Steinen „Die AWO braucht es mehr denn je“

Harald Pflüger

Interview: Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt Steinen hofft im Jubiläumsjahr auf neue Mitglieder.

Steinen - Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) gehört zu den sechs Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege in Deutschland. Aufgrund ihrer Geschichte ist sie ein Wohlfahrtsverband mit besonderer Prägung.

Bei der Weihnachtsfeier der Arbeiterwohlfahrt in Steinen sprach Rudolf Steck das Nachwuchsproblem an. Unser Redakteur Harald Pflüger hat sich mit dem Vorsitzenden des Ortsverbands unterhalten.

Braucht es die Arbeiterwohlfahrt heutzutage noch?

Mehr denn je. Die statistischen Zahlen zeigen es. Die Armuts- und damit die sozialen Fragen sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Betroffenen brauchen Fürsprecher, und die AWO stellt sich dieser Aufgabe.

Bei der Weihnachtsfeier der Arbeiterwohlfahrt sagten Sie, dass verstärkt um junge Mitglieder geworben werden soll. Wie ernst ist die Lage?

Bitter ernst. Es fehlt nicht nur an Mitgliedern, die das Gefüge des Ortsvereins stärken. Es braucht auch Helferinnen und Helfer, die selbstlos und ehrenamtlich sich den Aufgaben widmen und die Arbeit der AWO mit Leben erfüllen und zukunftsfähig machen.

Was kann die Arbeiterwohlfahrt ihren Mitgliedern bieten?

Die Arbeit in der AWO ist ein Ehrenamt. Die ehrenamtliche Tätigkeit soll Menschen zu Gute kommen, die alleine sind, Unterstützung brauchen, gemeinsame Aktionen mitgestalten wollen und sich im Haus der AWO in Steinen zum Gedankenaustausch, zu Versammlungen und zu Gesprächen begegnen wollen. Wer sich den Ideen dieses Ehrenamtes verpflichtet fühlt, der wird durch die Arbeit am und mit dem Nächsten große Freude erfahren.

Die Arbeiterwohlfahrt gilt ja als SPD-nah. Ist das für manche ein Hindernis?

Die AWO ist sicherlich von der sozialdemokratischen Bewegung beeinflusst worden. Doch aus den Wurzeln ist ein eigenständiges Gewächs geworden, das die Blüte mehr ihrer Arbeit, denn einer politischen Ausrichtung verdankt.

Welche Schwerpunkte setzt die Arbeiterwohlfahrt in Steinen?

Der AWO-Ortsverein Steinen mit seinen zirka 60 Mitgliedern und etwa zwölf ehrenamtlich Tätigen kann natürlich nicht das gesamte Spektrum der AWO-Arbeiten abdecken. Wir kümmern uns sowohl um ältere, als auch um jüngere Menschen und leisten finanzielle Unterstützung auf vielen Ebenen.

Die Begegnungsstätte hier in der Lörracher Straße ist Kernpunkt der Aktivitäten. Hier finden Hol- und Bring-börsen statt, hier wird Skat gespielt, und hier treffen sich die Mitglieder und Freunde zu verschiedenen Veranstaltungen, Versammlungen und Feierlichkeiten.

Die Begegnungsstätte dient aber auch anderen Vereinen und Institutionen als Treffpunkt, an denen sie Aktivitäten verschiedenster Art durchführen können.

Die AWO Steinen veranstaltet Fahrten und Ausflüge und vermittelt auch Erholungsmöglichkeiten in speziellen Kureinrichtungen.

Die AWO Steinen will sich aber auch verstärkt der Jugend annehmen. So ist eine Partnerschaft zur Nachmittagsbetreuung in der Köchlinstraße am Entstehen.

An wen richten sich die Angebote?

An Kinder und ältere Menschen, an sozial Schwache und Bedürftige, an Vereine und Institutionen in der Gemeinde, an Schach- und Skatspieler, an Interessensgruppen und Reiselustige.

Wie entwickelt sich das jüngste Projekt, die Hol-und Bringbörse?

Laut Monika Milite, die die Börse seit November 2013 hauptverantwortlich betreibt, verzeichnet die Hol- und Bringbörse seit 2017 steigende Besucherzahlen. Durchschnittlich kommen pro Börsentag 40 bis 60 Kinder, 30 Frauen beziehungsweise Mütter, fünf bis acht Männer beziehungsweise Väter, 15 bis 20 Flüchtlinge und fünf bis zehn Senioren.

Zu den Börsen kommen auch Vertreter von diversen Hilfsorganisationen, die Kleidung, Bettwäsche und so weiter abholen, zum Beispiel für Obdachlose, Menschen in Rumänien, Ungarn, Polen, und Flüchtlinge.

Große Gegenstände werden in der Börse nicht angenommen, allerdings vermittelt. Wenn ein bestimmter Artikel benötigt wird, zum Beispiel ein Bett, Geschirr und so weiter, wird ein Gesuch ins vorhandene Netzwerk gestellt. Die Hol- und Bringbörse greift gerne auf die kirchliche Nachbarschaftshilfe Steinen (Pfarrer Kai Thierbach) zurück. Besucher der AWO-Hol-und Bringbörse kommen aus den Bereichen Steinen, Lörrach, Rheinfelden und Grenzach-Whylen. Die fünf im Jahre 2018 stattgefundenen Börsen konnten nur durch vier engagierte, ehrenamtliche Helfer und natürlich durch die vielen Spender in diesem Umfange betrieben werden.

Die Arbeiterwohlfahrt ist ja in der glücklichen Lage, in der Lörracher Straße über eine Begegnungsstätte zu verfügen. Wie ist es um deren Zukunft bestellt?

Die Begegnungsstätte ist Kernpunkt der AWO Steinen. Hier finden die Veranstaltungen statt, und sie ist Ausgangspunkt der AWO-Arbeit. Der finanzielle Aufwand durch den Betrieb der Begegnungsstätte ist enorm und durch Mitgliederbeiträge nicht zu decken. Seit Jahren zehrt der AWO-Ortsverein von seinen Rücklagen. Wenn man sich eine zukunftsfähige Innerortsentwicklung vor Augen führt, könnte die Begegnungsstätte durchaus in den Fokus baulicher Planungen kommen. Deshalb ist die AWO bereits mit der Gemeinde Steinen in Entwicklungsgespräche eingetreten.

Was wünschen Sie sich für die AWO im kommenden Jahr?

Irmgard Tscherter wünscht sich neue Mitglieder und eine Verstärkung des Helferteams. Sigrid Seelig wünscht sich mehr Beteiligung an Aktionen des AWO-Ortsvereins und mehr Anerkennung der Arbeit der vielen ehrenamtlichen Helfern. Günter Senn wünscht sich eine Vergrößerung unseres Teams in Vorstand und Helferkreis und eine größere Resonanz auf die Angebote des AWO-Ortsvereins. Waltraud Spauszus wünscht sich eine zukunftssichere Bleibe für die AWO. Mehr Leute zu finden, die sich für die Arbeit interessieren und die vielleicht den Vorstand mit Engagement unterstützen.

Monika Milite wünscht sich eine partnerschaftliche Kooperation zu anderen Vereinen/Gruppen in der Gemeinde Steinen, eine Verstärkung im Vorstand und neue Mitglieder, die auch Aufgaben, beziehungsweise Teilaufgaben übernehmen können, so dass keiner überlastet wird oder überfordert ist. Die Gesamtaufgabe kann so schneller bewerkstelligt werden. Und ich wünsche mir eine intensivere Koordination unter den sozialen Organisationen und Einrichtungen und Bündelung der vielfältigen Angebote

  • Weitere Informationen: Am 13. Dezember 1919 gründete Marie Juchacz, die zu den ersten Frauen in der Nationalversammlung gehörte, die AWO als Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt in der SPD.

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