Schopfheim „Wir sitzen alle im gleichen Boot“

Christoph Schennen

Landtagswahl: Interview mit Samira Bömisch, Kandidatin der Klimaliste BW, aus Eichen

Schopfheim - Im ersten Anlauf ist ihr der Sprung in den Landtag zwar nicht gelungen. Die Schopfheimerin Samira Böhmisch, Direktkandidatin der Klimaliste Baden-Württemberg, ist aber keineswegs deprimiert, wenn man mit ihr über den Ausgang der Landtagswahl spricht.

Und das liegt nicht nur daran, dass sie in ihrem Heimatort Eichen mit knapp elf Prozent der Stimmen ein respektables Ergebnis erzielt hat.

Frage: Die Klimaliste ist nicht in den Landtag eingezogen. Sind Sie enttäuscht oder haben Sie damit gerechnet?

Am Anfang waren wir optimistisch, dass wir die fünf Prozent schaffen. Wir haben dann aber gemerkt, dass es als kleine Partei sehr schwer ist, sich neben den großen zu repräsentieren. Das Augenmerk der Medien liegt mehr auf den großen Parteien. Sie waren zudem mit Plakaten und Werbung ständig präsent. Ich selbst hatte in meinem Wahlkreis aus finanziellen Gründen nur 30 Plakate zur Verfügung.

Die Direktkandidaten der großen Parteien wurden in der Zeitung auf einer ganzen Seite porträtiert. Wir hatten hingegen keine solch mediale Präsenz. Viele wussten gar nicht, dass es uns gibt. Erfreulich ist aber, dass wir unser Ziel erreicht haben, für die Klimaziele zu sensibilisieren. Dies habe ich besonders in meinem persönlichen Umfeld gemerkt, da so ein Antritt auf Landtagsebene eine ganz neue Aufmerksamkeit für das Thema schafft.

Frage: Wie ist die Stimmung bei den Klimaliste-Anhängern nach der verlorenen Wahl?

Sie ist unterschiedlich. Es gibt Leute, die austreten. Wir haben aber auch neue Mitgliederanfragen. Der Vorstand will sich neu strukturieren und die Wahl reflektieren. Intern gibt es auch Diskussionen, wie es weitergeht. Wir wollen uns auf jeden Fall weiter für Klimagerechtigkeit in der Politik stark machen.

Frage: Die Klimaliste hat ihr Programm erst einer Woche vor der Wahl verabschiedet. War das zu kurzfristig, um den Wähler zu überzeugen?

Der kurzfristige Verabschiedung des Wahlprogramms hat sich ergeben, weil wir technische Schwierigkeiten beim Parteitag hatten. Der Programmentwurf stand allerdings schon vorher fest. Ich weiß aber auch, dass sich viele Bürger gar kein Wahlprogramm durchlesen. Viele ermitteln vielmehr mit dem Wahl-O-Mat welche Partei die eigenen Überzeugungen vertritt.

Frage: Kann eine Graswurzelbewegung wie die Klimaliste Erfolg haben, wenn sie nicht von der massenwirksamen „Fridays for Future“-Bewegung (FFF) unterstützt wird?

Die FFF-Bewegung will nur klar machen, dass sie überparteilich bleibt und sich von uns abgrenzt. Genauso gibt es in der Klimaliste Menschen, die bei FFF aktiv sind oder sich dort stark machen. Je mehr Stimmen für Klimagerechtigkeit laut werden, desto besser. Beiden Umweltbewegungen geht es um die Klimagerechtigkeit.

Kritiker monieren hingegen, dass die Grünen länger im Parlament sind und dass man sie erst stärken sollte, ehe man eine neue Bewegung gründet. Festgesetzte Parteistrukturen zu durchbrechen bedarf allerdings einer Menge Zeit, die wir nicht haben, um unsere Klimaziele noch zu erreichen.

Wir sehen uns als Alternative für konsequenten Klimaschutz. Wir würden uns auch freuen, wenn wir die Grünen mit Anregungen und vorgeschlagenen Maßnahmen unterstützen könnten. Wir sitzen ja alle im gleichen Boot.

Frage: Sie haben sich vor kurzem mit dem Grünen-Landtagsabgeordneten Josha Frey getroffen. Wie kam es dazu?

Nachdem ich bei der Klimaliste eingestiegen bin, habe ich richtig Lust auf Politik bekommen. Dies ist ein Weg, bei wichtigen Entscheidungen mitreden zu können. Frey hat bei der Landtagswahl an die 36 Prozent bekommen, und ich habe ihm zu seinem Wahlergebnis gratuliert.

Ich habe ihm meine Anregungen zu den anstehenden Verhandlungen geschrieben, um wirksamen Klimaschutz in den Landtag zu bringen. Daraufhin hat er mich zu einem coronakonformen Spaziergang eingeladen. Wir haben uns über unsere Wege in die Politik, den Wahlausgang und neue Möglichkeiten in der Klimaschutzpolitik ausgetauscht.

Frage: Gibt es Auflösungstendenzen bei der Klimaliste oder lassen Sie sich von diesem Wahldämpfer nicht beeindrucken?

Wir werden weiter für den Klimaschutz kämpfen und denken nicht an eine Auflösung. Möglichkeiten gibt es auch auf kommunaler Ebene. In Marburg sind wir mit vier Personen in die Stadtverordnetenversammlung eingezogen. Wir sehen es als Erfolg, dass durch uns im Landtagswahlkampf der Fokus neben Corona verstärkt auch auf Klimaschutz gelegt geworden ist.

Frage: Wie ist die Klimaliste organisiert?

Wir treffen uns regelmäßig dienstags im Plenum. Außerdem haben wir einen Podcast namens „Klimakiste“, den man auf Spotify hören kann. Ich bin auch in einer Folge dabei. Dabei spreche ich über Ernährung, die Möglichkeiten der Landwirtschaft und Klimagerechtigkeit.

Frage: Noch eine Frage zu ihrer Person. Sie studieren Nachhaltige Agrar- und Ernährungswirtschaft in Nürtingen.Wo arbeitet man dann, wenn man den Master-Abschluss gemacht hat?

Zum Beispiel im Umweltmanagement (dazu gehören unter anderem Wassermanagement, Ressourcenmanagement,grüne Technologien) oder in der Agrarförderung. Im Studium beschäftige ich mich unter anderem mit internationaler Agrarpolitik, der Ernährungslage in der Welt und dem Tierwohl.

Agrar- und Ernährungswirtschaftler arbeiten nicht nur in Verwaltungen als Klimaschutzmanager, sondern auch in der freien Wirtschaft. Viele Unternehmen gestalten ihre Produktionsabläufe nachhaltiger, auch um zukunftsfähig zu sein. Dabei sparen sie zum Beispiel Wasser und Plastik ein, was nicht nur der Umwelt zugute kommt, sondern langfristig gesehen auch dem Geldbeutel.

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