Von den Kompositionsprinzipien ist es so: Meine Kantorei ist ein engagierter Laienchor, der muss das Ganze ja singen können. Und ich selber bin auch kein Typ, der regelmäßig bei den Tagen für Neue Musik in Donaueschingen ist. Ich habe mir die Aufgabe gestellt, ein Werk zu schreiben, was einerseits für einen ambitionierten Laienchor gut singbar und gut darstellbar ist, was aber doch genügend melodische und harmonische Prinzipien hat, die es in einen heutigen Kontext stellen. Sie werden tonale Anklänge hören, aber die ganz klassische Dur-Moll-Tonalität, die man mehr aus der Klassik und Romantik kennt, die werden Sie im Werk nicht so ohne Weiteres finden. Die Tonalität ist bewusst ein bisschen in der Schwebe gehalten. Da, wo es meiner Meinung nach Wohlklang braucht, ist die Musik auch in Wohlklang gebettet, und da wo es zur Sache gehen kann, sprich im dritten Satz („Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht“), da wird auch harmonisch ein bisschen schärfer gesprochen.
Ich gehe anders vor. Ich nehme mir nicht die Orientierung an irgendeinem Vorbild vor, sondern ich versuche, das in Musik zu setzen, was ein Text in mir als Klang produziert. Bei der Harmonik und der Melodiebildung kann man im Großen und Ganzen sagen, dass ich relativ viel stilistische Anleihen beim Impressionismus nehme. Aber ich würde auch nicht behaupten, dass im Werk waschechte impressionistische Zitate sind. Es ist mehr ein Anklang.
Sie haben es erfasst! Genau, das ist diese Sache im Lied „Vom Himmel hoch, da komm ich her“, wo im Prinzip die Weihnachtsgeschichte erzählt wird und der Engel das Ganze darstellt, also die „gute Mär, von der ich singen und sagen will“. Und in diesem Fall ist die gute Mär, von der ich in meinem Werk singen und sagen möchte, eben die, dass Gott sich den Menschen nähert, in dem er dem Menschen auch zutraut, sein eigenes Gewissen anzuwenden.