Staatsanwaltschaft ermittelt Griff in die Kasse der AWO Grenzach-Wyhlen – Verdacht auf Millionenbetrug

Tim Nagengast
Aus der Kasse des AWO-Ortsvereins Grenzach-Wyhlen sollen rund 25 000 Euro unterschlagen worden sein. Foto: Tim Nagengast

Die Ortsgruppe Grenzach-Wyhlen soll um eine große Summe Geld gebracht worden sein. Dieses habe der Kassierer unterschlagen, wie Kreisvorsitzende Hannelore Nuß beklagt. Dieser Fall steht offenbar in Zusammenhang mit einem Millionenbetrug.

Als der Verdacht auf Veruntreuung von Geldern ruchbar wurde, hat die AWO Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft Lörrach ermittelt seit mehr als einem Jahr. Aber: Der Fall in Grenzach-Wyhlen ist wohl nur ein kleines Puzzlestück, denn es geht möglicherweise um einen Millionenbetrug.

Wie Oberstaatsanwältin Karin Sattler-Bartusch auf Anfrage unserer Zeitung bestätigt, sitzt der Tatverdächtige derzeit in Untersuchungshaft. Der entsprechende Haftbefehl sei bereits im Februar vergangenen Jahres erlassen, dann aber gegen Auflagen zunächst außer Vollzug gesetzt worden. Nachdem jedoch weitere Tatvorwürfe gegen den Mann bekanntgeworden waren, sei der Mann im November in U-Haft genommen worden. Und die Vorwürfe wiegen schwer.

Ermittlungen gegen vier Tatverdächtige

Denn nach Angaben von Sattler-Bartusch führt die Staatsanwaltschaft Freiburg – Zweigstelle Lörrach – bereits seit Februar 2023 ein Ermittlungsverfahren gegen vier Personen „wegen des Verdachts von Betrugstaten zum Nachteil mehrerer, überwiegend in der Schweiz wohnhafter Geschädigter“. Die Behörde spricht dabei von einer möglichen Schadenssumme von mehreren Millionen Euro.

Darlehensgebern baldige Erbschaften vorgegaukelt

Den Tatverdächtigen, von denen zwei im Zuständigkeitsbereich der hiesigen Staatsanwaltschaft leben, wird seitens der Behörde vorgeworfen, ihren Opfern erzählt zu haben, dass zwei von ihnen bald eine Erbschaft zufallen würde. Mit dieser erfundenen Geschichte sei es den beiden Verdächtigen gelungen, von den Geschädigten – eine Zahl nennt die Staatsanwaltschaft nicht – wiederholt Darlehen zu erhalten.

Gegen einen der vier Tatverdächtigen stehe obendrein der Verdacht der Untreue „zum Nachteil eines im hiesigen Zuständigkeitsbereich tätigen Ortsvereins eines deutschen Wohlfahrtsverbands“ im Raum, wie die Lörracher Oberstaatsanwältin sagt.

Dass damit die AWO Grenzach-Wyhlen gemeint ist, will Sattler-Bartusch aber ausdrücklich nicht bestätigen. Im übrigen weist sie darauf hin, dass bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung für alle Tatverdächtigen die Unschuldsvermutung gelte.

Rechtshilfeersuchen an die Schweiz

Sattler-Bartusch zufolge haben sich zwei der Tatverdächtigen bereits zu den Tatvorwürfen geäußert. Die Ermittlungen gegen alle vier Personen, die aufgrund der Bezüge ins Ausland auch im Wege der Rechtshilfe erfolgen, dauerten derzeit an.

Wie unsere Zeitung aus AWO-Kreisen erfahren hat, sind die Unstimmigkeiten in der Kasse des Grenzach-Wyhlener Ortsvereins bereits im Herbst bemerkt worden. Und zwar im Vorfeld der geplanten Jahreshauptversammlung.

An dieser habe der seit dem Jahr 2022 amtierende Kassierer des Ortsvereins aber nicht teilgenommen. Er habe dem Vorstand vorab mitgeteilt, dass er sehr krank sei, kurzfristig in eine Rehaklinik müsse und er daher auch den Prüfungstermin für die Vereinskasse nicht wahrnehmen könne, sagt AWO-Kreisvorsitzende Hannelore Nuß.

Kassierer soll gesagt haben, dass er in Reha müsse

Sie ist, gelinde gesagt, außer sich vor Wut: „Wir sind entsetzt, erschüttert, wahnsinnig enttäuscht und wütend über den kriminellen Umgang des vertrauensvoll wirkenden Kassierers. Es ist besonders schäbig, Vereinsgelder, welche mühsam durch ehrenamtliche Tätigkeiten, durch großherzige Spenden, durch soziale Veranstaltungen eingenommen wurden, zu veruntreuen. Es ist ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen Menschen, die hinter dieser Arbeit stecken, und für uns als Wohlfahrtsverband.“

Weil zur Generalversammlung des AWO-Ortsvereins Grenzach-Wyhlen bereits offiziell eingeladen worden war, fand diese im November wie geplant statt. Allerdings ohne Entlastung des Vorstands.

Wie Nuß weiter berichtet, wollte der AWO-Ortsvorstand dann Anfang Dezember nach der ausstehenden Kassenprüfung fragen. Der Kassierer sei aber nicht mehr zu erreichen gewesen. Als kurz darauf das Gerücht aufkam, dass der Mann im Gefängnis sitze, seien das Vereinskonto sofort überprüft und dabei Unstimmigkeiten festgestellt worden. Die Konten habe der Verein sofort gesperrt, den AWO-Kreisverband informiert und Anzeige bei der Polizei erstattet.

AWO-Ortsverein ist weiterhin handlungsfähig

Hannelore Nuß zufolge steht inzwischen fest, dass der Zugang zu den Kassenunterlagen samt einer „erheblichen Summe“ des Ortsvereinskontos fehlen. Nach Informationen unserer Zeitung geht es dabei um rund 25 000 Euro. Der Ortsverein verfüge aber noch über Mittel und sei zahlungsfähig, heißt es aus AWO-Kreisen.

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