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Schopfheim Von Tonschälchen und Tierschädeln

Jürgen Scharf
Bei seiner jüngsten Kuratorenführung erklärte Museumsleiter Dominik Baiker die Sonderausstellung „Muss das weg?“ Foto: Jürgen Scharf

Wie viel Zukunft hat das städtische Museum? Diese Frage stellt Leiter Dominik Baiker in der Sonderausstellung „Soll das weg?“

Es sind alte, stark verschmutzte Tonschälchen, die man auf dem Speicher des 1827 gebauten Rathauses aufgefunden hat. Braucht man die im Museum? Soll das weg? Szenenwechsel: Was ist mit den kitschigen Öldrucken, den lieblichen Szenen mit Engeln und Kindern, wie man sie heute im Baumarkt kaufen kann? Ist das museal oder nicht? Nimmt man so etwas in eine Museumssammlung auf?

20 000 Sammlungsobjekte

Nur zwei Beispiele von vielen der Sonderausstellung mit Objekten aus dem Schopfheimer Depot. 20 000 Stücke aus den Bereichen Kunst, Kunsthandwerk, Alltagskultur und Naturgeschichte umfasst die Museumssammlung. Nicht jedes Objekt erscheint wertvoll, hat auch nicht immer Seltenheitswert, und doch kann es für die Sammlung eine historische oder kulturelle Bedeutung haben.

Ein schönes Kleid aus französischem Schneideratelier mag vor 180 Jahren die Frau des Bürgermeisters gern getragen haben – doch im Museum ausgestellt, hat das Kleidungsstück eine andere Bedeutung, ist es ein Zeugnis für den Modestil des Biedermeiers. Das französische Empirekleid dokumentiert die „Napoleonische Mode in Europa“.

Das sagt Museumsleiter Dominik Baiker, der am Sonntag einen Rundgang durch die Ausstellung „Sammeln in unsicheren Zeiten“ angeboten hat. Ein paar Leute ließen sich das nicht entgehen und wurden von Baiker sehr kenntnisreich durch die Ausstellung geführt, die einen Querschnitt durch die Sammlung präsentiert. „Die Schau ist keine Wunderkammer. Es sind nicht die besten Stücke“, so Baiker, „dann sähe es um das Museum schlecht aus.“

Grundsätzliche Fragen

Baiker stellt die Frage: „Wie viel Zukunft hat das Museum?“ Und: „Was sammeln wir überhaupt?“ Nun: Das Kerzenlicht der einfachen Leute, die Talglichtschale, eine Minimalbeleuchtung von damals, die bei Dunkelheit noch etwas Arbeit ermöglichte, gehört fraglos in eine solche Sammlung wie die Schopfheimer, die eine der ältesten im Markgräflerland ist.

Heute steht die grundsätzliche Frage nach der Erhaltung einer solchen Sammlung im Raum. Denn es fallen Reparaturen an. Wer genau hinschaut, sieht die Risse im schönen Baumwollkleid und in dem Biedermeier-Rouleau mit Thuner Stadtansicht und Alpen- und Seelandschaft. Diese Objekte sollen nicht weg, sondern im Herbst in die Restaurierung gegeben werden. Andere Textilstücke haben durch Kleidermotten gelitten und das Museum ist dabei, ein Schädlingsmonitoring durchzuführen.

Bekannte Familiennamen

Die Sammlung ist nicht die eines klassischen Heimatmuseums, die hat vor allem Trachten. Die Exponate sind Reste der ehemaligen Industriellenherrlichkeit und hier gibt es in Schopfheim einige bekannte Familiennamen wie Kym-Krafft, aus deren Nachlass die Sammlung reichhaltig bestückt ist. Von dieser Familie sieht man besonders auffällige Stücke. Sie muss bewusst Kunst gesammelt haben.

Zum ersten Mal tritt das Museum 1913 mit einer Sammlungspräsentation in Erscheinung. Wie groß sie damals war, weiß man heute aber nicht. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich viel angesammelt, seit einige Honoratioren der Stadt durch den Museumsverein die Sammlung befördert haben.

Inzwischen sind in diesem temporären Schaudepot die Objektbeschriftungen angebracht, die ausführlichen erklärenden Wandtexte kommen nächste Woche hinzu. Dann muss Museumsleiter Baiker nicht mehr so viele Anekdoten über die Museumsstücke erzählen.

Echte Hingucker

Ein Hingucker sind die bei Sammlern beliebten Gegenstände wie die Suchard- Objekte oder die Kaffeedosen („Martinson Coffee“), die das Kapitel Werbung und Konsum abdecken. Über die pittoresken, romantischen und höchst präzisen Ansichten von Schopfheim und dem Röttler Schloss von Johann Martin Morat, der als „Himmelsmaler von Baden“ gilt, muss man schon gar nicht diskutieren. Die gehören zum eisernen Bestand ebenso wie die Veduten eines Ludwig Bleuler: beliebte Mappenwerke von anno dazumal.

Tierschädel im Mauerwerk

Und der Schafschädel, der muss auch nicht weg. Denn er steht in einem historischen Kontext zum einstigen städtischen „Siechenhaus“. Zwar ist das Schopfheimer Museum kein Naturkundemuseum, aber die Geschichte des im Mauerwerk entdeckten Tierschädels – ein sogenanntes „Bauopfer“, Relikt des damaligen Volksglaubens, der sich bis in die frühe Neuzeit erhalten hat – läuft doch durch die Jahrhunderte bis zum heutigen Krankenhaus.

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