Steinen Nicht den Kopf in den Sand stecken

Markgräfler Tagblatt
Sabine Glaser und Benjamin Blum führten den CDU-Ortsverband durch das erfolgreiche Wahljahr 2018. Foto: Hans-Jürgen Hege Foto: Markgräfler Tagblatt

CDU Steinen: Kreisrat Wolfgang Deschler mahnt zur Vorsicht / Haushaltslage wird kritisch gesehen

Wahlen standen bei der Jahreshauptversammlung nicht auf der Tagesordnung des CDU-Ortsverbandes. Da blieb den Parteimitgliedern im Kreis und in der Gemeinde viel Zeit, um auf die Probleme einzugehen, die Steinens Bürger seit Jahren schon umtreiben.

Von Hans-Jürgen Hege

Steinen. Zu diesen zählen der Straßenverkehr, die Auswirkungen des Klinik-Projekts des Landkreises, die Steinen schon bald stark frequentieren, von Lörrach aber – so Marc Sutterer – kleingeredet oder bagatellisiert werden, der unhalt- und untragbare Bahnübergang beim Bahnhof, die Verlegung der L138, die B 317 zwischen Hauingen und Maulburg, die Taktung der Regio-S-Bahn, die gestiegene Kreisumlage und der Haushalt der Gemeinde, der unter all dem zuvor Genannten mittel- bis langfristig schwer zu leiden haben wird, weil Steinen, wie das Marc Sutterer formulierte, nicht in der komfortablen Lage wie der Landkreis sei, die anstehenden Kosten auf die umliegenden Gemeinden verteilen zu können.

CDU-Kreisrat Wolfgang Deschler hatte das zuvor mit niederschmetternden Zahlen deutlich gemacht: „Gestern wurde vom Kreistag beschlossen, die Kreisumlage von 30,9 auf 32,1 Punkte zu erhöhen.“ Steinen müsse also damit rechnen, dass sich die Umlage im kommenden Jahr von 4  294  999 Euro um 343  252 Euro auf 4  638  251 Euro im Jahr 2020 erhöhe. Und das ist wohl ein sehr dicker Brocken für eine Gemeinde, die am Hungertuch nagt. Daran dürfte auch die Tatsache nichts ändern, dass sich die Steuerkraftsumme von 14 Millionen im Jahr 2019 auf 14,4 Millionen Euro im Jahr 2020 erhöhen wird.

Braun: „Lörracher wollen uns gar nicht“

„Steinen muss vor allem im Zusammenhang mit dem Bau des Klinikums aufpassen, dass es nicht unter die Räder kommt“, mahnte Deschler zur Vorsicht. Wie viele andere Gäste und Mitglieder der CDU im „Vesuvio“ hatte er wohl irgendwie die Befürchtung, dass die „arme Gemeinde“ Steinen Gefahr läuft, von Lörrach eingemeindet zu werden.

Daran hatte nicht nur Alt-Kreisrat Karl Frieder Hug „schwer zu knabbern“. Und ob bei dieser „Knabberei“ Bürgermeister Gunther Braun eine Hilfe war, der behauptete, „die Lörracher wollen uns gar nicht“, stand zumindest an diesem sehr emotionalen und spannenden Abend in den Sternen. Auch Wolfgang Deschlers Einwand, der Kreis verwende die Umlagen auch für Aufgaben wie etwa die im Jugendbereich, die sonst die Kommunen zu erledigen hätten, waren für die Versammlungsteilnehmer nicht der erhoffte Trost.

Schließlich tischte Deschler Zahlen auf, die nicht dazu geeignet waren, die aufkochenden Mütchen zu kühlen: die Zahl der Beschäftigten im Landratsamt ist auf über 1 200 gestiegen. Dadurch notwendige Investitionen in ein neues Verwaltungsgebäude schlagen nicht – wie ursprünglich kalkuliert - mit 23 Millionen Euro, sondern nach aktueller Kostenschätzung mit 31,8 Millionen Euro zu Buche.

Unter diesem Aspekt wirkten die Argumente von Marc Sutterer und Gunther Braun noch schwerer, die beide betont hatten, dass sich der Verwaltungsapparat im Landratsamt immer weiter aufblähe, dass unterschiedliche Ressorts immer wieder miteinander im Clinch lägen und dass die Arbeit der Kommunen im Landkreis zunehmend durch mitunter nur schwer zu verstehende Auflagen oder Vorgaben erschwert werde.

Im Ort selbst hat die CDU mal wieder Arbeit geleistet. „Alle zogen an einem Strang, die Fraktion vertrat im Gemeinderat eine bürgernahe und finanziell realistische Politik“, ließ der beruflich verhinderte Vorsitzende Benjamin Blum die Versammlungsteilnehmer wissen. Ausdrücklich lobte Blum die Bürger, die sich bereit erklärt hatten, für die CDU zu kandidieren.

CDU Steinen hat nur 31 Mitglieder

„Ohne die funktioniert eine Demokratie nicht“, zitierte Blums Stellvertreterin Sabine Glaser die Passage des Jahresberichts, an deren Ende von einer „gelungenen Gemeinschaftsleistung“ die Rede war und in der Benjamin Blum die zahlreichen Projekte, Diskussionsrunden und geselligen Veranstaltungen auflistete, die von der Partei initiiert beziehungsweise organisiert worden sind.

Aber er hielt auch mit einem Wermutstropfen nicht hinter dem Berg: „Der aktuelle Mitgliederstand liegt bei 31. Es gilt, stärker als bisher Mitglieder zu gewinnen. Der Ortsverband muss ein verlässlicher und bürgernaher Verein sein und bleiben.“ Diese Aussage unterstützte schließlich auch der Kreisverbandsvorsitzende Jürgen Rausch, der dazu aufrief, die Ideenlieferanten gemäß dem Image einer Volkspartei an der Basis zu suchen.

„Wir müssen hemdsärmelig durchs Land ziehen und daran arbeiten“, sagte Rausch, der betonte, dass er sich dabei gerne im Hintergrund halten wolle getreu dem Motto: „Ich möchte nicht laut bellen, sondern die Partei im strukturellen Bereich nach vorne bringen.“ Dann sei es möglich, die gute Arbeit fortzusetzen, die bei den zurückliegenden Wahlen dafür sorgte, „dass uns die eine oder andere Ohrfeige, die andere eingefangen haben, erspart geblieben ist.“

Den Schlusspunkt setzte Karl Frieder Hug mit seiner „persönlichen“ Meinung: „Wir können schwätzen, soviel wir wollen. Steinen hat kein Geld, darf aber trotzdem nicht den Kopf in den Sand stecken.“

Die CDU dürfe die Interessen der Bürger nicht aus den Augen verlieren, sondern müsse mit anderen auf einer Ebene reden und diskutieren. Kritik sei erforderlich und richtig, Streit dagegen könne niemand gebrauchen, meinte er und forderte seine Parteifreunde dazu auf, allen zu „sagen, dass es uns schlecht geht“, aber auch darauf hinzuweisen, dass Steinen das Wasser nicht wegen hausgemachter Probleme bis zum Hals steht, sondern wegen der Strukturen in einer Flächengemeinde mit ihren Teilorten.

Und damit rannte er wohl nicht zuletzt bei Bürgermeister Gunther Braun offene Türen ein, der in seinem Bericht zur Lage Steinens nicht verhehlte, dass er sich bei den Wahlergebnissen noch ein wenig mehr die Farbe „schwarz“ gewünscht hätte, weil die CDU sich stets als verlässlicher und kompetenter Partner am Ratstisch erwiesen habe.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading