Dass ich bei diesen privaten Nachhilfestunden mit meinen Gedanken mehr bei der Technik besagter Schreibmaschinen war, entging auch dem Lehrer nicht. Je weniger für mich die Präpositionen verständlich waren, je mehr Stunden konnte er mir ja geben. Nun. Der Lehrer half mir immerhin, dass es zur Versetzung reichte. Mehr wollte ich nicht. Als es wieder mal Dienstagmittag 15 Uhr war, radelte ich zu besagter Villa, klingelte, aber kein Summen öffnete mir die Gartentür. Ich wollte mich schon wieder erleichtert abwenden, als doch geöffnet wurde. Seine Frau stand vor mir und teilte mir mit, dass ihr Mann in den Abendstunden leider verstorben sei.
Seltsamerweise empfand ich in diesem Moment weder Trauer noch Mitgefühl. Das einzige woran ich dachte war, da kann ich ja mit den eingesparten fünf Euro ins Kino gehen. Ab ging es in Richtung Wallbrunn-Kino, da lief gerade „Zorro und Fuzzi“. Zur 16-Uhr-Vorstellung hat es gerade noch gereicht. Als Vater und Mutter Abendes heim kamen, war ich längst wieder da. Gott sei dank stellten sie keine Fragen, so blieb meine „Nachhilfe“ im Wallbrunn-Kino mein Geheimnis. Was mich aber doch beschäftigte, war die Frage, wie ich der Witwe die alte Schreibmaschine abluchsen kann. Ich konnte mit meinen 14 Jahren ja nicht hingehen und fragen, ob ich die alte Schreibmaschine bekommen könnte.
Das wäre auch zu früh nach dem Tod des Lehrers gewesen. Aber es zog mich immer wieder in die Gegend der Villa. Wie es der Zufall wollte, kam ich gerade an, als Möbel aus dem Haus getragen wurden. Jetzt fasste ich mir doch ein Herz und fragte, ob sie ausziehen würde. „Ja“, war die Antwort. Die Wohnung sei zu groß und zu teuer. „Was haben Sie mit der alten Schreibmaschine gemacht, die immer im Arbeitszimmer Ihres Mannes stand?“, wollte ich wissen. „Mein Mann hat eigentlich nie damit geschrieben, die hatte er noch von seinem Vater, sie stand nur zur Deko da. Wolltest Du sie denn haben?“, lautete die Antwort. „Ja, gerne“, sagte ich. „Da kommst du leider zu spät, Die habe ich gestern zum Altmetall gegeben, war ja sowieso nicht mehr zu gebrauchen“, sagte die Witwe.