Steinen Rehkitz-Rettung per Drohne

Gudrun Gehr

Moderne Technik kommt vor dem Mähen zum Einsatz

Steinen-Schlächtenhaus -  Er ist sich des Widerspruches bewusst: Einerseits investiert Jagdpächter Thomas Müller aus Schlächtenhaus viel Zeit in die Rettung von Rehkitzen, andererseits erlegt er bei seiner Jagdausübung auch Rehe. Im Gespräch mit unserer Zeitung unterscheidet er klar: „Es gibt engagierte Jäger und es gibt Jagdscheininhaber.“

Leidenschaftlich betreibt der 46-Jährige die zeitintensive Hegearbeiten. Die eigentliche Jagd umfasst den kleineren Teil seiner Tätigkeit. Tierschutzrechtliche Verantwortung wird bei Thomas Müller groß geschrieben. Er ist im Hauptberuf kaufmännischer Angestellter, verheiratet und hat zwei kleine Söhne, die möglicherweise in die jagdlichen Fußstapfen des Vaters treten werden. Seine Jagdleidenschaft erbte er von seinem Vater Manfred Müller. Vater und Sohn Müller betreiben die Jagd gemeinsam mit Dietmar Friedlin im 640 Hektar umfassenden Schlächtenhauser Jagdbezirk.

Zur Hege gehört für Müller nicht nur der Schutz frischer Setzlinge vor Wildverbiss, die Wildfütterung oder die Vorbeugung und oft mühsame Behebung von Schäden, die von Wildschweinen verursacht wurden. Wenn im Mai und Juni die Rehkitze geboren werden, werden diese durch die Rehgeiß häufig im ungemähten Feld abgelegt. Der einzige Schutz der Tierkinder besteht darin, sich vor Feinden möglichst tief niederzuducken und hierdurch „unsichtbar“ zu werden. Gegen die todbringenden Mähmesser hat das Kitz keine Chance. Müller weiß von den schrecklichen Verletzungen, welche ein nicht rechtzeitig entdecktes Tier beim Mähen erleiden kann.

Nach zwei bis drei Lebenswochen verliert sich dieser Instinkt. Dennoch verlassen sich die Kitze auf ihre gute Tarnung und springen erst auf, wenn die Gefahr auf wenige Meter naht. Zu spät, um sich vor einer schnell herankommenden Landmaschine in Sicherheit zu bringen. In diesem Jahr haben viele Landwirte witterungsbedingt das Mähen ihrer Felder verschoben, viele Mähaktivitäten fielen anschließend zeitlich eng zusammen.

Die Jäger im Schlächtenhauser Jagdbezirk werden von den örtlichen Landwirten dank eines guten Austausches rechtzeitig von beabsichtigten Mäharbeiten unterrichtet.

Als ausgezeichnet erwies sich die Zusammenarbeit mit dem Verein „Rehkitzrettung Südbaden e.V.“, deren Piloten mit speziell ausgestatteten Multicoptern (Drohnen) und Wärmebildkameras im Einsatz sind. Ein Nachteil der Arbeit mit Drohnen ist aufgrund der Temperaturempfindlichkeit, dass eine Suche nach Kitzen nur am frühen Morgen möglich ist.

Die lebensrettende Suche wird von einem Jäger begleitet, der den kleinen Kitzkörper beim Auffinden kurzfristig in einem Jutesack steckt und ihn nach Abschluss der Mäharbeiten wieder in Freiheit entlässt. Zuvor erhält das Kitz noch eine Ohrmarkierung. Thomas Müller: „Bei der Rettung trägt man natürlich Handschuhe oder umfasst das Kitz mit Grasbüscheln“.

Aufpassen muss der Jäger, dass das Kitz nicht zu früh aus seiner Verwahrung entlassen wird.  Bei den Jungtieren besteht der Hang, den gefährlichen Ablageplatz nochmals aufzusuchen. Schwierig wird das Einfangen durch den Fluchtinstinkt des Rehkitz` ab der zweiten Lebenswoche. Hier besteht die Gefahr, dass sich das Kitz durch Flucht dem Eingreifen des Jägers entzieht.

Es bestehen noch weitere Möglichkeiten, das Jungtier aus der Gefahrenzone zu entfernen. Thomas Müller hat sich mit seinen Jagdkollegen einige elektronische Kitzretter angeschafft, die jeweils einen Radius von einem Hektar umfassen. Die Geräte werden am Abend in die zu mähende Wiese aufgestellt.

Mit der Dämmerung schalten sich die Geräte ein und geben verschiedene Licht- und Tonsignale von sich. Diese unnatürlichen Signale veranlassen die Ricken, ihre Kitze in der Nacht aus der Fläche zu entfernen. Ein weiteres „Instrument“ zum Entfernen der Rehkitze vor dem Mähen ist das „Verblenden“, das Aufhängen von blauen Säcken. Diese Farbe kann die Ricke gut wahrnehmen und verknüpft damit das Entfernen ihres Kitzes.

Thomas Müller weiß um den Erfolg dieser Bemühungen. Lediglich ein Rehkitz kam in diesem Frühjahr durch den Mäher auf einem Schlächtenhauser Feld zu Tode. „Wer einmal erlebt hat, wie die Rehgeiß stundenlang verzweifelt nach ihrem getöteten Kitz sucht und hierbei laute Pfeiftöne von sich gibt, kümmert sich um das Problem“, sagt Jagdpächter Müller.

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