Stadtgeschichte Vom Sammelsurium zur Sammlung

Anja Bertsch
Eine buntgemischte Fundgrube: Das Depot des städitsche Museums. Foto: zVg/Stadt

Das Museumsdepot beherbergt viele wertvolle Objekte. Ein echter Überblick aber fehlt: Eine einheitliche Systematik beim Sammeln, Aufbewahren und Registrieren oder gar eine digitale Erfassung gibt es bislang nicht. Das soll sich nun ändern.

Neben den Ausstellungen haben auch die Depots vieler Museen ihren ganz eigenen Charme – so auch in der Markgrafenstadt. Im Depot des Stadtmuseums lagern wichtige Objekte, die aber aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Dauerausstellung gezeigt werden.

Überblick fehlt

Einer der Gründe ist der fehlende Überblick und die fehlende Dokumentation darüber, was sich da im Laufe der Zeit überhaupt angesammelt hat auf den 350 Quadratmetern Depotfläche, die sich auf dem Werkhof-Areal über mehrere Etagen hinweg ausdehnen; seit der Jahrtausendwende hat das Depot hier seinen Platz.

Zuvor und seither wurde hier über Jahre und Jahrzehnte hinweg angesammelt und aufbewahrt; für ein Ordnen, eine Inventarisierung und Dokumentation der Bestände nach modernen Maßstäben oder gar mit digitalen Werkzeugen fehlten die Kapazitäten, erläutert Dominik Baiker auf Anfrage unserer Zeitung. Er hat die Leitung des Stadtmuseums vor drei Jahren übernommen – und damit auch ein „ziemlich volles Depot“.

Etwa 20 000 Objekte

Mit großer Vorsicht schätzt Baiker die Zahl der Objekte auf etwa 20 000 – betont allerdings, dass eine verlässliche Angabe im aktuellen Zustand des Depots kaum möglich ist. „Tendenz: Großbürgerliche Sammlung, mit zahlreichen Objekten aus dem Nachlass der hiesigen Unternehmerfamilien des 19. Jahrhundert“, umreißt der Historiker den Fundus. Die industriellen Anfänge im Wiesental etwa würden in der Sammlung „wunderbar reflektiert“. Von einer „klassischen Heimatsammlung“ sei das ganze weit entfernt.

Ein vollständiger Überblick über die hauseigene Sammlung und ein einfaches Auffinden von Objekten in einer Datenbank wären zweifelsohne wünschenswert, sagt der Museumsleiter: „Wissen, wie viel von was da ist – und wo.“ Gemeinsam mit seinem Team hat er sich dieser Aufgabe nun angenommen.

Coaching aus Stuttgart

Unterstützt wird er bei dieser Herkulesaufgabe von der Landesstelle für Museen in Baden-Württemberg: Im Februar 2023 erhielt die Stadt den Zuschlag für die Aufnahme in das Coachingprogramm „Sammlungspflege“. Diese Initiative biete Museen eine umfangreiche Möglichkeit zur Evaluation und Verbesserung ihrer Sammlungsdokumentation, erläutert die Stadt in einer Mitteilung. Dabei handele es sich um ein langfristiges sowie kostenloses Beratungs- und Unterstützungsangebot, bei dem die Experten aus Stuttgart gemeinsam mit den Mitarbeitern vor Ort die Grundlagen einer professionellen Sammlungsverwaltung schaffen.

Zwischen April und Oktober 2023 fand das Coaching vor Ort in Schopfheim und via Videokonferenzen statt. Wichtiger Themenkomplex war beispielsweise die Frage, wie die große Anzahl an nicht registrierten Museumsobjekten digital erfasst und sinnvoll räumlich geordnet werden kann. Parallel erfasste das Team die Klimawerte im Depot und führte ein Schädlings-Monitoring durch.

Konkrete Schritte

Das Ergebnis der bisherigen Arbeit und die nächsten Schritte wurden zwischenzeitlich von Shahab Sangestan, Leiter der Landesstelle für Museen, und seiner Kollegin Dina Sonntag vorgestellt. Die Stadt nennt in ihrer Mitteilung ganz konkrete Schritte: Noch in diesem Jahr gibt es neue Regale für die Aufbewahrung der Objekte. Auch die Anordnung wird neu aufgeteilt, „damit mit einem Hubwagen rangiert werden kann“.

Die Fotosammlung soll aufgrund der Luftfeuchtigkeit zukünftig im Keller und im Dachgeschoss aufbewahrt werden. Bereits abgeschlossen ist die Untersuchung aller Textilobjekte auf Mottenbefall; gegebenenfalls wurden sie „fachmännisch von Motten befreit“, teilt die Stadt mit. Weiterer wichtiger Schritt: Die Digitalisierung soll weiter vorangebracht werden; für die Inventarisierung der Objekte gebe es eine neue kostenlose Software.

„Schreibtischarbeit“ also geht bei dem nun aufgegleisten Prozess Hand in Hand mit ganz handfestem Anpacken, verdeutlicht auch Baiker nochmals: „Kartons auspacken, Staub wischen, Platz machen und Ordnung schaffen. Regale aufstellen und einräumen“.

Das unterschiedslose Aufbewahren möglichst vieler Objekte querbeet ist nicht das Ziel für die Zukunft, macht Baiker deutlich.

Was wollen wir sammeln?

Im Zuge der Neuordnung gehe es viel mehr um die Frage: „Was wollen wir hier wirklich sammeln?“ Ein eindeutiges „Ja“ etwa gibt es für die beachtliche Sammlung an Ölgemälden, die künftig einen prominenteren Platz bekommen sollen. Die Sammlungskategorie „Holzmöbel“ hingegen – ein Schwerpunkt, der ab den 1980er Jahren verfolgt worden sei – werde eher aufgegeben, skizziert Baiker die Marschroute. Man werde sich von dem ein oder anderen Objekt trennen – um so die Sammlung „in ihrem Wert zu verdichten und zu steigern“.

Die benötigte Zeit für die Neuordnung des Depots berechnet Baiker in Jahren – zumal sein Team sehr überschaubar ist und er ja auch noch das städtische Museum selbst mit Ausstellungen bespielen soll und will.

Das Museum als Ort für alle

Denn letztlich sei die Neuordnung der Museumssammlung kein Selbstzweck, sondern diene als Grundlage dafür, die Objekte in Ausstellungen der Öffentlichkeit zu präsentieren. Erklärtes Ziel des Museumsleiters ist es denn auch, das Museum mit neuem Leben zu füllen und es als „öffentliche Einrichtung für alle“ ins Bewusstsein zu rücken – „als Bildungs-, Unterhaltungs- und Veranstaltungsort und als öffentlicher Raum, der Begegnung und Teilnahme ermöglicht und so letztlich auch demokratische Diskurse befördert“, umreißt Baiker seine Vorstellung.

Soll das Weg?

Die aktuelle Ausstellung
 im städtischen Museum gibt unter diesem Titel einen kleinen Einblick in den Depot-Fundus. Zunächst waren die Exponate unkommentiert ausgestellt – die Besucher konnten selbst raten und bewerten. In einer zweiten Phase erhielten die Objekte Beschriftungen, die ihre Bezeichnung, Funktion und ihr Alter verraten. In einer weiteren Etappe werden die „Raumtexte“ hinzugefügt, die den Sammlungszusammenhang und die kulturhistorische Bedeutung der einzelnen Objektgruppen verdeutlichen.

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