Schopfheim „Zartbitter mit ein paar harten Nüssen“

Werner Müller

Interview: Christof Nitz über seine 16 Bürgermeister-Jahre in der Markgrafenstadt.

Schopfheim - In 14 Tagen endet die 16-Jährige Amtszeit von Christof Nitz. Wie er seine Zeit als Bürgermeister in der Markgrafenstadt sieht, auf was er stolz ist, an was er sich hier nie gewöhnen konnte und was er beruflich in Zukunft vorhat, verriet er in einem Interview mit unserem Redakteur Werner Müller.

Herr Nitz, Ihre Amtszeit in Schopfheim dauert nur noch wenige Tage – wie leicht – oder wie schwer – fällt Ihnen der Abschied nach 16 Jahren?
Ich verabschiede mich mit einem weinenden, aber natürlich auch mit einem lachenden Auge. Ich hatte ja lange genug Zeit, mich darauf vorzubereiten. Insoweit ist es etwas Geplantes und etwas Logisches, dass ich im neuen Jahr nicht mehr hier sein werde.

Bei Ihrer Neuverpflichtung vor acht Jahren sagten Sie: „Ich werde mein Bestes geben“. Wie gut ist Ihnen das gelungen?
Ich habe versucht, dieses Versprechen umzusetzen. Ich glaube, es ist mir auch ganz gut gelungen. Vieles kann man mit Stolz betrachten. Es gibt allerdings ein paar Dinge, die hätte ich mir anders vorgestellt. Aber politische Entscheidungen muss man akzeptieren. Das gilt natürlich auch für mich. Aber insgesamt waren das schon gute Jahre.

Wenn Sie die Uhr nochmal 16 Jahre zurückdrehen könnten: Was würden Sie anders oder besser machen? Auf was würden Sie verzichten wollen?
Verzichten würde ich jedenfalls auf die Anfangszeiten, die ich hier erlebt habe. Die waren nicht immer leicht. Verzichten wollen würde ich auch gerne auf die Art, wie man damals miteinander umgegangen ist. Das war schließlich ja auch der Grund, weshalb ich mich damals als OB-Kandidat in Rastatt beworben habe. Verzichten wollen würde ich gerne auch auf die persönlichen Angriffe, die ich miterleben musste – mündlich oder schriftlich, in Leserbriefen zum Beispiel. Was ich anders machen würde: Ich würde mir wahrscheinlich überlegen, ob ich als Bürgermeister von Schopfheim überhaupt in eine Partei eintrete. Die Mitgliedschaft in der CDU hat mir hier sicherlich nicht nur geholfen. Man steckt halt sofort in einer Schublade, egal welcher Partei man angehört. Dabei habe ich immer klar zu machen versucht, dass es unerheblich ist, ob ich in der CDU bin oder nicht. Trotz allem trägt man immer diese Etikette. Das schadet mehr, als es nützt, zumindest in dieser Stadt. Anders machen: Ich habe immer versucht, Themen langfristig zu sehen. Ich erinnere beispielsweise an das gemeinsame Freizeitbad, ans zentrale Rathaus oder an die gemeinsame Sportfläche. Aber im Nachgang muss ich sagen, es wäre vielleicht gescheiter gewesen, die Dinge scheibchenweise zu präsentieren. Schade, dass es nicht so gelungen ist in manchen Bereichen. Beim Schulcampus freilich hat’s geklappt.

Auf welche Leistungen und Vorhaben sind Sie besonders stolz?
Als erstes fällt mir da die Schullandschaft ein. Darauf haben wir 16 Jahre lang großes Augenmerk gelegt. Was wir da an Geldern investiert haben, war enorm. Das war ein richtiger Kraftakt. Wir haben uns auch sehr gut entwickelt in Sachen Wohnbau- und Gewerbeflächen – im Rahmen des Möglichen. Wir haben uns auch kulturell und sportlich ganz anders positioniert. Schopfheim hat sich da echt einen Namen gemacht – das ist nicht nur verknüpft mit dem Sommersound. Dass das Uehlin-Areal ganz zum Schluss doch noch auf den Weg gekommen ist, stimmt mich sehr froh. Man wird die erste Fußgängerzone in Schopfheim sicher mit meiner Amtszeit in Verbindung bringen. Viel wert ist mir vor allem, dass ich von den Mitarbeitern eine sehr hohe Wertschätzung und hohe Loyalität erfahren durfte. Das ist keine Selbstverständlichkeit und das bedeutet mir auch sehr viel. Dass die Stadt zum Ende meiner Dienstzeit 20 Millionen auf dem Konto hat, ist ebenfalls besonders bemerkenswert.

Nicht alle Ihre Wünsche und Vorstellungen gingen in Erfüllung – welche Misserfolge und Niederlagen bedauern Sie am meisten?
Zum einen, dass es damals mit dem neuen Schwimmbad nicht geklappt hat. Das hätte uns die jetzt notwendige Sanierung erspart, und wir hätten für gleich viel oder sogar weniger Geld ein Hallen- und Freibad bekommen mit anderen Kommunen zusammen. Andere machen uns so etwas vor. Dass sich die Pläne für ein gemeinsames Sportzentrum zerschlagen haben, war in meinen Augen strategisch keine gute Entscheidung – für die Vereine nicht und für die Stadt schon zweimal nicht. Was ich auch sehr schade fand, dass der Gemeinderat 2007 die komplett fertige Planung für eine neue Stadthalle trotz hoher Landeszuschüsse komplett in der Versenkung verschwinden ließ. Das wäre die Gelegenheit gewesen, die Stadthalle auf Vordermann zu bringen.

Mit welchen Schopfheimer Besonderheiten konnten oder wollten Sie sich bis zum Schluss nicht anfreunden?
Dass die Parteipolitik am Ratstisch immer noch das Wichtigste ist. In einer Stadt dieser Größenordnung sollte das Wohl der Stadt und ihrer Bürger im Vordergrund stehen. Es wird mir nie einleuchten, dass Parteipolitik so einen großen Stellenwert hat. Es hat sich mittlerweile zwar verbessert, keine Frage, aber ich finde es trotzdem schade. Überhaupt nicht zurecht finden kann ich mich auch damit, dass wir bei der Windkraft dreieinhalb Jahre lang alles Menschenmögliche getan haben, um die Bürger mitzunehmen – und was passiert? Bei der Einweihung werden Umweltminister und Regierungspräsidentin mit zwei erhobenen Mittelfingern empfangen. Das ist für mich absolut inakzeptabel. Mit einem solchen Niveau komme ich nicht klar.

Wie würden Sie zusammenfassend Ihre 16-jährige Amtszeit und die Entwicklung der Stadt in dieser Zeit beschreiben?
Die Amtszeit: zartbitter mit einigen harten Nüssen. Es gab wirklich schöne Momente, aber auch ein paar weniger schöne. Die Stadt insgesamt hat sich sich gut weiter entwickelt, in manchen Bereichen sogar sehr gut.

Eine Frage muss natürlich sein: Was machen Sie jetzt?
Ich unterrichte einmal in der Woche an der Verwaltungsfachhochschule in Kehl. Ich habe ein Consulting-Büro gegründet und schon zwei Beraterverträge abgeschlossen. Ich will außerdem mit einem befreundeten Architekten eine GmbH für Immobilien (Projektentwicklung) gründen.

Wie man hört, haben Sie Ihre hiesige Wohnung bereits verkauft. Heißt das, dass Sie am 31. Dezember alle Brücken hinter sich abbrechen und Schopfheim den Rücken kehren?
Sicher nicht. Dazu habe ich hier inzwischen viel zu viele echte Freunde gewonnen. Ich werde auch mit meiner Consulting-Firma in der Gegend tätig sein. Ich mache also sicher keinen Bogen um Schopfheim, ganz und gar nicht. Ich gehe ja nicht im Groll. Und außerdem ist Schopfheim eine schöne und liebenswerte Stadt.

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