Tischtennis Doch eine Nummer zu groß

Die Oberbadische

Tischtennis Playoff-Halbfinale: Der ESV Weil muss sich dem Titelfavoriten TTC Berlin eastside mit 0:8 und 1:7 geschlagen geben

David gegen Goliath: Das Halbfinalduell zwischen dem TTC Berlin eastside und dem ESV Weil am Rhein war ein ungleiches. Auf der einen Seite der fünffache Champions League-Sieger, dreimalige ETTU-Pokalsieger, siebenfache deutsche Pokalsieger und sechsfache Deutsche Meister, auf der anderen Seite die mutigen Aufsteiger aus der Grenzecke, die keine Titel und Trophäen in die Waagschale werfen können, dafür aber jede Menge Herzblut und Leidenschaft.

Von Mirko Bähr

Berlin. Am Ende setzte sich die individuelle Klasse der Tischtenniscracks aus der Hauptstadt durch. Die Weilerinnen hielten zwar phasenweise gut mit, hatten sogar den einen oder anderen Einzelsieg mehr auf dem Schläger, doch schlussendlich war das Kräftemessen eine glasklare Sache: Der Titelfavorit – nach dem knappen 5:3-Erfolg in der Vorrunde durchaus gewarnt – behielt in eigener Halle am Samstag in Spiel eins mit 8:0 und am gestrigen Sonntag im zweiten Duell mit 7:1 die Oberhand.

23 Jahre schlagen die Berlinerinnen nun schon in der höchsten Spielklasse der Republik auf, der ESV seit noch nicht einmal einem. Diese Routine, diese Erfahrung haben immer wieder den Ausschlag gegeben, dass so manche Weilerin am Samstag zwar an einem Einzelsieg schnupperte, nach dem letzten Punkt aber dann doch ihrer Gegnerin gratulieren musste.

So zum Beispiel Ievgeniia Sozoniuk, die in ihrem ersten Auftritt gegen Nina Mittelham furios startete, die ersten beiden Durchgänge nach Hause brachte und auch im dritten Satz alle Trümpfe in der Hand hielt. 9:9 hieß es, als sich beide Spielerinnen nochmals eine Handtuchpause gönnten. Zwei Zähler fehlten der Weilerin, um den Zähler in die Gästeecke zu entführen. Es war aber die Berlinerin, die zwei Punkte in Folge machte, damit Satz drei holte und danach am Drücker blieb. Sie drehte die Partie und sorgte für die 2:0-Führung.

Denn zuvor hatte die deutsche Spitzenspielerin Xiaona Shan der zuletzt mächtig auftrumpfenden Polina Trifonova die Grenzen aufgezeigt. Letztere führte in Satz eins noch mit 9:8, ehe ihre Kontrahentin drei Punkte in Serie machte. Durchgang eins war weg, und weil sich die Gastgeberin immer besser auf das Spiel der Weilerin einstellen konnte und viel über die Mitte agierte, was der großgewachsenen Trifonova gar nicht passte, war die Partie schlussendlich eine klare Angelegenheit.

Einen glänzenden Start erwischte auch Weils Youngster Sophia Klee gegen Britt Eerlang, die in der Bundesliga-Hauptrunde immerhin auf eine Bilanz von 17:1 kam. Mit 11:7 brachte Klee, die den ESV Weil verlassen wird, Satz eins nach Hause. Nach verlorenem zweiten Durchgang sollte dann der dritte die Vorentscheidung bringen. Dieser ging in die Verlängerung. Klee konnte dabei vier Satzbälle nicht nutzen und zog mit 14:16 den Kürzeren. Nun war Eerlang obenauf und hatte leichtes Spiel (11:3).

Eine 2:1-Satzführung brachte schließlich Izabela Lupulesku nicht ins Ziel. Ihre routinierte Gegnerin Ding Yaping hatte sie regelrecht zermürbt. Die Abwehrspielerin nahm der Weilerin schlicht die Freude am Spiel. „Sie agiert sehr unangenehm“, meinte auch Coach Alen Kovac, selbst ein Defensivspezialist, der fast jeden Ball irgendwie zurückbringt. Yaping drehte die Partie und brachte ihre Farben nach Runde eins mit 4:0 in Front.

Diese ausgelassenen Chancen nagten am Selbstbewusstsein der Weilerinnen. Nun ging es ruckzuck. Shan fertigte Sozoniuk klar mit 11:5, 11:6 und 11:2 ab, während Mittelham in vier Sätzen, von denen drei in die Verlängerung gingen, gegen Trifonova siegreich blieb. Auch hier war wohl mehr möglich.

Keinen Stich hatte das hintere Weiler Paarkreuz. Eerland schmetterte Lupulesku aus der Halle. Ding ließ ebenfalls nichts anbrennen und bezwang Klee sehr souverän. Beide Einzel endeten übrigens 11:2, 11:8 und 11:2.

„Berlin war die bessere Mannschaft, keine Frage. Aber das 0:8 ist zu deutlich. Ein 2:6 wäre wohl eher leistungsgerecht gewesen“, resümierte Kovac ohne aber groß enttäuscht zu sein. „Berlin spielte mit der besten Aufstellung. Shans Niveau ist einfach unglaublich. Sie hat extrem gut gespielt.“

Nun werde man ins Hotel fahren, duschen, etwas zu Abend essen und das Match nochmals in aller Ruhe besprechen. „Vielleicht schauen wir uns nochmals das eine oder andere Video an.“

„Berlins Nummer vier hat mehr TTR-Punkte als unsere Nummer eins“: Weils Trainer Kovac wusste natürlich ganz genau, wie schwierig die Aufgabe auch am Sonntag werden würde. Aber abschlachten, nein, dafür habe man die lange Reise in die Hauptstadt nicht angetreten. Und wie auch schon das Berliner Lager im Vorfeld festgestellt hat, zeichnet den ESV ein enormer Kampfgeist aus. So auch gestern Nachmittag in der Sporthalle am Anton-Saefkow-Platz in Berlin-Lichtenberg. Auch die zweite Begegnung fand dort statt. Darauf hatten sich beide Vereine geeinigt. Kosten sparen, Reiseweg sparen, zumal ja aufgrund der nicht zugelassenen Fans ein echter Heimvorteil fehlte. Die Weiler Fans waren trotzdem dabei. Die Spiele wurden im Livestream bei www.sportdeutschland.tv gezeigt.

Apropos zeigen. Gezeigt hat Shan auch gestern, dass sie eine überragende Akteurin ist. Der schnelle Drei-Satz-Erfolg gegen Trifonova war imposant. 11:4, 11:4 und 11:2 – die formstarke Weilerin hatte nicht den Hauch einer Chance.

Diese deutliche Pleite ihrer Teamkollegin wollte Sozoniuk nicht so unkommentiert stehen lassen. Gegen Mittelham zeigte sie ihr Können. Sie ließ sich auch von einem verlorenen Durchgang nicht aus dem Konzept bringen, agierte mutig und zielstrebig. Diesmal machte sie den Sack zu, ballte nach vier Sätzen die Faust und holte den ersten Weiler Zähler in dieser Halbfinal-Serie überhaupt.

Auf verlorenem Posten in ihrem ersten Einzel stand indes Sophia Klee. Eerlang ließ nicht locker und feierte einen klaren 11:6, 11:3 und 11:5-Sieg. Lupulseku fand auch gestern in Yaping ihre Meisterin. Mehr als einen gewonnenen dritten Durchgang konnte sie nicht für sich verbuchen.

Auch in Runde zwei war Shan im ICE-Tempo unterwegs. Sozoniuk hatte beim 5:11, 6:11 und 2:11 nichts entgegenzusetzen. Die Luft raus war auch bei Trifonova. Mittelham nutzte das gnadenlos aus. Die Weilerin kehrte mit einem 11:8 in Satz vier kurz auf die Spur zurück, doch die Berliner ließ sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen.

Nichts zusammen lief bei Klee in ihrem zweiten Einzel gegen Ding. Die erfahrene Abwehrkünstlerin ließ gerade einmal 15 Punkte zu.

Einen großen Kampf lieferte indes Lupulesku im letzten noch laufenden Spiel der gesamten Serie. Ohne Erfolg. Eine 2:1-Satzführung brachte sie nicht ins Trockene. Und das, obwohl sie in Satz vier sogar einen Matchball hatte. Eerland machte aber drei Zähler in Folge und Lupulesku verlor mit 10:12. Im entscheidenden Durchgang lag die Weilerin schnell mit 2:5 im Hintertreffen. Das war die Vorentscheidung.

So blieb es am Ende bei einem Zähler für den ESV an diesem Wochenende, den Sozoniuk verbuchte. Das spiegelte den Kräftevergleich nicht so ganz wieder. Und trotzdem war man im Weiler Lager nicht unzufrieden. „Das waren Spiele auf sehr hohem Niveau“, lobte Kovac. „Das war ein tolles Erlebnis, wir haben gute Spiele gezeigt und alles andere als enttäuscht“, befand auch Doris Spieß, die Abteilungsleiterin des ESV, auf der Rückreise.

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