Schopfheim „Verstörende Szenen der Gewalt“

Werner Müller

Gemeinderat: Vier Fraktionen rufen gemeinsam zu einem „friedlichen Miteinander“ auf

Aufruf zu einem „demokratischen Miteinander“: In einer gemeinsamen Erklärung appellieren die vier großen Fraktionen des Gemeinderats an die Bürger, „für Demokratie, Rechtsstaat, unser Grundgesetz und für die Solidarität für die Opfer und Leidtragenden der Pandemie einzustehen“.

Von Werner Müller

Schopfheim . Mit der von Martina Hinrichs und Hildegard Pfeifer-Zäh verlesenen Erklärung reagieren Grüne, Freie Wähler, CDU und SPD auf die Geschehnisse, die sich eine Woche zuvor aus Anlass der Kundgebung „Wir sind Demokratie!“ und den von den so genannten „Spaziergängern“ ausgehenden Provokationen abgespielt hatten (wir berichteten).

Von einem „ambivalenten Abend“ sprach in der Sitzung am Montag in der Stadthalle Martina Hinrichs. Auf der einen Seite sei die Resonanz auf die vom SPD-Landtagsabgeordneten Jonas Hoffmann imitierte Kundgebung sei „überwältigend gewesen“, trug die SPD-Stadträtin vor. Die Veranstaltung sei unter Einhaltung der Auflagen „friedlich und geordnet“ und, dank dem Einsatz der Polizei, in einem „geschützten Rahmen“ verlaufen. Die Teilnehmer hätten sich auch von den „lautstarken Störungen am Rande“ nicht provozieren lassen.

Die andere Seite indes sei von Szenen der „Aggressivität und grassierender Gewalt“ geprägt. Gruppen von Spaziergängern und Querdenkern hätten sich Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Diese Ausschreitungen hätten „zutiefst verstört“, so Hinrichs.

Den Polizisten, die in vorderster Front Beschimpfungen und Beleidigungen und auch „körperlichen Angriffen“ ausgesetzt waren, gebühre höchster Respekt und ausdrücklicher Dank. „Sie verteidigen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ganz unmittelbar zu unser aller Schutz“, betonte Hinrichs.

Unter diesen Eindrücken riefen die Gemeinderatsfraktionen „nachdrücklich zu einem demokratischen Miteinander auf“, fuhr Hildegard Pfeifer-Zäh fort. „Wir grenzen uns klar ab von Gewalt und all jenen, die den Staat schwächen wollen, Verschwörungsmythen verbreiten, unsere Demokratie als Diktatur hinstellen oder sich selbst gar auf eine Stufe mit verfolgten Juden in der NS-Zeit stellen“, so die Stadträtin der Freien Wähler.

Die Pandemie beeinträchtige in der Tat den Alltag von allen. Familien, Kinder und Jugendliche sowie ältere Menschen seien von den Einschränkungen besonders betroffen. Das gelte aber auch für Kulturschaffende, Gastronomie und Einzelhandel, für Kliniken und Pflegepersonal. Es gebe unterschiedliche Meinungen, ob die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung „verhältnismäßig, rechtskonform und gerecht“ seien. Darüber zu diskutieren, lasse die Demokratie in diesem Lande zu.

„Mit all jenen, die zu einem faktenbasierten, sachlichen und offenen Austausch bereit sind, wollen wir auch künftig den Dialog fördern – mit den Regeln, die ein Rechtsstaat vorgibt“, so Pfeifer-Zäh. „Die Fraktionen rufen die Bürger zu Achtsamkeit und einem friedlichen Miteinander auf, zu Dialog und Austausch“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung abschließend.

Bürgermeister Dirk Harscher lobte die „sehr eindrucksvollen Worte“ und ergänzte, die Kundgebung am vergangenen Montag habe ein „richtiges Zeichen“ gesetzt und bei ihm zum Teil sogar „Gänsehaut“ ausgelöst.

Die große Mehrheit der Menschen in diesem Land stehe hinter den Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Und sie habe mit ihrem Handeln verhindert, dass Corona „noch viel mehr Opfer“ gefordert habe.

Jeder könne seine Meinung kund tun, doch auch dafür gebe es Regeln, so Harscher. Versammlungen seien von einer verantwortlichen Kontaktperson anzumelden.

„Dann kann auch ein Spaziergang stattfinden“, betonte der Bürgermeister. Aber das Ausweichen in solche „Nischen“ dürfe man nicht dulden.

Ernes Barnet (Grüne) erklärte, er trage die gemeinsame Erklärung mit, dennoch müsse man „differenzieren zwischen Krawallmachern und Verschwörungstheoretiker auf der einen Seite sowie jenen, die sich beispielsweise ernsthaft Sorgen machen wegen der Impfpflicht“. Er sprach sich deshalb dafür aus, den „Dialog mit den Spaziergängern“ zu suchen.

Seine Fraktionskollegin Gisela Schleith brachte als Beispiel eine Online-Plattform ins Spiel, auf der sich Bürgermeister und Stadträte mit Spaziergängern austauschen können.

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