Schopfheim Von „Wildwuchs“ keine Spur

Werner Müller

BUT: Ausschuss revidiert ablehnenden Beschluss über Wohnbauprojekt in der Kürnberger Straße

Schopfheim - Kleinlauter Rückzieher: Noch im Oktober hatte der BUT-Ausschuss ein großes Wohnbauvorhaben in der Kürnberger Straße vollmundig als „Wildwuchs“ gebrandmarkt, es mehrheitlich abgelehnt und über das Gebiet sogar eine Veränderungssperre verhängt – jetzt stimmte das Gremium den Plänen zu, einstimmig sogar.

Diese Kehrtwende kam indes nicht von ungefähr und auch nicht aus der Mitte des Gremiums. Vielmehr hatte das Landratsamt seine Finger im Spiel.

Denn die Baurechtsbehörde prüfte den ablehnenden Beschluss des BUT – und wischte ihn vom Tisch. Während der Ausschuss der Auffassung gewesen war, dass das Vorhaben vor allem wegen der Höhe und der Geschosszahl der geplanten Gebäude „in erheblichem Umfang“ dem Bebauungsplan „Hegne“ widerspreche, kam die Baurechtsbehörde zum gegenteiligen Ergebnis.

Dem Bauvorhaben stünden keine „öffentlichen Belange entgegen“, schrieb sie den Schopfheimern ins Stammbuch. Im Gestaltungsplan für das „Hegne“ sei die Zahl der Vollgeschoss zwar den neu zu bebauenden Grundstücke klar zugeordnet, nicht aber denjenigen, um die es im jetzigen Antrag gehe.

Für diese Grundstücke gebe es „keine qualifizierten Festsetzungen“. Für das Bauvorhaben sei somit das Einfügen nach der baulichen Nutzung „in der näheren Umgebung“ zugrunde zu legen (Paragraf 34 BauGB).

Die zwei geplanten dreigeschossigen Gebäude mit jeweils elf Wohneinheiten sind nach Angaben des Landratsamtes lediglich zwischen vier und 44 Zentimeter höher als die bestehenden Mehrfamilienhäuser in der Nachbarschaft.

Bei der geplanten Wohnbebauung mit drei Vollgeschossen und Attikageschoss handele es sich insofern um eine „konsequente Weiterführung“ der vorhandenen Bebauung. Dieses Ergebnis käme nach Auffassung der Baurechtsbehörde auch dann heraus, wenn man den vorhandenen Bebauungsplan „Hegne“ unter der Maßgabe des flächensparenden Bauens sowie der Nachverdichtung innerstädtischer Bereiche ändern wolle.

In Anbetracht dessen bat das Landratsamt, „spätestens“ in der nächsten Sitzung erneut über den Bauantrag zu entscheiden und im Falle eines wiederum „negativen“ Ergebnisses ebendieses „zu begründen“.

Das zeigte Wirkung im Gremium. Als „fast schon beschämend“ wertete Heidi Malnati, dass die Stadt solche Bauvorhaben ohne das Landratsamt anscheinend nicht richtig beurteilen könne. „Das hat uns geschadet“, erklärte die CDU-Stadträtin, aus deren Fraktion in der besagten Oktobersitzung allerdings die größten Vorbehalte gegen das Wohnbauprojekt eines hiesigen Bauträgers laut geworden waren (wir berichteten).

Die Haltung des Landratsamts sei in den ersten Vorgesprächen „nicht so eindeutig“ gewesen, erläuterte Jochen Sutter von der Bauverwaltung. Erst nach einer „eingehenden Prüfung“ des ablehnenden BUT-Beschlusses sei die Behörde zur aktuellen Auffassung gelangt, dass der Bebauungsplan für die betroffenen Grundstücke „keine qualifizierten Festsetzungen“ treffe und somit keine Befreiungen hinsichtlich der Höhen und der Geschosszahl nötig gewesen seien.

„Das ist natürlich blöd“, räumte Ernes Barnet ein und bedauerte, dass das nicht schon in der damaligen BUT-Sitzung klar gewesen sei. Mit dieser Info hätte das Gremium sicher „anders entschieden“, meinte der Fraktionssprecher der Grünen. Wegen „ein paar Zentimeter“ mehr oder weniger in der Höhe bedürfe es jedenfalls keiner Diskussion. Er habe insofern „kein Problem“ mit dem Bauantrag.

„Es ist nicht ganz gut gelaufen“, stellte der Bürgermeister fest und bedauerte, dass die „Erstauskunft“ des Landratsamts wohl nicht so genau gewesen sei. Wie auch immer: Die drei Grundstücke direkt beim Bahnhof in Fahrnau seien „eine Perle“, der ideale Ort für sparsamen Umgang mit Grund und Boden, so Dirk Harscher. Nachverdichtung mit höheren Gebäuden sei das Gebot der Stunde, besonders in einer solchen Top-Lage mit unmittelbarem Anschluss zur S-Bahn. Harscher: Diese Ehrenrunde hätten wir uns sparen können“.

Das Bauvorhaben könne man „ohne Probleme“ genehmigen, fand auch Andreas Gsell. In den Augen des sachkundigen Bürgers hatte der Ausschuss bei seiner Ablehnung „viel zu viel draufgepackt“. Tatsächlich seien die zwei geplanten Gebäude nicht wirklich höher als jene in der Nachbarschaft.

„Der BUT hatte es schon seinerzeit in der Hand“, äußerte Kai Horschig (Freie Wähler) ebenfalls Unverständnis über die vorangegangene Ablehnung und warnte das Gremium davor, mit dem Instrument der Veränderungssperre so „um sich zu werfen“.

Zumal es nichts bringt. Denn nach Auskunft von Bauamtsleiterin Karin Heining kann der BUT-Ausschuss selber gar keine Veränderungssperre verhängen. Das ist allein Sache des Gemeinderats.

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