Schopfheim Vom Appetithäppchen zum Meisterwerk

Jürgen Scharf
Nach dem Matineekonzert setzte sich Ludovic van Hellemont fürs Foto noch einmal ans Tafelklavier und Thomas Hunziker griff zur Klarinette. Foto: Jürgen Scharf

Ein Alternativprogramm zur Fasnacht war das Konzert „Musik im Museum“

Bevor die Narren am Sonntag durch die Stadt zogen, setzte sich der belgische Pianist Ludovic van Hellemont im altehrwürdigen Roggenbachzimmer an das historische Tafelklavier. Seit 2016 gibt der auf historische Aufführungspraxis mit authentischen Instrumenten spezialisierte Tastenkünstler solche Matineen im städtischen Museum, normalerweise drei im Jahr. Inzwischen waren es schon 20 Konzerte, zu denen van Hellemont meist Gastmusiker mitbringt.

Spezielles Konzert

Dieses Mal war es der Schweizer Klarinettist Thomas Hunziker aus Aarau. Und es zeigte sich, dass die Reihe ihre Liebhaber und Stammzuhörer hat, denn selbst am Fasnachtssonntag zog dieses spezielle Konzert zahlreiche Besucher an. Hunziker spielte auf dem Nachbau einer historischen Klarinette um 1800 eines bekannten Instrumentenbauers jener Zeit, passend zu dem 1799 in Basel gebauten Tafelklavier, das einen Tonumfang von fünf Oktaven hat.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren solche Tafelklaviere sehr populär, kamen dann aber aus der Mode. Damit es nicht im Museum „verstaubt“, sondern immer mal wieder zum Klingen und die Tastatur zum Laufen gebracht wird und die Hammermechanik geschmeidig bleibt, hat man in Schopfheim den Fachmann van Hellemont gewonnen.

Die beiden Künstler begannen mit einer Sonate für Klarinette und Klavier von Johann Adolf Hasse, einem spätbarocken Komponisten, dessen Stück durch viele Verzierungen auffällt. Bei Hasse ist Individualität in der Musik, die in einer der bewegtesten Perioden der Musikgeschichte entstand. Schon hier konnte Hunziker, der neben einer regen Kammermusiktätigkeit auch in verschiedenen Ensembles und Orchestern spielt, den vollen, warmen Ton des Instruments mit seinem schönen Holzklang präsentieren.

Mit einem Appetithäppchen, dem ersten Satz (Allegro vivace) aus der Sonate in Es-Dur des böhmisch-wienerischen Komponisten Johann Baptist Vanhal, der zu Lebzeiten viel Erfolg hatte, gelang eine Wiederbelebung dieses etwas in Vergessenheit geratenen Klassikers.

Da die beiden Musiker ihre Aufmerksamkeit auch auf den aus Straßburg stammenden Mozart-Zeitgenossen Jacques Widerkehr lenkten, lernte man noch einen weiteren selten zu hörenden Komponisten kennen. Dessen Duosonate in d-Moll war eine besondere Delikatesse mit feinen, schönen Bläserfarben, wobei es Hunziker dank seiner dynamischen Spielweise gelang, die Sätze sehr variabel zu beleuchten.

Seinen großen Auftritt als Klaviersolist hatte Ludovic van Hellemont in einem unbestrittenen Meisterwerk von Joseph Haydn, der Es-Dur-Klaviersonate Nr. 49. Hier stellte sich dann gar nicht mehr die Frage, was dagegen hilft, dass Haydn als Klavierkomponist noch immer unterschätzt wird. Nämlich eine solche verständnisvolle und souveräne Interpretation wie die von Hellemont, die den Erfindungsreichtum, die Überfülle an Einfällen, die Experimentierlust, aber auch die innere Heiterkeit und Klarheit sowie den Ernst und das große Gefühl exemplarisch zur Wirkung bringt.

Rest an Rokkoko spürbar

Wegen ihrer Frische und Jugendlichkeit wird diese Haydn-Sonate auch gern von jungen Spielern geschätzt. Der 37-jährige Alte-Musik-Spezialist, der an der Schola Cantorum Basiliensis studiert hat, blickte hinter die Fassaden der Nettigkeiten und zauberte einen letzten Rest an Rokoko-Geist aus dem Menuett. So war das Konzert mit anschließendem Apéro eine weitere Liebeserklärung an das Tafelklavier, bei dem in absehbarer Zeit eine Revision ansteht.

Das nächste Matineekonzert im Museum findet am 14. Mai statt. Zuvor gibt es am 20. April mit Andreas Kruse ein Gesprächskonzert „rund um das Tafelklavier“ als Auftakt zu einer vierteiligen Reihe.

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