^ Weil am Rhein: Anmutige Klänge zum Fest - Weil am Rhein - Verlagshaus Jaumann

Weil am Rhein Anmutige Klänge zum Fest

Tonio Paßlick

Konzert: Vokalensemble überzeugt mit ausgezeichneter Technik und hochkarätigem Programm

Vokalmusik der Romantik zum Advent bescherten Silke Marchfeld und das aus ihren Schülerinnen bestehende Vokalensemble gemeinsam mit der Sprecherin Uta Ruscher und dem Pianisten Miguel Pisonero einem tief beeindruckten Publikum in der nahezu voll besetzten katholischen Kirche St. Maria in Haltingen am Samstagabend.

Von Tonio Paßlick

Weil am Rhein. Leitmotivisch eröffnete die Beschwörung des Friedens in „Da pacem“ von Charles Gounod den Abend. Beseelt und mit ruhiger, bewegender Hingabe besangen die Sopranistin Sigrid Fuchs und Silke Marchfeld mit ihrer tragenden Alt-Stimme die friedenswichtigen Voraussetzungen Vergebung und Versöhnung in „Angiol di pace“ aus Vincenzo Bellinis „Beatrice di Tenda“. Erfüllt wurde die Kirche dann klanglich von „Quam ad mirabile“ von Josef Rheinberger, ein zweistimmiger Hymnus als stimmige Überleitung in die weihnachtliche Aura der stillen Bewunderung und Lobpreisung. Ähnlich wie das bekannte „Es ist ein Ros entsprungen“: Michael Prätorius hatte die ursprüngliche Komposition 1609 textlich in den protestantischen Liedkanon eingeführt. Das Vokalensembles ließ die tiefen Altstimmen dominanter zur Geltung kommen und verstärkte dadurch die mystischen Deutungen des Textes. In dynamischen Wellen stand das „Erbarmen“ im Zentrum von Rossinis „Carita“, auch original für Sopranstimme (Evelyn Geth) und dreistimmigem Frauenchor komponiert. Andrea Giger sang Schuberts vieldeutiges „Wiegenlied“ so schlicht und anmutig, dass auch der weihnachtliche Zusammenhang mit der Lilie als Symbol der Jungfräulichkeit und Vergänglichkeit sowie der Rose als Attribut des Madonnenbildes zu erahnen war.

Weihnachtslieder und alpenländische Klänge

Überwiegend Sopranstimmen mit wechselnden Stimmführungen interpretierten dann sechs Lieder aus der Sammlung „26 alter Weihnachtslieder“ von Hermann Schroeder. Der Komponist unterlegte die polyphonen Arrangements mit einer sehr anspruchsvollen perlenden Klavierbegleitung, die Miguel Pisonero mit souveräner Einfühlungsgabe für dynamische Motive meisterte.

Rita Odermatt und Ines Kiefer bezauberten mit ihrer alemannischen Version von „Still, still, still“, die der Schweizer Komponist Paul Schreiber als „Naturjodler“ verfasst hatte. Wer die Augen schloss, fühlte sich in alpenländische Gefilde entführt. Machtvoll raunend wurde „Puer natus in Bethlehem“ von Rheinberger gestaltet.

Die Höhepunkte des Konzerts erreichte das Vokalensemble mit französischen Kompositionen für Frauenchöre. In „Cantique de Jean Racine“ gab Gabriel Fauré dem Pianisten eine solistische Rolle in den Übergängen zwischen den Strophen, während die Chorstimmen in wunderbar ausgestalteten Farben und Nuancierungen romantische Stimmungen ohne jeden Schwulst schufen. Als zweite Zugabe erklang das Werk sogar noch glanzvoller.

Nach Schuberts „23. Psalm“, bei dem sich Alt und Sopran beim Hymnus an die Grundfeste des Glaubens mit zuversichtlicher herzvoller Überzeugung im Echo-Klang abwechselten, schloss das Programm mit Adolphe Adams‘ „Cantique de Noël“- mit strahlenden Fortissimo-Steigerungen und berührendem harmonischem Vielklang.

Das Vokalensemble überzeugte mit einer sehr guten Artikulation und deutlichen Aussprache, so dass auch die Inhalte nicht nur musikalisch nachvollzogen werden konnten.

„Stiller Frieden“ wurde dieses in zwei Monaten erarbeitete Programm überschrieben. So unterschiedlich können diese zwei Wörter empfunden werden, je nach Erlebnishintergrund. Die Sprecherin Uta Ruscher ließ das Publikum an ihrer eigenen Zeitenwende teilhaben: „Weihnachten 1987 erhielt ich ein Visum für sechs Tage Westberlin – und blieb einfach dort. Fest der heimlichen Abschiede. Kein Geld, keine Wohnung, keine Freunde. Ostmacke. Dafür endlich atmen, verbotene Bücher lesen, schreiben…“ ist in ihrer Biografie zu lesen. Zwei Texte der damals 21-Jährigen lassen den Atem stocken. Unsentimental, nüchtern und umso berührender beschreibt sie die Kraft der inneren Überzeugung, mit der sie loslassen konnte, ohne zunächst in der realen westlichen Wirklichkeit anzukommen.

Persönliche Eindrücke geschildert

Unvoreingenommen, aber anteilnehmend und mit überzeugenden stimmlichen Schattierungen rezitierte sie auch aus Briefen in Kriegszeiten und zwei Gedichten von Selma Meerbaum-Eisinger, die mit 18 Jahren in einem KZ in der Ukraine starb. Zeitlose, winterliche Symphonien, die wie brennende Kerzen wärmende Räume gegen die Verzweiflung öffnen können. Wie die „Bitte“ von Hilde Domin, die einst auf die junge Selma aufmerksam gemacht hatte und im Wunsch gipfelte, dass wir „immer versehrter und immer heiler stets zu uns selbst entlassen werden.“ Ein tröstlicher Gedanke gegen alle Ängste dieser Zeit, mit dem Silke Marchfelds Vokalensemble und Uta Ruscher ihr Publikum an diesem Abend erfüllt haben.

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