Schopfheim Vielfältige Kunst zum veränderten Frauenbild

Jürgen Scharf
Kurator Gerit Koglin steht vor einem Interieur und einer Serie von Landschaftsquadraten seiner ehemaligen Lehrerin Uliane Borchert. Foto: /Jürgen Scharf

Einen Querschnitt durch das vielseitige Werk der Berliner Malerin Uliane Borchert zeigt der Kunstverein in der Kulturfabrik.

Halb Venus von Botticelli, halb Frauenakt von Picasso: Die Collagen der Berlinerin Uliane Borchert sind hybride Kunstwesen. Ihre Einzelschau im Kunstverein Schopfheim versammelt sehr bunte figurative Arbeiten, viele Frauengesichter und expressive Köpfe.

Virtueller Rundgang

Die Künstlerin hat eine interessante Handschrift, das weiß Gerit Koglin vom Kunstverein am besten. Hat er doch bei der inzwischen 80-jährigen Künstlerin in ihrem Berliner Atelier vor und während seines Studiums gut anderthalb Jahre sogenannte Mappenvorbereitungskurse belegt. „Sie war eine unheimlich gute Lehrerin“, sagt Koglin. Wegen Erkrankung konnte sie nicht nach Schopfheim kommen und bei der Vernissage nur via Facetime die Besucher auf einen virtuellen Rundgang durch die Schau mitnehmen, was aber sehr gut ankam. Immerhin konnte Borchert auf diesem Wege „live“ dabei sein und das Publikum sich von ihr die ausgestellten Arbeiten erklären lassen.

Koglin hat die Werke in Berlin ausgewählt, viele selbst mitgebracht und die Ausstellung überaus ansprechend in der Kulturfabrik aufgebaut. Dafür könnte er einen Gestalterpreis bekommen, so überzeugend präsentiert Koglin die Bilder seiner ehemaligen Lehrerin und die verschiedenen Genres.

Am auffallendsten sind die von der Decke hängenden farbigen Papierschnitte aus einer Interieur-Serie mit Stühlen, die Koglin im Raum verteilt hat. Die Ausstellung ist überhaupt sehr fröhlich geworden. Nicht nur, dass hier alles so schön bunt ist, auch der Stilmix macht es reizvoll.

In den starkfarbigen Motiven von Borchert kann man wirklich lernen, wie Farbe funktioniert und Farben voneinander abgegrenzt werden müssen. Aber auch die schwarz-weißen Papierschnitte von Frauengesichtern sind spannend mit ihrem Mut zur Kontur. Ähnlich die ziemlich einzigartigen Collagen aus geschnittenem und gerissenem Papier mit eingearbeitetem Buntpapier und Drucken als Hintergrund. Raffiniert ist Borcherts Auseinandersetzung mit den Alten Meistern. „Laurenza“ und „Lucia“ sind Zitate aus der Kunstgeschichte. Die Renaissancegestalten werden mit modernen Elementen zusammengebracht – beeindruckend.

Die Bilder sind zwar als Skizzen gedacht und es gibt sie auch im gemalten Großformat, aber sie wirken ebenso gut im Kleinen, wenn sie in ihrer Verfremdung beim Betrachter zuerst durchaus Irritationen auslösen.

Der Blick auf die Frau

Es ist die Beschäftigung der Künstlerin mit sich selbst, der Frau an sich, der Frau in der Kunst und dem sich verändernden Frauenbild. Das Thema scheint Borchert in ihren vielen Frauenbildern ganz wichtig. Eine kleine Serie von Digitaldrucken („Frauenzimmer“), von denen große Leinwandbilder existieren, fällt ins Auge. Hier findet sich einmal nicht der eindimensionale männliche Blick auf die Frau und – besonders in den Interieur – der Blick auf sie selbst und ihre Umgebung. Man braucht nicht viel Kenntnis in der neueren Kunstgeschichte, um bei diesen „Frauenzimmern“ an Elvira Bach mit ihren poppigen Frauengestalten zu denken. Wie man in dem ausgelegten Katalogbuch sieht, tritt Borchert gerne mit Turban und exotisch auf, und das erinnert ebenso an die „Neue Wilde“ Bach.

Die ältesten Arbeiten, die Koglin beigebracht hat, sind Körperfragmente und -ausschnitte von 1970, die jüngsten Zeichnungen auf Papier stammen von 2020. Die Werkschau ist also zeitlich weit gefasst und umspannt einen sehenswerten Querschnitt aus 50 Schaffensjahren.

Abstrakte Quadrate

Ein weiterer Blickfang in der Schau sind die 17 an der Stirnwand schwebenden Quadrate, dichte kleine Landschaften, die in die Abstraktion gehen. Andere Landschaften zeigen Borcherts Vorliebe für Italien, speziell die Toskana. Es lohnt sich, das vielseitige Werk der Künstlerin kennenzulernen. Der Kunstverein plant noch eine größere Veranstaltung während der Ausstellungsdauer.

Die Ausstellung in der Kulturfabrik dauert noch bis zum 30. Juni und ist mittwochs, samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

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