerung des Eigentums von Maier Mayer angekündigt. Ein Wohnzimmer, zwei Schlafzimmer, Möbel, Kleidung und Hausrat werden an den Meistbietenden verscherbelt.

Am 4. September 1942 stirbt Marie Meta Mayer, Herbert Mayer wenige Tag später am 17. September in Auschwitz.

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