Stiftungskonzerte in Schopfheim Ungarische Musik und eine Entdeckung

Jürgen Scharf
Mit kraftvollem Duospiel begeisterten der Geiger Tibór Gyenge und die Pianistin Andrea Kauten im Krafft-Areal. Foto: Jürgen Scharf

Die Stiftungskonzerte „Klassik im Krafft-Areal“ leiden unter den Nachwehen der Pandemie. Die Veranstalter registrieren zuletzt 50 Prozent weniger Besucher. Auch beim Abend mit dem Geiger Tibór Gyenge und der Pianistin Andrea Kauten blieben Plätze leer.

Umso bedauerlicher ist der Besucherrückgang, als die Konzerte der Anneliese Benner-Krafft-Stiftung in der Fahrnauer Tonhalle hochkarätig besetzt und die Programme attraktiv sind. Das hörte man beim jüngsten Duoabend mit dem Geiger Tibór Gyenge, einem Mitglied der berühmten Sächsischen Staatskapelle Dresden sowie Mitbegründer und Primarius des Fritz-Busch- Quartetts, und der Pianistin Andrea Kauten, der künstlerischen Leiterin der Reihe.

Ungarische Musik

Auf dem Programm stand schwergewichtiger Brahms, aber auch Musik ungarischer Komponisten. Und da schnellen die Erwartungen hoch, wenn ungarische Musiker Bartók spielen. Beide Interpreten haben ungarische Wurzeln und da durfte man besonders authentische Darstellungen erwarten. Gyenge und Kauten, das passte doch.

Mit Leidenschaft

Eine Entdeckung war Miklós Rózsa. Viel zu selten wird die Kammermusik des bekannten Hollywood-Filmkomponisten aufgeführt. In seinen Nordungarischen Bauernliedern und Tänzen op. 5 würzen leidenschaftliche ungarische Rhythmen jeden Takt seiner Musik. Gyenge wirbt mit sattem Ton, dynamischem Strich und pulsierendem Rhythmusgefühl für seinen Landsmann. Er interpretiert Rózsa mit gespannter Elastizität und kann diese Musik für den Konzertsaal damit bestens einführen.

Temperament und Energie

Die ungarische Provenienz dieser Bauernlieder und Tänze, das folkloristische Element, geht auch Andrea Kauten mit Temperament und Energie an. Solche Musik würde man gerne öfter hören. So gelang diesem Duo ein eindrücklicher Brückenschlag nach Ungarn, der sich nach der Pause in den Rumänischen Volkstänzen von Béla Bartók noch steigern konnte. Packend, wie die beiden Künstler den Stab-, Rund- und Schnelltanz auf Saiten und Tasten bringen, wie stimmungsvoll mit Flageolett der Geiger im Rundtanz agiert, mit welcher „barbarischer“ Rhythmik sie den „Stampfer“ hinlegen. Das war eindrücklich und wurde dem Espressivostil Bartóks mit bohrender Intensität gerecht. Von diesem Duo wünscht man sich, einmal eine der Violinsonaten Bartóks interpretiert zu bekommen.

Wieder mehr in traditionelle klassisch-romantische Bahnen führten ein kultiviert gespielter Mozart und Brahms. Von Brahms erklangen gleich zwei Werke, das beliebte Scherzo aus der F-A-E-Sonate, einem Komponisten-Teamwork, und vor allem die gewichtige und bedeutende letzte Violinsonate in d-Moll op. 108. Sie steht nach der Pause da wie ein Solitär, dargeboten mit wunderbar vollem Violinton, dicht und drängend in den Ecksätzen gespielt, mit kräftigem Bogenstrich und blühendem Geigenton. Das Klavier assistiert dieser geigerischen Vehemenz und Glut mit pianistischer Kraft und Wucht.

Voluminöser Ton

Also ein Spiel in vollendetem Gleichklang, in bester klanglicher Balance und künstlerischer Partnerschaft. Gyenge und Kauten, das hörte man, harmonieren gut zusammen in ihrem voluminösen Ton, ihrem energischen Zugriff und ihrer zupackenden Spielweise.

Eine gute Idee der Veranstalter ist es, beim Publikum an diesem Abend schon mit einem ausliegenden Flyer für das nächste Konzert am 25. November, 19 Uhr, zu werben, bei dem es ein Wiederhören mit dem Fritz-Busch-Quartett gibt, mit Tibór Gyenge als erstem Geiger.

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